Videoapp im Visier der Behörden Warum TikTok so umstritten ist
In den USA steht gegen TikTok nicht nur ein Verbot im Raum, die Plattform gerät auch wegen Bedenken zum Datenschutz von Kindern in den Fokus. Und auch in der EU droht Ärger. Ein Überblick zur Kritik an der Videoplattform.
Von Sarah Ben Bornia, tagesschau.de
Die Kurzvideoapp TikTok steht wieder einmal im Kreuzfeuer der US-Behörden. Diesmal geht die Federal Trade Commission (FTC) gegen die beliebte Videoplattform vor. Der Vorwurf: TikTok habe ein US-Gesetz zum Datenschutz bei Kindern verletzt. Bereits seit einem Jahr laufen Gespräche zwischen der Videoplattform und der FTC, doch nun werden juristische Schritte eingeleitet. TikTok weist alle Vorwürfe zurück.
Besonders bemerkenswert: In der Regel werden solche Verfahren nicht öffentlich gemacht, die FTC sieht jedoch ein starkes öffentliches Interesse an dem Thema. Die Informationslage bleibt aber dünn. Weder TikTok noch die FTC wollten weitere Details bekannt geben.
Mögliches Verbot von TikTok in den USA
Der Fall reiht sich in eine Serie von rechtlichen Auseinandersetzungen zwischen TikTok und US-Behörden ein. Parallel zu den Datenschutzvorwürfen steht die Plattform unter Druck, sich von ihrer chinesischen Muttergesellschaft ByteDance zu trennen.
Ein kürzlich verabschiedetes US-Gesetz soll dies erzwingen. TikTok bleibt ein Jahr Zeit, um eine Entscheidung zu treffen. In den USA wird eine zu starke Einflussnahme von chinesischer Seite befürchtet. Koppelt sich TikTok nicht von seinem Mutterkonzern ByteDance ab, droht ein Verbot der Kurzvideoapp in den USA.
TikTok klagte gegen den Beschluss und berief sich dabei auf die Redefreiheit. Viele US-amerikanische TikTok-Macher unterstützten diese Klage. Außerdem äußerte der Konzern, dass es keinerlei Interesse an einem Verkauf der App gebe. Lieber wolle man die App auf dem US-amerikanischen Markt schließen, als sie zu verkaufen.
EU leitete förmliches Verfahren ein
Währenddessen weiten auch europäische Behörden ihre Untersuchungen gegen TikTok aus. So hat die EU im Februar ein förmliches Verfahren gegen die App eingeleitet. Es besteht der Verdacht, dass die Plattform süchtiges Verhalten fördere und der Kinderschutz nicht ausreichend gewährleistet sei.
Im Frühjahr erfolgte dann eine zusätzliche Abmahnung der EU wegen einer neuen Version der App mit dem Namen "TikTok Lite". Nutzerinnen und Nutzer erhalten dabei digitale Münzen, wenn sie Videos anschauen. Diese lassen sich dann gegen Gutscheine bei verschiedenen Onlinediensten eintauschen.
Die neue Version der App wurde bereits in Frankreich und Spanien eingeführt. Trotz der Risiken im Zusammenhang mit der suchterzeugenden Wirkung habe TikTok die neue Funktion "ohne wirksame Maßnahmen zur Risikominderung" auf den Markt gebracht, teilte die EU-Kommission daraufhin mit. TikTok reagierte prompt darauf und veröffentlichte einen Bericht, wie die Risiken minimiert werden sollen, und setzte die entsprechende Funktion aus.
Verbot auch in EU möglich?
Die Verfahren gegen TikTok laufen dennoch weiter. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bestätigte, dass ein Verbot von TikTok auch von Seiten der EU möglich sei, sollten bei dem Prüfverfahren Vorwürfe bestätigt werden.
Das kann dann im Zweifelsfall sehr schnell gehen. Im Jahr 2020 verhängte Indien kurzfristig ein landesweites Verbot von TikTok und Dutzenden anderer chinesischer Apps wegen Bedenken zum Datenschutz. Die betroffenen Unternehmen hatten die Möglichkeit, auf Fragen zu Datenschutz und Sicherheitsanforderungen zu reagieren, doch 2021 wurde das Verbot dauerhaft.
Nutzerzahlen bleiben unverändert hoch
Trotz aller Kontroversen zeigt sich: Die Popularität der App bleibt weltweit ungebrochen. Mit Millionen von Nutzerinnen und Nutzern allein in der EU und insgesamt rund einer Milliarde aktiver Nutzer weltweit ist TikTok weiterhin einer der wichtigsten Akteure unter den sozialen Netzwerken.
Sollte es aber tatsächlich zu einem Verbot in den USA kommen, könnten davon gerade Konkurrenten wie der Facebook-Mutterkonzern Meta oder YouTube erheblich profitieren.