Nach Inflationsdaten Viel Rückenwind für die Wall Street
Nachlassende Inflationssorgen haben zum Wochenschluss die Wall Street angeschoben. Wie auch zuvor in Europa schwanden zudem die Sorgen um den Bankensektor. Alle großen Aktienindizes legten zu.
Nachlassende Inflationssorgen haben zum Wochenschluss die Wall Street angeschoben. Wie auch zuvor in Europa schwanden zudem die Sorgen um den Bankensektor. Alle großen Aktienindizes legten zu.
Nachlassende Inflationssorgen haben zum Wochenschluss den großen Aktienindizes der Wall Street unisono Gewinne beschert. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte lag am Ende bei 33.274 Punkten, ein Tagesgewinn von 1,26 Prozent. Der breiter gefasste S&P 500 gewann 1,44 Prozent bei 4109 Punkten. Der Index der Technologiebörse Nasdaq stieg um 1,74 Prozent auf 12.221 Punkte, der Auswahlindex Nasdaq 100 legte 1,68 Prozent zu und erreichte damit bei 13.181 Zählern ein neues Jahreshoch.
Auf Wochensicht verzeichnete der Leitindex Dow ein Plus von gut drei Prozent. "Wenn wir die Woche im grünen Bereich beenden, ist das eine große Sache, wenn man bedenkt, wie katastrophal der Rest des Monats war", schrieb Craig Erlam, leitender Marktanalyst beim Handelshaus Oanda, mit Blick auf die jüngsten Probleme im Bankensektor. Diese hatten zu einem Ausverkauf in der Branche geführt, der negativ auf den Gesamtmarkt ausstrahlte.
Thema des Tages an der Wall Street waren heute aber nicht die Banken, sondern neue Inflationsdaten. Diese fielen moderat aus und schürten die Hoffnung der Anleger, dass der Zinsgipfel der Notenbank Federal Reserve (Fed) bald erreicht sein wird. Am Markt rechnen die Marktteilnehmer mehrheitlich nur noch mit einer Zinserhöhung von 25 Basispunkten im Mai.
Ein Inflationsmaß, das die Währungshüter besonders im Auge halten, bilden die persönlichen Ausgaben der Konsumenten. Dabei bleiben die schwankungsanfälligen Nahrungsmittel- und Energiekosten außen vor. Dieser sogenannte PCE-Kernindex fiel im Februar im Jahresvergleich überraschend auf eine Jahresteuerungsrate von 4,6 Prozent - nach 4,7 Prozent im Januar. Im Monatsvergleich lag die Rate bei plus 0,3 Prozent. Erwartet worden war eine Jahresrate von 4,7 und eine monatliche Entwicklung von 0,4 Prozent.
Der private Konsum ist ein Eckpfeiler der US-Wirtschaft, die auch dank der Kauflaune der Verbraucher vor der Jahreswende auf Wachstumskurs blieb. Als gutes Omen für den Konjunkturverlauf gilt, dass die Konsumlaune im März überraschend gestiegen ist. Der noch immer recht hohe Preisdruck wirkt allerdings als Stimmungsbremse, da er die Kaufkraft der Verbraucher mindert.
"Es war kein dramatischer Bericht, aber er zeigt, dass sich die Inflation abkühlt", sagte David Waddell, Investmentexperte bei Waddell & Associates. "Die Fed muss nicht weiter gehen. Es ist das Risiko einer weiteren Destabilisierung des Bankensystems nicht wert."
Die Präsidentin der Boston Fed, Susan Collins, bemerkte, dass es für die Zentralbank noch früh sei, zu beurteilen, ob ihre Zinserhöhungen weit genug gegangen seien, um die Inflation wieder auf Kurs für das Ziel der Fed von zwei Prozent zu bringen. Zuletzt hatte die Fed den Leitzins um einen viertel Prozentpunkt auf die neue Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent angehoben.
Auf dem Weg zum höchsten Punkt ihres Zinspfads blickt die Fed nicht nur auf die Inflationsdaten, sondern vor allem auch auf den Arbeitsmarkt. Die Notenbanker wollen erreichen, dass sich der heiß gelaufene Jobmarkt abkühlt und damit auch der starke Preisauftrieb nachhaltig nachlassen kann. Bei den am Freitag erwarteten Daten für März wird mit einem verlangsamten, aber weiterhin robusten Stellenaufbau gerechnet. Befragte Ökonomen erwarten ein Plus von 240.000 Stellen - nach 311.000 im Februar.
Heimische Anleger können erst am Dienstag nach den Zahlen (11.4.) reagieren, da die heimische Börse auch am Ostermontag geschlossen bliebt. Auch in New York ist die Börse am Karfreitag geschlossen, die Zahlen werden aber trotzdem veröffentlicht. Am Montag wird dann an der Wall Street gehandelt.
Unter den Einzelwerten sorgten Virgin Orbit, eher ein Leichtgewicht auf dem Kurszettel, für viel Aufsehen. Denn nach einem gescheiterten Satellitenstart in diesem Jahr entlässt das Raumfahrtunternehmen Virgin Orbit 675 Mitarbeiter und somit etwa 85 Prozent der Beschäftigten. Das geht aus einer Mitteilung des Unternehmens des britischen Milliardärs Richard Branson an die US-Börsenaufsicht SEC hervor.
Die Aktie brach um 41 Prozent ein. Sie war allerdings schon Mitte März unter einen US-Dollar gesunken und ist somit ein Pennystock. Das Unternehmen ist an der Börse nurmehr gut 70 Millionen Dollar wert. Anfang 2022 belief sich der Börsenwert noch auf 3,8 Milliarden Dollar.
Mit einem Tagesgewinn von 0,69 Prozent auf 15.628 Punkte hat der deutsche Leitindex DAX eine sehr erfolgreiche Börsenwoche abgeschlossen. Getragen vor allem von nachlassenden Ängsten um den Bankensektor wagten sich die Anleger wieder stärker vor und bescherten dem Index einen Wochengewinn von 4,5 Prozent.
Moderat ausgefallene Inflationsdaten aus den Vereinigten Staaten gaben zusätzlichen Rückenwind. Zudem gab es keine schlechten Nachrichten aus dem Bankensektor. Zuletzt kehrte insbesondere das durch den Kollaps der Silicon Valley Bank und die Notübernahme der Credit Suisse erschütterte Vertrauen der Anleger wieder langsam zurück.
Der DAX knüpfte damit an seine Gewinne der Vortage an und erreichte im Tageshoch 15.659 Punkte. Sogar das Allzeithoch bei 16.290 Punkten rückt damit immer näher.
Auch die Quartalsbilanz im DAX fällt außerordentlich gut aus: In den ersten drei Monaten des laufenden Börsenjahres hat das deutsche Börsenbarometer ein Kursplus von rund zwölf Prozent eingefahren.
Die Erholung sei angesichts der noch vor einigen Tagen herrschenden Panik im Bankensektor beeindruckend, sagte Marktexperte Jochen Stanzl von CMC Markets. Viele Anleger wollten noch einsteigen und offenbar weitere Gewinne in Richtung Jahreshoch, von dem der DAX noch rund 80 Punkte entfernt ist, nicht verpassen.
Unter den Einzelwerten fiel im DAX erneut die T-Aktie positiv auf, die ihren steilen Aufschwung fortsetzte. Im ersten Quartal legte das Papier rund 20 Prozent zu und steht damit besser da als der DAX. Am Ende schloss die Aktie knapp ein Prozent im Plus und blieb nur knapp unter ihrem Tageshoch bei 22,40 Euro.
Dieses Niveau erreichte die dividendenstarke Aktie zuletzt Anfang des Jahrtausends. Vor allem das wachstumsstarke US-Geschäft ihrer Tochter T-Mobile US wird von Analysten schon länger gelobt, die ihre Kursziele zuletzt stetig angehoben haben. Am Mittwoch kommender Woche bittet das Bonner Unternehmen zur Hauptversammlung, auf der eine erhöhte Dividende von 0,70 Euro beschlossen werden soll.
Zum Wochenschluss rücken nach der Bankenkrise die Themen Inflation und Zinsen wieder verstärkt in den Fokus der Anleger. In der Eurozone hat sich die Inflation im März zwar deutlich abgeschwächt, die Verbraucherpreise erhöhten sich gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,9 Prozent. Doch die Kerninflationsrate, bei der schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel herausgerechnet werden, stieg auf ein Rekordniveau von 5,7 Prozent.
Das dürfte die Währungshüter der Europäischen Zentralbank (EZB) alarmieren. "Die EZB hat zuletzt wiederholt betont, dass sie aktuell vor allem auf die Kernteuerungsrate schaut. Insofern steht die Notenbank weiter unter Druck, die Leitzinsen anzuheben", erklärt Commerzbank-Ökonom Christoph Weil.
Das Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Francois Villeroy de Galhau, hat derweil weiter steigende Zinsen im Kampf gegen die hohe Inflation signalisiert. Zwar habe die Notenbank bei den Zinserhöhungen bereits "den größten Teil des Weges der Zinserhöhungen" absolviert, sagte der französische Notenbankchef in einem heute veröffentlichten Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). "Aber wir haben möglicherweise noch ein Stück vor uns", betonte Villeroy de Galhau. Seiner Einschätzung nach geht es nun darum, "die erforderliche Dauer durchzuhalten".
Nach Einschätzung von Villeroy de Galhau besteht die Gefahr, dass die Inflation "hartnäckiger ist". Der Notenbanker wies in dem Interview auf die Bedeutung der Kerninflation hin. "Wir werden den Kampf gegen die Inflation erst dann gewonnen haben, wenn wir auch diese Kerninflation angegangen sind." Die EZB strebt mittelfristig eine Inflationsrate von zwei Prozent an, bei der sie die Stabilität der Preise als gewährleistet ansieht.
Angesichts der jüngsten Turbulenzen im Bankensektor hatte EZB-Chefin Christine Lagarde zuletzt angekündigt, dass die Währungshüter vorerst auf Sicht fahren wollen. Einen konkreten Zinsausblick für die nächsten Sitzungen legten sie nicht vor. Mehrere Notenbanker, darunter Chefvolkswirt Philip Lane, hatten aber zuletzt weitere Zinserhöhungen für wahrscheinlich gehalten.
Die Ölpreise legen weiter zu. Am späten Nachmittag kostet ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Mai ein halbes Prozent mehr, die US-Leichtölsorte WTI steigt sogar um 1,3 Prozent.
Für tendenziellen Preisauftrieb sorgt, dass sich die Bankturbulenzen in den USA und Europa beruhigt haben. Gestützt werden die Erdölpreise auch durch den andauernden Streit zwischen dem Irak, der Türkei und kurdischen Behörden. Der Disput verhindert seit einigen Tagen die Ausfuhr von etwa 400.000 Barrel Öl je Tag aus der Türkei.
Der Euro ist wieder unter die Marke von 1,09 Dollar gerutscht. Zuletzt wurden im US-Handel für einen Euro 1,0842 Dollar gezahlt. Der Euro profitierte zuletzt von den nachlassenden US-Zinserwartungen und der gesunkenen Risikoaversion der Anleger. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,0875 (Donnerstag: 1,0886) Dollar fest.
Die Stimmung der US-Verbraucher hat sich im März derweil spürbar und stärker als bisher bekannt eingetrübt. Das von der Universität Michigan erhobene Konsumklima fiel von 67,0 Punkten im Vormonat auf 62,0 Punkte, wie die Universität am Freitag nach einer zweiten Schätzung mitteilte. In einer ersten Erhebung war nur ein Rückgang auf 63,4 Punkte gemeldet worden und Analysten hatten einen Indexwert von 63,3 Punkten erwartet.
Der Stimmungsdämpfer im März ist der erste seit vergangenen November. Laut Joanne Hsu, die für die Umfrage verantwortlich ist, steht die Stimmungseintrübung nur begrenzt im Zusammenhang mit den jüngsten Bankenturbulenzen. Vielmehr gebe es mittlerweile zahlreiche Hinweise, dass die Verbraucher zunehmend eine Rezession in den USA befürchteten.
Siemens macht die milliardenschwere Abschreibung auf die Beteiligung an seiner ehemaligen Energietechnik-Tochter Siemens Energy zum Teil wieder rückgängig. Die Aktien von Siemens Energy seien zuletzt so stark gestiegen, dass der Technologiekonzern den Wert seiner Anteile zum Quartalsende wieder um 1,59 Milliarden Euro erhöhen müsse, teilte die Siemens AG am Freitag mit.
Erst vor neun Monaten hatte Finanzvorstand Ralf Thomas das Aktienpaket um 2,7 Milliarden abgeschrieben, nachdem die Papiere bis auf 13,99 Euro gefallen waren. Mit der Komplettübernahme der Windkraft-Tochter Siemens Gamesa hatten die Aktionäre aber neues Vertrauen in den Energietechnik-Konzern gefasst. Trotz einer milliardenschweren Kapitalerhöhung lagen die Aktien am Freitag zum Handelsschluss bei 20,24 Euro. Die Siemens AG hält noch 32 Prozent an Siemens Energy.
Der 2,4 Milliarden Euro teure Kauf des französischen Biotechunternehmens Polyplus kam bei Sartorius-Anlegern nicht gut an. Die Aktien des Laborausrüster verloren über fünf Prozent und waren damit größter Verlierer im DAX. Das Papier hat höhere Verluste aber im Verlauf etwas eingegrenzt. Ein Händler bezeichnete den Deal als "zu teuer".
Trotz einer kräftigen Steigerung von Umsatz und Gewinn im vergangenen Jahr gingen Jungheinrich-Aktien auf Talfahrt. Die Papiere des Gabelstapler-Herstellers fielen um fast acht Prozent und bildeten damit das Schlusslicht im MDAX. Der Margenausblick für 2023 sei den Anlegern nicht gut genug, sagt ein Börsianer. Der Konzern rechnet mit einer Ebit-Rendite von 7,3 Prozent bis 8,1 Prozent nach 8,1 Prozent im Jahr 2022.
Der Windkraftanlagen-Hersteller Nordex kann auch in diesem Jahr einen operativen Verlust nicht ausschließen. Die Marge vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) soll sich 2023 zwischen minus zwei und plus drei Prozent bewegen, erklärte das Unternehmen bei der Vorlage endgültiger Geschäftszahlen für 2022. Die Aktie verlor nur leicht und konnte höhere Verluste im Verlauf eingrenzen.