Warnung vor Risiken Künstlicher Intelligenz Chatbots bald "intelligenter als wir"?
Geoffrey Hinton gilt als Pionier bei der Forschung zu Künstlicher Intelligenz. Bis zuletzt arbeitete er für den Google-Konzern. Dort hat er nun aufgehört - um vor "ernsten Risiken für Gesellschaft und Menschheit" zu warnen.
Einer der ersten Forscher auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) hat eindringlich vor den Gefahren der neuen Technologie gewarnt. Der Entwickler Geoffrey Hinton hat seine Position beim US-Konzern Google aufgegeben, um besser auf Risiken der Technologie aufmerksam machen zu können.
In Interviews mit der britischen BBC und der "New York Times" warnte der Experte vor kaum kontrollierbaren Folgen der neuen technologischen Entwicklungen: Die KI-Programme seien "derzeit noch nicht intelligenter als wir, soweit ich das beurteilen kann. Aber sie könnten es bald sein." Google und das Unternehmen OpenAI - das Startup, das den bekannten Chatbot ChatGPT entwickelt hat - setzen lernende Software ein, die sehr viel größere Datenmenge nutzt als zuvor. Grundlage dafür war auch Hintons Forschung zu "Deep Learning" und sogenannten "neuronalen Netzen".
Folgen für den Arbeitsmarkt
Die Gefahren im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz seien vielfältig und gleichzeitig kaum zu überblicken, sagte Hinton. Es gehe um "ernste Risiken für die Gesellschaft und für die Menschheit". Der harte Wettbewerb bringe die Technologieunternehmen dazu, "in einem gefährlichen Tempo" immer neue KI zu entwickeln. Damit breiteten sich etwa Falschinformationen aus. "Es ist schwierig sich vorzustellen, wie man die Bösen daran hindert, KI für böse Dinge einzusetzen".
Mit Blick auf Arbeitsplätze sagte Hinton, Künstliche Intelligenz könne die "Sklavenarbeit" überflüssig machen. "Aber sie könnte noch viel mehr wegnehmen."
Forschung seit den 1980er-Jahren
Der britisch-kanadische Forscher Hinton hatte in den 1980er-Jahren mit der Erforschung "neuronaler Netze" begonnen und 2012 mit einer eigenen Firma eine der ersten selbst-lernenden Software-Anwendungen geschaffen. Die "New York Times" bezeichnet ihn als "Godfather" der Künstlichen Intelligenz. Der heute 75-jährige Hinton arbeitete bei Google bis zuletzt an der Weiterentwicklung von KI-Anwendungen.
Kognitiver Psychologe und Computerwissenschaftler: Geoffrey Hinton hat jahrzehntelang über Künstliche Intelligenz geforscht.
Seine Kündigung bei dem US-Unternehmen begründete er damit, dass er so besser auf die Risiken des Technologiesprungs der vergangenen Jahre aufmerksam machen könne. Aber auch sein Alter habe eine Rolle gespielt. Ein Teil von ihm, so Hinton, bedauere sein Lebenswerk. Er tröste sich derzeit mit dem Gedanken: "Wenn ich es nicht getan hätte, hätte es jemand anders gemacht."
Experten fordern Entwicklungspause
Hintons ehemaliger Arbeitgeber Google erklärte in einer Mitteilung, man danke Hinton für seine Arbeit. Google fühle sich auch weiterhin "zu einem verantwortungsvollen Umgang mit KI verpflichtet". Google lerne beim Verständnis der Risiken beständig dazu - und führe gleichzeitig weiterhin "kühn" Neuerungen ein.
Die Warnungen aus der Technologie-Branche selbst und von unabhängigen Experten waren zuletzt immer lauter geworden. Ende März hatten der Tech-Milliardär Elon Musk und zahlreiche Experten eine Pause bei der Entwicklung von besonders fortgeschrittener Künstlicher Intelligenz gefordert. "KI-Systeme mit einer Intelligenz, die Menschen Konkurrenz macht, können große Risiken für Gesellschaft und Menschheit bergen", hieß es in einem offenen Brief. "Mächtige KI-Systeme sollten erst dann entwickelt werden, wenn wir zuversichtlich sind, dass ihre Auswirkungen positiv und ihre Risiken kontrollierbar sind."