Industrie- und Bauproduktion schwächeln Britische Wirtschaft stagniert vor Parlamentswahl
Drei Wochen vor der Wahl in Großbritannien gibt es schlechte Nachrichten für den amtierenden Premierminister Sunak. Nach einem kurzen Aufschwung ist die Wirtschaft im April ins Stocken geraten.
Drei Wochen vor der britischen Parlamentswahl reißen die durchwachsenen Nachrichten für Premierminister Rishi Sunak nicht ab. Kurz vor der Parlamentswahl ist der Aufschwung der britischen Wirtschaft im April zum Stillstand gekommen, wie das Statistikamt ONS in London bekannt gab.
Im März hatte es noch zu einem Wachstum von 0,4 Prozent gereicht. Die starken Rückgänge in der Industrie- und Bauproduktion verhinderten diesmal eine Fortsetzung des Aufschwungs, während die Dienstleister zulegen konnten.
Arbeitslosenquote auf höchstem Stand seit 2021
Für Sunak häufen sich damit vor der Wahl am 4. Juli die schlechten Konjunkturnachrichten. Auch die Arbeitslosenquote für den Zeitraum Februar bis April stieg auf 4,4 Prozent und erreichte den höchsten Wert seit den Sommermonaten 2021. Die Zahl der Erwerbstätigen ist seit Ende 2023 um 207.000 gesunken, während die der Arbeitslosen um 190.000 gestiegen ist.
"Die letzte Legislaturperiode war für die Beschäftigung düster, und die heutigen Zahlen sind die schlechtesten seit der Pandemie", sagte dazu Tony Wilson, Direktor des überparteilichen Think Tanks, des Institute for Employment Studies.
Höhere Löhne und Steuersenkungen
Sunak, der bei den Wählern damit wirbt, dass sich die Wirtschaft unter seiner Führung verbessert habe, kann zumindest auf einen kräftigen, inflationsbereinigten Anstieg der Löhne verweisen. Der durchschnittliche Wochenverdienst ohne Prämien und bereinigt um den Verbraucherpreisindex stieg in den drei Monaten bis April um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr - der stärkste Anstieg seit fast drei Jahren.
Gute Neuigkeiten gab es auch mit Blick auf die Inflation. Zuletzt war die britische Inflation im April auf den tiefsten Stand seit fast drei Jahren gefallen. Die Verbraucherpreise erhöhten sich im April zum Vorjahresmonat nur noch um 2,3 Prozent. Die britische Notenbank kommt damit ihrem Inflationsziel von zwei Prozent sehr nahe. Mit einer Zinssenkung wird dennoch frühestens im August gerechnet.
Opposition in Startlöchern
Die Oppositionspartei Labour, die in Meinungsumfragen deutlich führt, warf Sunak vor, die Lage schönzureden. "Rishi Sunak behauptet, dass wir die Kurve gekriegt haben, aber die Wirtschaft stagniert, und es gibt kein Wachstum", teilte Schatten-Finanzministerin Rachel Reeves mit. "Diese Daten offenbaren den Schaden nach 14 Jahren konservativem Chaos."
Die konservativen Tories regieren in Großbritannien seit 2010. Laut Meinungsumfragen wird aber Labour die Wahl im kommenden Monat voraussichtlich gewinnen. Demnach hat die Partei von Keir Starmer einen Vorsprung von rund 20 Prozentpunkten vor den Konservativen.
Wie geht es mit der britischen Wirtschaft weiter?
Ein Ökonom des Vermögensverwalters ABRDN verwies auf die beschränkte Aussagekraft von Monatszahlen. Monatliche BIP-Zahlen könnten volatil sein, und man müsse auf den Trend über mehrere Monate schauen. In dieser Hinsicht zeichne sich eine Erholung von der Rezession ab, sagte er der britischen Nachrichtenagentur PA.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) schätzt, dass die britische Wirtschaft in diesem Jahr um 0,4 Prozent und 2025 um 1,0 Prozent wächst. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht das Wachstum in diesem Jahr etwas optimistischer bei 0,5 Prozent und nächstes Jahr schon bei 1,5 Prozent.
"Insgesamt werden die doppelten Belastungen des Wirtschaftswachstums durch höhere Zinsen und Inflation trotz des Abflauens der Konjunkturerholung im April im Jahresverlauf weiter nachlassen", sagte der Chefvolkswirt von Capital Economics, Paul Dales. "Das wird der nächsten Regierung etwas wirtschaftlichen Rückenwind geben."