Aktienfonds Welche Risiken es bei der Geldanlage mit ETFs gibt
Geringe Kosten und einfacher Handel: Es gibt viele Vorteile von ETFs. Doch den meisten Privatanlegern geht es bei der Altersvorsorge vor allem um Sicherheit. Was sind also die Risiken?
Für zwei Drittel der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger steht laut einer Umfrage des Bankenverbands bei der Geldanlage ein Thema im Vordergrund: die Sicherheit. Noch immer sieht eine Mehrheit der Deutschen Aktien für die Altersvorsorge daher kritisch. Das liegt wohl vor allem am Platzen der Dotcom-Blase Anfang der 2000er-Jahre. Ein paar Jahre später kam auch noch die Finanzkrise hinzu.
"Wen es da zweimal erwischt hat, der hat halt eventuell einfach dann jetzt so - auf Deutsch gesagt - die Schnauze voll und möchte lieber sichere Geldanlagen machen", sagt Karin Baur vom Verbrauchermagazin Finanztest im ARD-Podcast "Gold & Asche: Projekt ETF". Auch bei der Geldanlage mit Exchanged Traded Funds (ETFs) gibt es Risiken. Welche sind das und wie können sie reduziert werden?
ETFs (Exchange Traded Funds) sind börsengehandelte Fonds oder Indexfonds, die die Wertentwicklung eines Index wie den DAX oder den Dow Jones abbilden. Steigt der DAX um ein Prozent, dann würde auch der ETF auf den DAX um ein Prozent steigen. In einem DAX-ETF stecken in der Regel alle 40 Unternehmen aus dem Index - etwa VW, SAP oder Siemens.
ETFs ermöglichen es also, zu jeder Zeit in eine breite Auswahl von Aktien oder anderen Wertpapieren gleichzeitig zu investieren - und das auch schon mit geringen Summen. Anleger können Anteile zum Beispiel per Sparplan kaufen.
Unternehmens- und Marktrisiko als größte Gefahr
Bei der Risikobewertung von Finanzprodukten kommt es immer erst einmal darauf an, was überhaupt miteinander verglichen wird. Natürlich ist ein Bankkonto sicherer als ein Sparplan in einen Aktien-ETF, dafür kommt dabei auch nicht viel rum. Im Gegenteil: Liegt das Geld einfach auf dem Girokonto herum, verliert es wegen der Inflation sogar jährlich an Wert. Hendrik Buhrs, Experte im Bereich Geldanlage bei Finanztip, nennt beim Thema ETF zwei große Risikotypen: das Unternehmens- und das Marktrisiko.
"Unternehmensrisiko bedeutet, dass sich das Unternehmen, in das ich investiere, nicht so vorteilhaft entwickelt wie erhofft. Das führt dazu, dass der Aktienkurs sinkt und dass ich, wenn ich in dem Moment verkaufen muss, einen Verlust realisiere", erklärt der Fachmann. Das könne dadurch ausgeglichen werden, indem sich nicht nur auf eine oder wenige Firmen konzentriert werde, sondern auf möglichst viele. "Das ist eben das Geheimnis bei einer guten ETF-Auswahl: dass ich zu einem ETF greife, in dem möglichst viele unterschiedliche Unternehmen drin sind", so Buhrs.
Daneben gibt es noch das Marktrisiko, weil auch der gesamte Aktienmarkt grundsätzlich schwankt. Verkaufen viele Anleger Aktien, weil eine große Zahl von Unternehmen in Schwierigkeiten steckt, können innerhalb von wenigen Tagen die Märkte einbrechen - wie etwa zu Beginn der Corona-Pandemie. Auch mit einer breiten Streuung muss dann mit großen Verlusten gerechnet werden. Eine Möglichkeit, dieses Risiko zu minimieren, sei ein langer Anlagehorizont, sagt Buhrs: "Die Erfahrung zeigt, dass sich die Schwankungen am Aktienmarkt nach vielen Jahren wieder ausgleichen." Ein grober Richtwert für einen weltweiten Aktienkorb liege bei 15 Jahren.
In der zweiten Staffel von "Gold & Asche" der ARD-Finanzredaktion wird in sechs Folgen Schritt für Schritt das Wichtigste bei der Geldanlage mit ETFs beleuchtet - mit Hintergründen und Expertenwissen. Zu hören in der ARD-Audiothek und überall, wo es Podcasts gibt. Die einzelnen Episoden finden Sie hier.
Folge 1: Warum eigentlich ETFs? (14. August)
Folge 2: Welche ETFs gibt es? (21. August)
Folge 3: Maschinenraum ETF (28. August)
Folge 4: Risiken und Kritik an ETFs (4. September)
Folge 5: Wie finde ich das richtige Depot (11. September)
Folge 6: Wie baue ich mein ETF-Portfolio auf? (18. September)
Langer Anlagehorizont entscheidend
Christoph Hommel von der Verbraucherzentrale NRW hat daher einen einfachen Tipp parat: "Ich sage immer, druckt euch den Chart aus vom MSCI World, hängt ihn euch den neben das Bett, und wenn ihr nachts mal schweißgebadet aufwacht, weil die Aktien entsprechend im Minus sind, dann guckt kurz auf den Chart und seht, okay, es ist immer wieder hochgegangen." Und es gebe sogar einen Vorteil in schlechteren Zeiten: Sparerinnen und Sparer können günstig nachkaufen.
Eine Art der psychologischen Absicherung könnte ein Sparplan sein. Damit fällt es leichter, auch in Krisenphasen ruhig zu bleiben und weiterhin in den Aktienmarkt zu investieren. Denn einmal eingestellt, läuft er automatisch als Autopilot, und es wird jeden Monat ein bestimmter Betrag nachgekauft - ohne dass darüber nachgedacht werden muss, ob gerade eine gute Gelegenheit ist. Abgesehen davon ist jedoch eine Einzelanlage in ETFs oft besser, weil man über eine längere Zeit mit einer größeren Summe im Markt investiert ist. Was für den einzelnen Privatanleger am besten funktioniert, ist aber eine sehr individuelle Frage.
Darüber hinaus haben viele Verbraucherinnen und Verbraucher Angst, dass der Aktienmarkt crasht, wenn sie das Rentenalter erreichen und sie eigentlich ihre ETFs verkaufen wollen. Wie sich eine Aktienanlage genau entwickelt, ist nicht vorhersehbar. Wenn man also zu einem ganz konkreten Termin eine bestimmte Summe benötigt, sollte man an der Börse vorsichtig sein. Wenn das Ziel aber eine zusätzliche private Rente ist, kann auch noch mit Mitte 60 ein Depot eröffnet werden. Auch dann ist noch eine Menge Zeit, um eine gute Rendite zu erzielen.
Klumpenrisiko bei zu engen ETFs
Eine weitere Risikoart bei ETFs ist das Klumpenrisiko. Aufhängen kann man das ganz gut an der Kritik, die es immer wieder am Weltindex MSCI World gibt. Häufig wird gesagt, dass er nicht so gut diversifiziert - also breit gestreut - sei, weil mittlerweile mehr als 70 Prozent der Aktien von US-Unternehmen sind. Allein die zehn größten Einzelpositionen kommen aus den USA. Dazu gibt es einen Fokus auf High-Tech-Konzerne. Der Grund: Der MSCI World ist nach der Marktkapitalisierung gewichtet. Das heißt, die größten Firmen haben auch das größte Gewicht - aktuell eben US-Unternehmen aus der Technologiebranche.
Das müsse aber nicht so bleiben, betont Experte Buhrs. Es könne sein, dass beispielsweise China in ein paar Jahrzehnten im MSCI World aufgenommen und den Ton angeben wird. "Das wissen wir heute alles noch nicht. Aber was wir garantiert wissen, ist, dass ein MSCI World aufgrund dieser recht offenen Logik und Konstruktionsweise diese Trends mitmachen wird." Zudem erwirtschaften die US-Konzerne an der Spitze - also Nvidia, Microsoft, Apple, Amazon, der Facebook-Konzern Meta oder die Google-Mutter Alphabet - ihre Umsätze ohnehin überall auf der Welt und nicht nur in den USA.
Dazu kommt, dass viele Alternativen ein größeres Klumpenrisiko haben, wie Verbraucherberater Hommel berichtet: "Ich habe mal gelesen, dass 80 Prozent der Deutschen ausschließlich in deutsche Aktien investieren." Wesentlich relevanter ist das Klumpenrisiko darüber hinaus bei Themen-ETFs. Das sind ETFs auf einen Index, der nur Unternehmen aus einer bestimmten Branche, einer Region oder nur Firmen enthält, die Themen wie Elektromobilität, Solarkraft oder Robotik behandeln. Diese sollten Anleger wenn überhaupt nur als Beimischung im Depot haben, auch wenn sie teils hohe Renditen bringen können. Denn sonst droht ein Totalverlust.
Unterschiedliche ETF-Konstruktionen sind unterschiedlich riskant
Auch die Replikationsmethode, also wie ein ETF gebaut wird, spielt beim Risiko eine Rolle - vor allem bei synthetisch konstruierten ETFs. Dabei wird der Börsenindex durch Tauschgeschäfte des ETF-Anbieters mit anderen Finanzinstituten künstlich nachgestellt. Das heißt, Aktien werden mit anderen Aktien getauscht, um exakt die gleiche Werteentwicklung zu erreichen wie der Index. Diese ETFs sind zwar manchmal günstiger, dafür ist aber auch ein zusätzliches Finanzinstitut - in der Regel Investmentbanken oder Hedgefonds - eingebunden. Dadurch kommt es zu einem sogenannten Kontrahentenrisiko.
Wenn der Tauschpartner, der die Aktien mit der passenden Performance bereitstellt, plötzlich Zahlungsschwierigkeiten hat, können die Verluste im Vergleich zum Index eventuell nicht aufgefangen werden. Um das zu verhindern, sind ETFs aufsichtsrechtlich durch die europäischen Vorschriften zur Regulierung von Investmentfonds (OGAW) abgesichert. So darf der Wert der sogenannten Swaps höchstens zehn Prozent des Fondsvermögens betragen, und die Abweichung der Performance darf ebenfalls nur zehn Prozent betragen. Das muss täglich überprüft werden. Zudem treffen auch ETF-Anbieter bestimmte Vorkehrungen, indem sie zusätzliche Sicherheiten von den Partnern verlangen.
"Ich sehe keine Gefahr bei synthetischen ETF, denn es gibt genügend Sicherheitsvorkehrungen, die den Anlegerinnen und Anlegern auch den Gegenwert garantieren", meint daher Finanztip-Experte Buhrs. Außerdem seien stets vertrauenswürdige Vertragspartner wie internationale Großbanken beteiligt. "Ich würde mir also bei synthetischen ETFs keine Sorgen machen." Außerdem habe ein Anleger stets die Möglichkeit, einen ETF in einer physisch replizierten Version zu kaufen, in dem die Aktien also tatsächlich enthalten sind.
Bei Anleihen-ETFs kommen noch zwei Risiken dazu
Zuletzt ist auch das Währungsrisiko bei ETFs einen Blick wert. Die Währung, in der der Fonds aufgelegt ist, sagt bei großen Aktienindizes erst einmal nichts über das Währungsrisiko aus. Denn alle im Index enthaltenen Unternehmen haben selbst viele verschiedene Währungsrisiken, weil sie ihre Umsätze in zahlreichen Ländern mit unterschiedlichen Währungen erwirtschaften. Wer sein Geld im Portfolio also möglichst breit über unterschiedliche Währungen verteilt, muss sich um Währungsrisiken langfristig keine so große Gedanken machen: Langfristig gleichen sich die Schwankungen aus.
Anders ist das bei Anleihen-ETFs, bei denen es sinnvoll sein kann, das Währungsrisiko abzusichern. Deren Ertragschancen sind nämlich deutlich geringer als die von Aktien-ETFs. Dafür gibt es spezielle ETFs, die währungsgesichert sind.
Bei Anleihen-ETFs kommt noch ein weiteres Risiko hinzu: das Zinsänderungsrisiko. Anlegerinnen und Anleger bekommen einen Zins für eine festgelegte Laufzeit. Wenn eine Anleihe bei der Ausgabe 100 Euro wert ist und pro Jahr mit drei Prozent verzinst wird, gibt es eine jährliche Rendite von drei Euro. Diese Berechnung setzt aber voraus, dass alle die Anleihe bis zur Fälligkeit halten. Das ist aber nicht so. Denn wenn die Zinsen steigen, sinkt in der Regel der Kurs, weil die Investoren ihre Anleihen verkaufen, um neue Papiere mit höheren Zinsen zu kaufen. Wenn das viele machen, sinkt der Kurs der Anleihe, und man macht bei einem Verkauf vor Ende der Laufzeit Verluste.