EuGH-Urteil zum Markenrecht Was darf der Konkurrent bei AdWords?
Über Googles AdWords können Anbieter mit Schlüsselbegriffen Kunden ködern, die bei Google Begriffe suchen. Darf man aber Markennamen der Konkurrenz als Suchbegriff für das eigene Produkt hinterlegen? Ja, meint der EuGH - aber nur, wenn keine Verwechslungsgefahr besteht.
Von Cai Rienäcker, SWR-Hörfunkstudio Brüssel
Schlüsselwörter spielen in der Internet-Werbung eine entscheidende Rolle. Sie ködern Kunden auf Werbeseiten, die diese nicht direkt angesteuert haben. Wer etwa bei der Suchmaschine Google eine Anzeige schalten will, kann über den Werbedienst AdWords als Schlüsselwörter sogenannte Keywords eingeben. Wenn nun jemand bei seiner Google-Recherche eines dieser Schlüsselworte eingibt, erscheint neben dem reinen Suchergebnis auch die damit verbundene Werbeanzeige.
Dieses System funktioniert besonders gut mit Marken, die bekannter als die eigene sind. Ein Limonadenhersteller kann zum Beispiel einfach Coca Cola als Keyword eingeben und hat so viel bessere Chancen als Anzeige zu erscheinen als bei anderen ähnlichen Begriffen. Für den Inhaber der Marke, die als Schlüsselwort benutzt wird, kann das aber unangenehme Konsequenzen haben.
Kunde darf keinen falschen Eindruck bekommen
So musste der internationale Blumenlieferservice Interflora in Großbritannien feststellen, dass, wenn man seine Marke als Suchbegriff bei Google eingab, eine Anzeige der Kaufhauskette Marks & Spencer erschien, in der es wörtlich hieß: "Prächtige, frische Blumen und Pflanzen. Bestellen Sie bis 17 Uhr für Lieferungen am nächsten Tag." Der Kunde konnte also auf die Idee kommen, dass Marks & Spencer zum Verbundnetz von Interflora gehört und so in die Irre geleitet werden.
Und das stört die europäischen Richter. In ihrem Urteil heißt es: Die "herkunftsweisende Funktion einer Marke" sei beeinträchtigt, wenn für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer nicht oder nur schwer zu erkennen sei, ob die beworbenen Waren oder Dienstleistungen vom Markeninhaber oder von einem anderen Unternehmen stammten. Die Entscheidung darüber, ob im vorliegenden Fall Interflora gegen Marks & Spencer vorgehen kann, entscheidet aber nicht der EuGH, sondern das nationale Gericht, in diesem Fall der High Court of Justice in Großbritannien, der sich mit dem Fall an die Richter in Luxemburg gewandt hatte.
Richter für "gesunden und lauteren Wettbewerb"
Der europäische Richterspruch hält nun aber fest, dass es in bestimmten Fällen durch das Verwenden von Schlüsselwörtern beim Google-Werbedienst AdWords zu einer einklagbaren Verletzung des Markenrechts kommen kann. Aber der Grat ist sehr schmal. Denn gleichzeitig stellte der Gerichtshof in Luxemburg fest, dass allein aus Werbegründen kein Verstoß gegen das Markenrecht vorliegt: Wenn keine Verwechslungsgefahr bestehe, sondern nur eine Alternative zu den Waren des Markeninhabers angeboten werde, dann falle das, so die europäischen Richter, grundsätzlich unter einen "gesunden und lauteren Wettbewerb".
Fazit: Ob beim Verwenden des Konkurrentennamen als Schlüsselwort bei Google-Adwords ein Verstoß gegen das Markenrecht vorliegt oder nicht, hängt sehr stark vom Einzelfall ab - und wird die Gerichte deswegen weiter kräftig beschäftigen.
Aktenzeichen: C-323/09