Wachsende Kritik am EU-Programm Das Klimaschutzpaket wird wieder aufgeschnürt
Gegen die EU-Klimaschutzpolitik regt sich zunehmend Widerstand: Mehrere Umweltminister verlangen eine Aufweichung der Regelungen zum Emissionshandel. Berlin will zudem die vorgeschlagenen Abgas-Grenzwerte für Autos kippen, da diese die deutschen Hersteller benachteiligen sollen.
Das Ringen um die Lastenverteilung in der EU-Klimaschutzpolitik ist eröffnet: Bei Beratungen der Umweltminister der Europäischen Union stellten sieben osteuropäische Staaten die Vorschläge der EU-Kommission grundsätzlich in Frage. Zahlreiche EU-Staaten befürchten bei einer Verschärfung des Emissionshandels ab 2013 die Verlagerung von Arbeitsplätzen in Drittländer. Bei Beratungen in Brüssel forderten der deutsche Umweltstaatssekretär Matthias Machnig und Vertreter von zehn weiteren Ländern, die EU-Kommission müsse schnell Ausnahmeregeln für besonders gefährdete Branchen festlegen.
Die deutsche und die österreichische Regierung forderten, nicht erst 2011 zu entscheiden, welche Branchen für ihre klimabelastenden CO2-Emissionen in einem Handelssystem bezahlen sollen. Die Unternehmen bräuchten Planungssicherheit, sonst hielten sie sich mit Investitionen zurück.
Frühere Erfolge werden nicht mehr gewertet
Die Kritik der osteuropäischen Länder entzündet sich daran, dass die EU-Kommission bei ihren Ende Januar veröffentlichten Klimaschutz-Vorgaben die bisherigen Emissionsminderungen in den einzelnen Mitgliedstaaten nicht berücksichtigt. Der litauische Umweltminister Arturas Paulauskas warf der Brüsseler Behörde vor, sie benachteilige alle Länder, die ihren Treibhausgas-Ausstoß in den vergangenen Jahren bereits erheblich reduziert hätten.
In den ehemaligen Ostblock-Staaten sind die Treibhausgas-Emissionen wegen des Zusammenbruchs der sozialistischen Industrieproduktion in den 90er Jahren deutlich zurückgegangen. Die EU-Kommission berechnete ihre im Januar veröffentlichten Klimaschutz-Vorgaben für die einzelnen Mitgliedstaaten jedoch auf Grundlage des Jahres 2005 und nicht, wie bislang international üblich, im Vergleich zu 1990.
Deutschland will Auto-Grenzwerte kippen
Machnig bekräftigte auch den Widerstand der Bundesregierung gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Abgas-Grenzwerte für Autos. "Wir müssen aufpassen, dass wir hier Umweltpolitik machen und nicht Industriepolitik", sagte er zum Auftakt der Beratungen. Die Bundesregierung sieht in dem Kommissionsvorschlag eine Benachteiligung der deutschen Premium-Hersteller, weil diese den Treibhausgas-Ausstoß ihrer Neufahrzeuge stärker senken müssten als etwa die italienische oder französische Konkurrenz. Die EU-Kommission sieht ab 2012 hohe Geldstrafen vor, wenn Neuwagen mehr umweltschädliches Kohlenstoffdioxid (CO2) ausstoßen als von der EU erlaubt.
Schweden, Irland und die Niederlande riefen die Kommission unterdessen zu größerem Ehrgeiz auf. Sie müsse möglichst schnell festlegen, "wie wir bis 2020 das Ziel einer Verringerung der Treibhausgase um 30 Prozent erreichen können", forderte der irische Umweltminister John Gormley. In ihrem Klimaschutzpaket geht die Kommission nur von einer Verringerung um 20 Prozent aus. Die EU hat sich aber bereits dazu verpflichtet, ihre Emissionen um 30 Prozent zu senken, falls die übrigen Industriestaaten mitziehen.