Marketing bei Social Media Wie Influencer die Werbewelt umkrempeln
Deutschland zählt beim Influencer-Marketing zu den Top-Märkten weltweit. Dabei gelten auch User ab 50 Jahren als lohnende Zielgruppe. Doch wie funktioniert das Marketing per Social Media?
Mit fast 870.000 Followern auf Instagram gehört Janine Fischer zu Deutschlands erfolgreichsten Influencerinnen. Sie bringt ihrem Publikum die Themen Lifestyle mit Kindern, Kochen, Fitness und Schönheit näher.
Vor ihrer Online-Karriere hat die 36-Jährige als Markenmanagerin für verschiedene Unternehmen daran gearbeitet, deren Marktanteil weiter auszubauen. Als Influencerin ist sie selbständig und vermarktet sich selbst. Zu ihren Auftraggebern gehört beispielsweise der weltweit größte Kosmetikhersteller L'Oréal. Für den französischen Konzern dreht sie kurze Produktvideos und veröffentlicht sie mit einer Kaufempfehlung auf ihrem Instagram-Kanal.
Der Influencer als Freund
Authentisch, nahbar, unperfekt und glaubwürdig: Das ist bei Social-Media-Werbespots in der Regel die Vorgabe. Bei der Werbung für ein Haarfärbemittel filmt sich Fischer deshalb auch kopfüber beim Haare waschen. Man dürfe sich durchaus mal selber auf die Schippe nehmen, hat die Influencerin festgestellt, das komme beim Publikum sehr gut am. Im Gegensatz zu Hochglanz-Werbung sollen sich die Zuschauerinnen und Zuschauer mit der Influencerin oder dem Influencer identifizieren können.
Die Besonderheit des Influencer ist laut Christian Zabel von der Technischen Hochschule Köln, dass er als Freund erscheine und der User das Gefühl habe, mit ihm im direkten Austausch zu stehen. Diese parasoziale Beziehung biete, so der Medienökonom, im Vergleich zu traditioneller Werbung ein größeres Beeinflussungspotenzial.
Neunfaches Budget für Influencer
Diese Werbestrategie ist stark im Kommen. Laut einer Erhebung von Statista Markets Insights hat die Wirtschaft 2017 gut 94 Millionen Euro in Influencer-Marketing investiert. Für 2027 sind mehr als 842 Millionen Euro prognostiziert: fast das Neunfache.
Rund 1,5 Millionen Euro hat der Berliner Kosmetikhersteller Rosental 2023 für Werbung mit Influencern ausgegeben und wird das Budget 2024 voraussichtlich verdoppeln. Das zahlt sich aus: Für jeden Euro, den die Firma in solche Werbemaßnahmen steckt, nimmt sie drei Euro ein. Das junge Unternehmen mit 200 Millionen Euro Jahresumsatz führt seinen Erfolg hauptsächlich auf die starke und gezielte Online-Präsenz zurück.
Wettbewerb um Influencer
Um Top-Influencer ist ein regelrechter Wettbewerb entstanden. Die meisten Unternehmen sind an längerfristigen Verträgen interessiert und suchen nach Influencern, die ihre Produkte selbst nutzen. Nicolas Fischer ist Geschäftsführer und Inhaber von Annemarie Börlind. Seine Firma wolle nicht mit Influencerinnen zusammenarbeiten, die heute Marke A und morgen Marke B ins Bild halten, sagt Fischer.
Neben der Reichweite der Influencer ist auch die Kaufkraft ihrer Follower von Bedeutung - und die ist in der Altersgruppe 50+ oft besonders groß. Die Österreicherin Daniela Hutter hat sich mit 57 Jahren einen Namen als Influencerin gemacht. Sie nutzt die Instagram-Videos derzeit vor allem als Werbeplattform für ihre eigene Firma, eine Persönlichkeitsberatung für Frauen.
Es gibt ihrer Erfahrung nach durchaus ein Publikum, das es wertschätzt, wenn jemand nicht mehr ganz so jung ist. Die Statistik bestätigt das. Laut der Arbeitsgemeinschaft Online Forschung, kurz AGOF, folgen 35 Prozent der 40- bis 59-Jährigen und 20 Prozent der über 60-Jährigen Influencern.
100.000 Euro Verdienst im Monat
Über Geld spricht die Influencer-Szene nur ungern - aber Ravi Walia hat einen Branchen-Überblick. Er ist der Inhaber einer Düsseldorfer Influencer-Agentur, organisiert Werbekampagnen in den sozialen Medien und bringt Unternehmen und Influencer zusammen.
Die Verdienstmöglichkeiten reichen von ein paar Hundert Euro im Monat für einen kleinen Kanal bis hin zu 100.000 Euro und mehr im Monat für einen Top-Influencer. Seiner Erfahrung nach bekommen sie zwischen 15.000 und 20.000 Euro für ein Werbevideo. Zusätzliches Geld fließt durch das Setzen von Links zu einem bestimmten Produkt. Diese Linkintegration verkauft der Influencer an seinen Werbepartner. Je nach Größe des Accounts würden dafür, so Walia, zwischen 100 Euro bis hin zu mehreren Tausend Euro bezahlt.