Ein Flughafenbeschäftigter streikt und hält eine ver.di-Fahne. (Archivbild vom 27.01.2023)
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Öffentlicher Dienst Tarifeinigung oder neue Warnstreiks?

Stand: 16.03.2025 11:55 Uhr

Seit dem Morgen verhandeln Gewerkschaften und Arbeitgeber wieder. Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes geht es um die Einkommen von mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten. Wer fordert was? Drohen neue Warnstreiks?

Die Ausgangslage

Der Flugverkehr lahmgelegt, die Kita zu, der Müll nicht abgeholt: Der Tarifstreit im öffentlichen Dienst ist in Deutschland gerade in vielen Bereichen zu spüren. Mehr als 150.000 Menschen hätten sich allein in der zurückliegenden Woche an den bundesweiten Warnstreiks beteiligt, teilte die Gewerkschaft ver.di mit. Derzeit verhandeln Arbeitgeber und Gewerkschaften wieder in Potsdam, nach einer nächtlichen Pause gehen die Gespräche heute in die womöglich entscheidende Phase. Seit Freitag sitzt man bereits zusammen. Es ist schon die dritte Runde - doch für eine Einigung müsste sich noch einiges tun. Die Positionen im Überblick:

Für wen wird verhandelt?

Es geht um das Einkommen und die Arbeitszeit von mehr als 2,5 Millionen Beschäftigten der Kommunen und des Bundes. Die arbeiten nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in Kitas, an Schulen und Universitäten, im Nahverkehr, bei den Abfallbetrieben, in Klärwerken, Bädern, Pflegeeinrichtungen oder an Flughäfen. Der Großteil von ihnen ist nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) beschäftigt, üblicherweise wird der Abschluss aber später auch auf Beamtinnen und Beamte übertragen. Nicht betroffen sind Beschäftigte der Länder, für die separat verhandelt wird.

Was fordern die Gewerkschaften?

Für die Arbeitnehmer verhandeln ver.di und der Beamtenbund dbb. Sie fordern eine Tariferhöhung um acht Prozent, mindestens aber 350 Euro mehr im Monat sowie höhere Zuschläge für die Arbeit zu belastenden und ungünstigen Zeiten. Die Ausbildungsvergütungen und Praktikantenentgelte sollen um 200 Euro monatlich angehoben werden. Außerdem wollen die Gewerkschaften mindestens drei zusätzliche freie Tage durchsetzen.

Kurz vor Beginn der Verhandlungen forderten die Gewerkschaften "jetzt endlich ein Angebot" der Arbeitgeberseite. Das sei überfällig, sagte dbb-Verhandlungsführer Volker Geyer. Dass etwa der "seit Jahren bestehende Personalmangel" auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen werde, sei ein Versagen der Arbeitgeber, betonte Geyer.

Was wollen die Arbeitgeber?

Die haben sich noch nicht klar geäußert - außer, dass ihnen die Forderungen der Gewerkschaften zu teuer sind. Und so war die dritte Tarifrunde am Freitag zunächst ohne Arbeitgeberangebot gestartet. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte jedoch in Aussicht gestellt, "irgendwann" mit einem Arbeitgeberangebot auf die Gewerkschaften zuzugehen. Faeser ist die Verhandlungsführerin des Bundes.

Allein die zentralen Punkte der Gewerkschaften würden nach Rechnung der Arbeitgeber Mehrkosten von fast 15 Milliarden Euro im Jahr bedeuten. Das sei angesichts leerer Kassen und hoher Verschuldung nicht darstellbar, argumentieren sie. Besonders kritisch sehen die Arbeitgeber die geforderten zusätzlichen freien Tage.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (ganz links), Karin Welge und Niklas Benrath von der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände und Oliver Bandosz von der Gewerkschaft ver.di (ganz rechts) bei der Fortsetzung der Tarifverhandlungen für den öffentlichen Dienst

Sie sei "guter Hoffnung", dass ein faires Ergebnis gefunden werde, sagte Innenministerin Faeser.

Ist eine Einigung am Wochenende realistisch?

Das ist schwer einzuschätzen. Die Arbeitgeber hoffen auf eine "tragfähige Lösung" und geben sich optimistisch. "Dafür braucht es aber Bewegung auf beiden Seiten", sagte der Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA), Niklas Benrath. Die Gewerkschaften kritisieren vor allem, dass sich Bund und Kommunen bisher überhaupt nicht bewegt hätten. In der Vergangenheit gelang in der dritten Verhandlungsrunde oft ein Durchbruch, selbstverständlich ist das aber nicht. Gut möglich, dass die Gespräche in die Verlängerung gehen - entweder am Montag oder sogar in eine vierte Runde.

Kommen weitere Warnstreiks, wenn man sich nicht einigt?

Das kann sein, es ist jedoch nicht zwingend. Ist man nah an einem Kompromiss, könnte eine weitere Verhandlungsrunde vereinbart werden. Sind die Gespräche richtig festgefahren, könnte auch eine Schlichtung angestrebt werden. So war es zum Beispiel bei den vergangenen Verhandlungen für die Beschäftigten von Bund und Kommunen 2023. Bei einer Schlichtung wird versucht, Verhandlungen mit Hilfe von unabhängigen Schlichtern doch noch zu einem Durchbruch zu verhelfen. Warnstreiks wären dann für eine bestimmte Zeit vom Tisch, denn während der Schlichtung gilt eine Friedenspflicht.

Welchen Einfluss haben die laufenden Koalitionsgespräche?

SPD-Politikerin Faeser nimmt parallel zu den Tarifverhandlungen an den Gesprächen zur Bildung einer neuen Bundesregierung teil. Sie sitzt in der Arbeitsgruppe zum Bürokratieabbau und zur Modernisierung des Staats – allerdings nur als Nummer zwei auf SPD-Seite. Wann die Arbeitsgruppe tagt, ist nicht bekannt. In Potsdam muss Faeser allerdings auch nicht ständig persönlich vor Ort sein. Haushaltsstaatssekretär Steffen Meyer kann sie dort zwischendurch vertreten.

Johannes Frewel, RBB, tagesschau, 16.03.2025 13:13 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 16. März 2025 um 12:00 Uhr.