Autogeschäft laut BGH Wucher Pfando muss Schadensersatz zahlen
Der Bundesgerichtshof hat die Rechte von Verbrauchern in Finanznot gestärkt: Der Autokäufer Pfando habe in mindestens einem Fall sittenwidrig gehandelt. Ist das Geschäftsmodell der umstrittenen Firma noch haltbar?
Bei Pfando verkaufen Kunden, die in Geldnot stecken, ihr Auto, und bekommen dafür einen Geldbetrag, der in der Regel deutlich unter dem Marktpreis des Fahrzeugs liegt. Anschließend mieten die Kunden das Auto zurück und dürfen es weiterfahren.
In einem der verhandelten Fälle, die vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden wurden, hatte Pfando einem Dortmunder Kunden das Auto für weniger als die Hälfte des Fahrzeugwertes abgekauft. Nach nur sechs Monaten waren aufgrund der bezahlten Miete schon fast 60 Prozent des erhaltenen Geldes an Pfando zurücküberwiesen. Das Auto gehörte aber immer noch Pfando.
BGH bestätigt Sittenwidrigkeit
Die Vorinstanz, das Oberlandesgericht Hamm, war zu dem Schluss gekommen, dass ein solches Geschäft nach Paragraf 138 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sittenwidrig sei und es sich um Wucher gehandelt habe. Der BGH hat diese Entscheidung nun höchstrichterlich bestätigt. Die Vorsitzende Richterin des 8. Zivilsenats des BGH, Rhona Fetzer, erläuterte die Gründe:
Aufgrund des besonders groben Missverhältnisses zwischen dem an den Kläger gezahlten Kaufpreis, der 5000 Euro betrug, und dem zum Zeitpunkt des abgeschlossenen Kaufvertrages bestehenden Händlereinkaufswert, der sich auf 13.700 Euro belief, wird nach den höchstrichterlich anerkannten Rechtsprechungsgrundsätzen eine verwerfliche Gesinnung der Beklagten vermutet.
Das Auto des Dortmunder Kunden hatte Pfando am Ende versteigern lassen. Die Rechtsanwältin von Pfando, Brunhilde Ackermann, hatte nach der Verhandlung vorm BGH noch argumentiert, dass das Geschäftsmodell für Kunden von Vorteil sei.
"Die Kunden müssen keine Bonitätsprüfung über sich ergehen lassen", so Ackermann. "Sie sagen, sie brauchen Geld, aber wollen auch ihre Mobilität weitererhalten. Warum soll dieses Geschäftsmodell, das dem Willen beider Parteien entspricht, nicht zulässig sein?"
Kunden bemängeln Falschberatung
Mehrjährige Recherchen des ARD-Magazins Plusminus haben gezeigt, wie Pfandos Geschäftsmodell in der Praxis oft abläuft: Das Unternehmen kauft den Kunden das Auto für maximal die Hälfte des Wertes ab. Mehrere Kunden warfen Pfando vor, dass sie in den Filialen falsch beraten wurden.
Die ARD konnte diesen Vorwurf durch Stichproben bestätigen. Testkunden wurden an entscheidenden Punkten falsch über die Verträge aufgeklärt. Pfando hat diesen Vorwurf immer abgestritten und auf regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter verwiesen.
Viele Kunden ließen sich auch auf den Pfando-Deal ein, weil sie glaubten, das Auto bei Vertragsende zurückkaufen zu können. Ein Recht darauf hatten sie den Verträgen zufolge aber nicht.
Gericht sieht keinen Verstoß gegen Gewerbeordnung
Einige Oberlandesgerichte hatten in den Vorinstanzen entschieden, dass Pfando mit seinem Geschäftsmodell auch gegen die Gewerbeordnung verstoßen habe. Das Unternehmen habe einen unzulässigen Rückkaufhandel betrieben. Dieser Rechtsauffassung folgte der BGH allerdings nicht.
Für Rechtsanwalt Holger Schilling, der in den unteren Instanzen mehr als 100 ehemalige Pfando-Kunden vertritt, ist dieser Teil der höchstrichterlichen Entscheidung aber nicht entscheidend. Wichtig sei, dass der BGH einen Vertrag des Geschäftsmodells von Pfando als Wucher eingestuft habe.
"Bedingungen auch in fast allen neueren Verträgen"
Dies betrifft nach seiner Einschätzung auch neuere ihm bekannte Verträge von Pfando-Kunden: "Deutlich schwerer wiegt, was der Senat heute zur Frage des Wuchers gesagt hat: Die Bedingungen, die den Senat dazu bewogen haben, einen Wucher zu bejahen, sind auch in den neueren Verträgen, die wir kennen und die uns vorliegen, in vergleichbarer Form, in so gut wie allen Fällen, vorhanden", so Schilling.
"Wir sehen hier ein klares Votum für unsere Argumentation für alle Fälle, die wir vor Gericht gebracht haben, nämlich dass Wucher bejaht worden ist."
Vertreter von Pfando wollten sich nach der Urteilsverkündung nicht äußern. Unklar bleibt deshalb, welche Schlussfolgerungen das Unternehmen aus der heutigen Entscheidung zieht - und ob es am bisherigen Geschäftsmodell festhalten will. Dem Dortmunder Kunden muss Pfando jedenfalls Schadenersatz zahlen. Er muss sich dabei nur den erhaltenen Kaufpreis anrechnen lassen.