Bank of England Größter Zinsschritt seit 1989
Die britische Notenbank stemmt sich mit dem größten Zinsschritt seit Jahrzehnten gegen die ausufernde Inflation. Mit 3,0 Prozent liegt der Leitzins in Großbritannien nun deutlich höher als in der Eurozone.
Die britische Notenbank hat ihr Tempo bei den Zinserhöhungen beschleunigt. Der Leitzins steigt um 0,75 Prozentpunkte auf 3,00 Prozent, wie die Bank of England nach ihrer Zinssitzung in London mitteilte. Es war die kräftigste Anhebung seit 1989. Analysten hatten angesichts einer Inflationsrate von zuletzt 10,1 Prozent auf der Insel mit einem solchen Schritt überwiegend gerechnet.
Zuvor hatten bereits die Europäische Zentralbank (EZB) und die US-Notenbank Federal Reserve mit XXL-Zinsschritten von 75 Basispunkten versucht, dem Preisauftrieb in ihren Währungsräumen Paroli zu bieten. Die Währungshüter in London hatten dagegen zuletzt noch auf etwas kleinere Zinsschritte von 0,5 Prozentpunkten gesetzt.
Kleinerer Zinsschritt im Dezember?
Gut möglich, dass die Bank of England auch künftig wieder zu Zinsschritten in kleineren Größenordnungen zurückkehrt. Denn die Entscheidung für den heutigen 0,75-prozentigen Zinsschritt war nicht einstimmig gefallen. Im neunköpfigen geldpolitischen Ausschuss MPC stimmten sieben Mitglieder für diesen Zinsschritt, ein Mitglied votierte für eine Zinserhöhung um 0,25 Prozentpunkte und ein Vertreter für 0,50 Prozentpunkte.
"Die zwei taubenhaften Gegenstimmen und die Einordnung der aktuellen Markterwartungen lassen vermuten, dass Großbritanniens Währungshüter, ähnlich wie die US-Fed, für ihre nächste Sitzung im Dezember einen etwas kleineren Zinsschritt anpeilen", erklärte LBBW-Analyst Elmar Völker. "Wir rechnen dann mit einer Anhebung um 50 Basispunkte." Auch Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, ist überzeugt, dass "künftige Zinsschritte wohl kleiner werden".
Unsicherheitsfaktor Fiskalpolitik
Bezüglich des Inflationsausblicks der britischen Notenbank besteht allerdings beträchtliche Unsicherheit, wie die Commerzbank-Volkswirte Bernd Weidensteiner und Christoph Balz betonen. "Die britische Regierung stellt am 17. November ihre fiskalischen Pläne vor, was den Inflationsausblick noch beeinflussen könnte."
Nachdem die Wirtschaftspläne von Ex-Premierministerin Liz Truss zwischenzeitlich heftige Finanzmarktturbulenzen ausgelöst hatten, steuert ihr Nachfolger Rishi Sunak nun um: Er signalisierte, dass die öffentlichen Ausgaben gekürzt und möglicherweise höhere Steuern erhoben werden müssen.
EZB hinkt BoE und Fed hinterher
Mit der mittlerweile achten Zinserhöhung seit Dezember 2021 gehört die Bank of England derweil mit zu den Vorreitern im Zinserhöhungs-Wettlauf der globalen Notenbanken. Der Leitzins in Großbritannien liegt nach der heutigen Erhöhung bei 3,0 Prozent und damit einen vollen Prozentpunkt über dem geldpolitischen Schlüsselsatz der Eurozone (2,0 Prozent).
Die EZB hatte erst im Juli dieses Jahres die Ära der Nullzinspolitik beendet und die Leitzinsen seither dreimal erhöht. Damit hinkt sie im weltweiten geldpolitischen Straffungszyklus der Notenbanken klar hinterher.