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Bundesgerichtshof Grundsatzurteil über Negativzinsen erwartet

Stand: 04.02.2025 06:00 Uhr

Während der Niedrigzinsphase hatten viele Banken ihren Kunden Negativzinsen berechnet. Die Verbraucherzentralen hielten das für rechtswidrig und klagten dagegen. Nun wird der Bundesgerichtshof ein Grundsatzurteil fällen.

Von Klaus Hempel, ARD-Rechtsredaktion, Klaus Hempel, SWR

Noch vor einigen Jahren betrieb die Europäische Zentralbank eine rigorose Politik der niedrigen Zinsen, mit weitreichenden Folgen für die Banken und Sparkassen, aber auch für Privatanleger und Bankkunden. Die EZB wollte damals mit niedrigen Zinsen unter anderem dafür sorgen, dass sich festverzinsliche Geldanlagen nicht mehr so stark lohnen und stattdessen mehr Geld ausgegeben wird, um die Wirtschaft anzukurbeln.

Zeitweise mussten die Banken und Sparkassen der Europäischen Zentralbank Zinsen dafür zahlen, wenn sie bei ihr Geld sicher parken wollten. In der Spitze lag der Zinssatz bei 0,5 Prozent.

Kunden wurden zur Kasse gebeten

Etliche Banken und Sparkassen gaben diese Kosten an ihre Kunden weiter. Die Folge: Viele Kunden bekamen ihr Guthaben auf dem Konto nicht mehr verzinst. Im Gegenteil: Sie mussten ab einer bestimmten Summe Negativzinsen zahlen, sprich: etwas dafür zahlen, wenn sich auf ihrem Bankkonto ein höheres Guthaben angesammelt hatte.

Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox verlangten im Frühjahr 2022 rund 450 Geldinstitute in Deutschland von ihren Kunden solche Negativzinsen. Einige wurden bereits ab einem Guthaben von 5.000 Euro zur Kasse gebeten.

Verbraucherschützer: Vertragsklauseln sind rechtswidrig

Es hagelte Kritik von Verbraucherschützern, sogar von einer Enteignung der Sparer war die Rede. Die Verbraucherzentralen hielten die damalige Praxis der Negativzinsen für rechtswidrig und verklagten bundesweit mehrere Sparkassen und Banken. Nach Ansicht der Verbraucherschützer sind Vertragsklauseln, die ein Verwahrentgelt auf Spareinlagen vorsehen, unzulässig. Sie würden Kunden unangemessen benachteiligen. Entsprechende Klauseln seien daher unwirksam.

Bisher keine einheitliche Rechtsprechung

In den unteren Instanzen bekamen die Verbraucherzentralen zum Teil recht, so etwa vom Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen: 13 U 9/22). Das Gericht erklärte eine entsprechende Klausel der Sparkasse KölnBonn für unwirksam, weil sie nicht transparent genug gewesen sei. Die Sparkasse hatte mit dem Begriff "Einlagefazilität" gearbeitet. Dieser Begriff, so das OLG Köln, sei für Verbraucher nicht verständlich.

Interessanterweise hatte sich das Kölner Gericht aber nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob der eigentliche Inhalt der Klausel zu den Negativzinsen grundsätzlich wirksam war oder nicht. Andere Oberlandesgerichte prüften dagegen ausführlich den Inhalt von Vertragsklauseln zu Negativzinsen und kamen zum Schluss, dass sie zulässig sind.

BGH verhandelt mehrere Fälle

Vorm Bankrechtssenat des Bundesgerichtshofs werden nun mehrere Revisionen der Verbraucherzentralen verhandelt, die sich gegen vier verschiedene Urteile richten. In allen vier Fällen konnten sich die Geldinstitute mit ihren Argumenten in den Vorinstanzen durchsetzen: darunter das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen: 20 U 16/22), das Oberlandesgericht Dresden (Aktenzeichen: 8 U 1389/21), das Kammergericht Berlin (Aktenzeichen: 26 U 129/21) sowie das Oberlandesgericht Frankfurt (Aktenzeichen: 3 U 286/22).

Vor allem das Urteil des OLG Frankfurt hatte für viel Aufsehen gesorgt, denn dort ging um die Commerzbank und damit um besonders viele Kunden. Im Kern hatten die Oberlandesgerichte und das Kammergericht Berlin Vertragsklauseln über Negativzinsen für zulässig erachtet. Diese seien grundsätzlich von der Vertragsfreiheit zwischen Geldinstituten und Kunden gedeckt.

Grundsatzurteil wird Klärung bringen

In seinem Grundsatzurteil wird der BGH nun höchstrichterlich entscheiden, ob Banken und Sparkassen grundsätzlich berechtigt sind, von ihren Kunden auch künftig Negativzinsen zu verlangen. Aktuell werden solche Negativzinsen nicht mehr erhoben, da die Europäische Zentralbank schon vor Jahren die Leitzinsen wieder erhöht hat.

Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass die EZB irgendwann - aufgrund veränderter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen - erneut eine strikte Niedrigzinspolitik fährt und im Zuge dessen die Bankkunden abermals mit Niedrigzinsen konfrontiert werden. Deshalb, so der Verbraucherzentrale Bundesverband, sei es wichtig, dass der Bundesgerichtshof die umstrittene Rechtsfrage endgültig klärt. Im Falle einer Niederlage der Institute müssten sich diese auf hohe Schadenersatzforderungen einstellen.