Kanzler trifft Wirtschaftsverbände Scholz ohne neue Zusagen an Wirtschaft
Führende Wirtschaftsverbände verlangen in einem Zehn-Punkte-Programm, sie schnell finanziell zu entlasten und mehr zu investieren. Beim Gespräch mit Kanzler Scholz forderte der wiederum mehr "Zuversicht".
Ungeachtet eines langen Forderungskatalogs der führenden deutschen Wirtschaftsverbände ist ein Spitzengespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ohne neue Ankündigungen oder konkrete Annäherungen zu Ende gegangen. Scholz verwies nach einem Spitzengespräch mit den Unternehmensvertretern bei der Internationalen Handwerksmesse in München hingegen auf bereits angestoßene Reformen seiner Regierung und rief dazu auf, nicht schlechte Stimmung, sondern mehr "Zuversicht" zu verbreiten.
Helfe nicht, "Stimmung im Land zu verschlechtern"
Es helfe nicht, "wenn ganz viele Lobbyisten und Politikunternehmer die Stimmung im Land verschlechtern", sagte Scholz. "Weil dann behalten die Leute ihr Geld auf dem Sparbuch und investieren nicht." Natürlich dürfe die Lage nicht schöngeredet werden, dennoch brauche es vor allem Zuversicht, um unternehmerische Investitionen und den Konsum anzukurbeln. Die Bundesregierung habe etwa das Wachstumschancengesetz auf den Weg gebracht, das Steuererleichterungen für Unternehmen bringe, sagte der Kanzler weiter. Den Fachkräftemangel gehe Berlin etwa mit dem neuen Einwanderungsgesetz an. Auch die Energieversorgung sei trotz des russischen Gasstopps gesichert und die Energiewende werde vorangetrieben.
Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, sagte nach dem Gespräch, man habe vom Kanzler wenig Neues erfahren. "Das kannten wir alles schon." Angesichts der trüben Wachstumsprognosen brauche es eigentlich einen "echten Kraftakt", um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen, forderte der BDI-Präsident. "Die Unternehmen wünschen sich von der Bundesregierung eine klare Wachstumsagenda, und zwar eine, die über eine Legislaturperiode hinaus trägt."
Handwerk: "Das reicht bei weitem nicht"
"Das reicht bei weitem nicht", reagierte der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Jörg Dittrich. "Die Stimmung in den Betrieben ist schlecht." Der Verband hatte gemeinsam mit der Deutschen Industrie- und Handelskammer, der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände und dem Bundesverband der Deutschen Industrie einen Zehn-Punkte-Plan vorgelegt, "um Vertrauen zurückzugewinnen und den Standort Deutschland zu stärken". Für Verärgerung in der internen Runde mit dem Kanzler sorgte nach Angaben aus Teilnehmerkreisen auch, dass Scholz nicht auf die konkreten Forderungen der Wirtschaftsverbände eingegangen sei.
In dem Zehn-Punkte-Plan fordern die Verbände unter anderem: international konkurrenzfähige Strompreise, eine grundlegende Steuerreform mit niedrigeren Unternehmensteuern, schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren, weniger Bürokratie, Investitionen in die Infrastruktur und eine ausreichende Fachkräftesicherung.
Zudem warnen die Spitzenverbände davor, langfristig ein Mindestrentenniveau von 48 Prozent festzuschreiben, weil dies die Finanzierungsprobleme der Rentenversicherung weiter verschärfen werde. Innerhalb einer großen Steuerreform fordern die vier Spitzenverbände die Einführung einer dauerhaften Investitionsprämie, verbesserte Abschreibungsbedingungen, die Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung und eine Senkung von Strom- und Energiesteuern auf das europäische Mindestmaß für alle Unternehmen und Betriebe.
Ziel müsse eine Senkung der Steuerbelastung der Unternehmen in Deutschland auf maximal 25 Prozent sein, heißt es in dem gemeinsamen Papier. Hierzu müsse unter anderem der Solidaritätszuschlag aus Sicht der Unternehmen vollständig abgeschafft werden.