Bundestag beschließt Konjunkturpaket II Rekordprogramm gegen die Rezession
50 Milliarden Euro sollen der schrumpfenden deutschen Wirtschaft wieder auf die Beine helfen. Der Bundestag beschloss das Konjunkturpaket II mit den Stimmen der Koalition. Die Opposition kritisierte die Maßnahmen als ziel- und wirkungslos. Das Paket setze falsche Prioritäten.
Der Bundestag hat das umfangreichste Programm zur Ankurbelung der Wirtschaft seit Gründung der Bundesrepublik Deutschland beschlossen. Mit den Stimmen der Großen Koalition aus CDU, CSU und SPD verabschiedete das Parlament das sogenannte Konjunkturpaket II. Es umfasst Investitionen, Steuersenkungen und Investitionsanreize in Höhe von 50 Milliarden Euro. Wegen der zusätzlichen Ausgaben beschloss Bundestag auch einen Nachtragshaushalt für das laufende Jahr. Die Neuverschuldung steigt damit auf das Rekordniveau von 36,8 Milliarden Euro. Ein Teil des Konjunkturprogramms soll mit Hilfe eines Tilgungsfonds finanziert werden.
"Harte Wirtschaftskrise, keine Systemkrise"
Der neue Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) erklärte, noch nie sei "so schnell, so konsequent und so entschlossen auf eine Krise reagiert" worden. Dies werde Wirkung zeigen. Er warnte davor, angesichts der Rezession die soziale Marktwirtschaft in Frage zu stellen. "Wir befinden uns in einer sehr harten Wirtschaftskrise, aber nicht in einer Systemkrise", sagte Guttenberg. Daher dürften die "ordnungspolitischen Leitplanken" der sozialen Marktwirtschaft "nicht panisch abgerissen werden". Wer diese in Frage stelle, riskiere "das Fundament und die Zukunft unseres Landes".
Bundesregierung verteidigt Neuverschuldung
Die Bundesregierung verteidigte die Maßnahmen zur Konjunkturförderung gegen Kritik der Opposition. "Dieses Konjunkturpaket ist erforderlich", sagte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Deutschland befinde sich in einer historisch einmalig tiefen Rezession. Die Finanzierung der Pläne sei nicht ohne eine Erhöhung der Neuverschuldung möglich. Zugleich warnte er vor übereilten neuen Beschlüssen wie der geforderten Ausweitung der Abwrackprämie. Wer bereits jetzt darüber spekuliere, was noch draufgelegt werden solle, verbreite nur Unsicherheit, sagte Steinbrück. Es müsse zunächst abgewartet werden, wie die beschlossenen Maßnahmen wirkten.
"Sammelsurium mit falschen Prioritäten"
In der Bundestagsdebatte übte die Opposition heftige Kritik an den vorgesehenen Maßnahmen. FDP-Chef Guido Westerwelle bezeichnete das Konjunkturpaket II als enttäuschend. "Es wird wenig wirken, aber die Schulden werden unfassbar lange bleiben", sagte er. Das Paket sei ein "Sammelsurium", bei dem Steuergeld "mit der Gießkanne" verteilt werde. Westerwelle bemängelte, dass die Steuersenkungen zu gering ausfielen. Davon könne kein Konjunkturimpuls ausgehen. Er forderte eine stärkere Entlastung aller Bürger. Leistungsbereitschaft und Konjunktur könnten nur angekurbelt werden, wenn den Bürgern mehr Geld bliebe. Die Regierung setze in dem Paket "falsche Prioritäten".
Grünen-Fraktionschef Fritz Kuhn sagte, das Programm sei "ökologisch ein Blindflieger". Die Investitionen fielen zu gering aus. Die Konjunktur könne auf diese Weise nicht belebt werden. Kuhn forderte Investitionen in Bildung, Ökologie und soziale Gerechtigkeit. Eine stäkere Senkung der Steuern lehnte er dagegen ab. Die Hälfte der deutschen Haushalte zahle keine Steuern, ein "schneller Konjunktureffekt" sei daher nicht zu erwarten.
Lafontaine wirft Regierung Untätigkeit vor
Auch der Fraktionschef der Partei "Die Linke", Oskar Lafontaine, wandte sich gegen weitere Steuersenkungen. Solche Forderungen der FDP seien "Nonsens" und von "klientelpolitischen Gründen" getrieben. Lafontaine mahnte, das Konjunkturpaket müsse auch sozial ausgewogen sein. Dazu sei eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze, der Renten und Löhne nötig. Lafontaine warf der Regierung vor, "fahrlässig und verantwortungslos", zu agieren. Es gebe ausreichend Konzepte zur Bewältigung der Krise, die Regierung bleibe jedoch untätig.