EU-Gipfel in Brüssel Gesucht wird: ein krisenfester Euro
Thema beim heutigen EU-Gipfel: die Schuldenkrise. Die Euro-Staaten wollen einen Krisenmechanismus für die Zeit nach dem Rettungsschirm schaffen. Auch den EU-Vertrag wollen sie ändern, etwas zumindest. Weitere Maßnahmen soll es aber nicht geben. Damit dürfte sich Deutschland weitgehend durchsetzen.
Von Martin Bohne, MDR-Hörfunkstudio Brüssel
Die Bundeskanzlerin dürfte mit dem Einladungsschreiben des Präsidenten des Europäischen Rates, Herman Van Rompuy, zufrieden sein. Auf dem Gipfel sollen genau die beiden Dinge beredet und beschlossen werden, die Angela Merkel in ihrer gestrigen Regierungserklärung eingefordert hatte: "Erstens, die Grundzüge eines auf Dauer angelegten robusten Krisenbewältigungsrahmens der Mitgliedsstaaten zu entwickeln. Und zweitens einen Vorschlag für die zur Einrichtung des Mechanismus erforderliche eng begrenzte Vertragsänderung vorzulegen."
Auf die Grundzüge des dauerhaften Euro-Rettungsschirms, der 2013 den jetzigen vorläufigen Mechanismus ablösen soll, hatten sich die EU-Finanzminister bereits Ende November geeinigt. Dieser Vorschlag wird von den Regierungschefs nun wohl ohne große Diskussionen abgesegnet werden.
Schwierige Diskussion um Vetragsänderung
Schwieriger dürfte sich die Diskussion um den Text der angestrebten Änderung des EU-Vertrages gestalten. Auch diese ist eine deutsche Idee, auf die sich die anderen ohne große Begeisterung eingelassen haben. Ratspräsident von Rompuy schlägt nun vor, zwei Sätze einzufügen. Darin wird den Euro-Staaten die Möglichkeit eingeräumt, einen Stabilitätsmechanismus einzurichten. Und Finanzhilfen dürfen nur gewährt werden, wenn die Krisenstaaten sich strengen Sparzwängen unterwerfen.
Die Bundesregierung hätte den Text aber gern noch etwas schärfer, wie Bundesaußenminister Guido Westerwelle in dieser Woche in Brüssel zu Protokoll gab: "Wir wollen die ultima ratio: Das heißt, der Krisenmechanismus wirkt als letztes Mittel, wenn insgesamt unsere Währung durch Schieflagen in einzelnen Ländern bedroht ist. Wir wollen eine Einstimmigkeit. Das heißt: dass gegen Deutschland nicht Mittel aus Deutschland eingeplant oder verwendet werden können.
"Etappensieg für Bundesregierung?
Aus EU-Kreisen ist aber zu hören, dass die deutschen Extrawünsche wahrscheinlich keine Berücksichtigung finden werden. Die Bundeskanzlerin feierte die Vertragsänderung dennoch vorab schon mal als großen Erfolg: "Wer hätte noch vor wenigen Wochen für möglich gehalten, dass wir das schaffen können in Europa. Was wurde nicht alles vorhergesagt. Und wir haben uns davon nicht entmutigen lassen und konsequent für den Weg gearbeitet, den Europa jetzt eingeschlagen hat."
Im Streit um den besten Weg aus der Schuldenkrise dürften die Deutschen auf dem Gipfel also einen Etappensieg erringen. Das spiegelt sich auch darin wieder, dass andere Vorschläge, die in den letzten Tagen hochkamen, auf dem Treffen der EU-Chefs bestenfalls am Rande eine Rolle spielen werden. So eine Aufstockung des gegenwärtigen Rettungsschirms - aus Angst, dass die 750 Milliarden Euro nicht reichen, wenn nach Irland noch weitere Staaten den Schirm in Anspruch nehmen müssen. Dazu kam aus Berlin ein sofortiges und entschiedenes Nein. Ebenso zu dem Vorschlag des luxemburgischen Regierungschefs Juncker, so genannte Eurobonds, also gemeinsame Anleihen der Euro-Staaten, herauszugeben. Die Deutschen fürchten, dass sie dann für die Schulden der anderen mithaften müssen.
"Unter Freunden muss man auch etwas heftiger reden"
Das brüske Nein aus Berlin hat den Luxemburger EU-Veteranen schwer verärgert. Er warf der Kanzlerin simples und uneuropäisches Denken vor. Zumindest ansprechen will er seine Idee auf dem Gipfel: "Unter Freunden muss man darüber reden, auch etwas heftiger reden. Aber ich bin davon überzeugt, dass diese Euro-Anleihen ein Instrument sein könnten und eines Tages auch sein werden."
Der Vorwurf an die Adresse der Deutschen, egoistisch zu handeln und zu wenig Solidarität mit den schwachen Euro-Partnern zu zeigen, wurden so in den letzten Tagen wieder lauter. Die gemeinsame Währung scheint die Euro-Staaten derzeit eher zu trennen als zu vereinen.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso hat daher noch eine andere Idee, was zu tun ist, um die Märkte zu beruhigen: "Wir müssen zeigen, dass die EU die Dinge unter Kontrolle hat, dass wir mit einer Stimme sprechen und einheitlich handeln. Was wir nicht brauchen, ist ein Schönheitswettbewerb der EU-Führer, ein Durcheinander von gegensätzlichen Szenarien." Und der Gipfel müsse dieses Signal der Geschlossenheit aussenden.