
Studie der Bundesbank Vermögen in Deutschland weiter ungleich verteilt
In Deutschland besitzen die reichsten zehn Prozent den Großteil des privaten Vermögens. Das zeigt eine aktuelle Studie der Bundesbank, die sich auf das Jahr 2023 bezieht.
Blickt Thomas Nesswetter auf die letzten Jahre zurück, hat sich für den 46-Jährigen Frankfurter trotz Corona-Pandemie wenig geändert. "Es war an der Schule umständlicher, Unterricht zu halten, aber ich hatte keine Gehaltseinbußen", erzählt er. Auch viele Angestellte im Homeoffice dürften damals weiter ein geregeltes Einkommen bezogen haben und hatten damit eigentlich gute Voraussetzungen dafür, etwas zur Seite zu legen.
Trotzdem sind die Vermögen privater Haushalte 2023 im Vergleich zu 2021 deutlich geschrumpft. Zu dem Ergebnis kommt die Bundesbank, die dafür rund 4.000 Menschen bundesweit befragt hat. Es ist die fünfte wissenschaftliche Studie, die sie zu diesem Thema veröffentlicht. Ein Haushalt kam 2023 preisbereinigt auf ein Vermögen von rund 239.000 Euro. Im Vergleich zu 2021 waren das elf Prozent weniger.
Reichere hatten Immobilien und Anteile an Firmen
Den Rückgang begründet Tobias Schmidt, einer der Autoren der Studie, damit, dass die Menschen wieder mehr Geld ausgegeben hätten. "Zu Beginn der Pandemie hatten sie sich angesichts der Unsicherheit noch damit zurückgehalten", so Schmidt. Doch dann seien einfach bestimmte Anschaffungen fällig geworden.
Wie schon in früheren Studien war das Vermögen in Deutschland laut Bundesbank auch 2023 weiter sehr ungleich verteilt. Unter den Befragten hätten die reichsten zehn Prozent annähernd 60 Prozent des privaten Vermögens besessen. "Dabei spielten etwa Immobilien, Betriebsvermögen, Aktien und Fonds eine große Rolle", berichtet Studien-Autor Schmidt. Das seien risikoreichere Anlagen, mit denen sich eine höhere Rendite erzielen ließe.
Ärmere setzten vor allem auf Giro- und Sparkonten
"Bei den Ärmeren dagegen bestand das Guthaben oft hauptsächlich aus dem Geld auf Giro- und Sparkonten", sagt Schmidt. Insofern habe die damals hohe Inflation, die 2023 im Schnitt knapp sechs Prozent betragen hatte, weniger Vermögende stärker getroffen. Allerdings habe es aufs Ersparte zugleich wieder höhere Zinsen gegeben. Blickt man unter den Studienteilnehmern auf die ärmere Hälfte, schmolz deren Vermögen laut Bundesbank sogar um über 20 Prozent.
83 Prozent der Befragten gaben in der Studie an, zumindest hin und wieder zu sparen. Für manche war daran gar nicht zu denken, etwa für die Pflegekraft Agnes Gronowska aus Frankfurt. Die gebürtige Polin erzählt, sie sei in ihrer Familie zu Corona-Zeiten Alleinverdienerin gewesen. "Das Gehalt hat gerade so gelangt, um Rechnungen zu begleichen und bis zum Ende des Monats zu überleben", so die 45-Jährige.
Immer mehr Verbraucher werden aktiv
Positiv bewertet die Bundesbank, dass sich über alle Bevölkerungsschichten hinweg in den letzten Jahren immer mehr Menschen an den Aktienmarkt gewagt hätten. Sie hätten ihr Geld zum Beispiel in Aktien und Fonds investiert.
"Das ist aus meiner Sicht trotz der aktuellen Schwankungen an den Börsen eine ermutigende Nachricht", sagt Fritzi Köhler-Geib, Mitglied im Vorstand der Bundesbank. Denn das zeige, diese Haushalte würden sich aktiv um ihre Finanzen kümmern. Deshalb bestehe langfristig die Chance, dass sie aus ihrem Vermögen mehr machen könnten. Eine Anlageempfehlung sei das aber nicht.
Bei Kursschwankungen braucht es Geduld
Gute Chancen sieht hier ebenfalls Michael Stappel, Analyst bei der DZ Bank: 2024 sei ein gutes Börsenjahr gewesen, davon hätten viele private Haushalte finanziell profitiert. Zwar würden internationale Handelskonflikte an den Aktienmärkten derzeit für starke Schwankungen sorgen. "Allerdings stehen die Kurse im Jahresvergleich immer noch höher als vor einem Jahr", meint Stappel.
Aus Sicht des Analysten müssen Anleger da einfach einen langen Atem haben. Er zeigt sich zuversichtlich, dass sich den Deutschen deshalb auch in den nächsten Jahren Möglichkeiten bieten dürften, um ihr Geld gewinnbringend anzulegen. Deshalb erwartet er, dass die Vermögen privater Haushalte steigen werden.