
Elektromobilität Sehr viele Ladesäulen für zu wenig E-Autos
Viele Ladesäulen in Deutschland sind derzeit kaum ausgelastet. Nur rund 17 Prozent öffentlich zugänglicher Ladepunkte sind zeitgleich belegt, viele werden einem Medienbericht zufolge überhaupt nicht genutzt.
Wer sein Elektroauto laden möchte, dürfte in der Regel schnell eine freie Ladesäule finden. Im zweiten Halbjahr 2024 waren nach Angaben des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in Deutschland im Schnitt nur rund 17 Prozent aller öffentlich zugänglichen Ladepunkte zeitgleich belegt. Das bedeutet, dass viele kaum ausgelastet sind.
Nur jeder fünfte Ladepunkt ist laut BDEW überdurchschnittlich ausgelastet, vier von fünf haben dagegen eine Auslastung von weniger als 17 Prozent. Einem Bericht der "Automobilwoche" zufolge soll rund ein Viertel der Ladepunkte in Deutschland überhaupt nicht genutzt worden sein. Das zeige eine Analyse des Marktdatenspezialisten Elvah von Echtzeitdaten der Ladevorgänge an öffentlich zugänglichen Ladesäulen.
Dem BDEW zufolge schwankt die Auslastung regional zwischen drei und 40 Prozent. In manchen Regionen sind zu einem beliebigen Zeitpunkt im Schnitt also nur drei Prozent der Ladepunkte belegt. 97 Prozent sind aus Perspektive eines E-Auto-Fahrers frei, wie eine Sprecherin erläuterte.
Ausbau wird gedrosselt
Der Marktführer in Deutschland, der Karlsruher Energiekonzern EnBW, hat sein Ausbauziel deshalb schon gedrosselt. "Nach unserer Einschätzung gibt es Stand heute keinen Engpass bei der Ladeinfrastruktur", erklärte Vorstand Dirk Güsewell.
Konzernchef Georg Stamatelopoulos hatte Ende März erklärt, das Unternehmen habe das Ausbauziel für 2030 wegen des verlangsamten Hochlaufs der E-Mobilität von 30.000 auf 20.000 Ladepunkte reduziert. Allerdings gehe EnBW nur von einer zeitlichen Verschiebung aus. "Am langfristigen Trend erwarten wir keine gravierende Veränderung."
161.686 Ladepunkte gab es nach jüngsten Angaben der Bundesnetzagentur Anfang Februar in Deutschland. Im Vergleich zum Stand ein Jahr zuvor war das gut ein Fünftel (21 Prozent) mehr. 36.278 davon waren Schnellladepunkte. Hier wurde der Ausbau demzufolge noch deutlicher vorangetrieben: Der Zuwachs binnen eines Jahres betrug 39 Prozent. Als Ausbauziel der Bundesregierung wurde noch im November des vergangenen Jahres die Zahl von einer Million Ladepunkte bis zum Jahr 2030 angegeben.
Künftig erwartete Auslastung ist entscheidend
Die Größe der Standorte plant der Betreiber EnBW einer Sprecherin zufolge anhand einer in etwa fünf Jahren erwarteten Auslastung. Nicht genutzte Ladepunkte seien also oft auch lediglich "noch nicht" genutzte Ladepunkte, die mit zunehmendem Fahrzeughochlauf stärker genutzt würden.
Faktoren bei der Planung seien etwa die Entwicklung bei E-Auto-Zahlen und wie viel Ladeinfrastruktur schon vorhanden ist. Eine Rolle spiele zudem die Quote jener, die zu Hause ihr Fahrzeug laden.
"Die Gründe für die Unterschiede bei der Auslastung sind vielfältig", erklärte BDEW-Chefin Kerstin Andreae in Berlin. Sowohl die Zahl der E-Pkw als auch die Häufung von Ladepunkten einer Region, die Anzahl privater Lademöglichkeiten, aber auch die Ladeleistung könnten die Auslastung beeinflussen.
Ladeangebot wächst stärker als die Nutzer
"Die kontinuierlich geringe zeitgleiche Auslastung zeigt sehr deutlich, dass in Deutschland der Ausbau des Ladeangebots derzeit stärker wächst als die Anzahl von E-Pkw", sagte Andreae. "Was wir in Deutschland jetzt brauchen, ist ein klares Signal zur Stärkung der Nachfrage von E-Autos", forderte sie. Wichtige Aspekte seien, dass die europäischen Flottengrenzwerte für den CO2-Ausstoß beibehalten werden und günstigere Fahrzeugmodelle.
Auch EnBW-Manager Güsewell betonte: "Für einen zielgerichteten Hochlauf der Elektromobilität braucht es aus unserer Sicht keine pauschale Förderung des Infrastrukturausbaus, sondern nachhaltige Anreize für den Kauf von E-Fahrzeugen."