Reaktion auf Fachkräftemangel Lindner will mehr Menschen zur Arbeit aktivieren
FDP-Chef Lindner will angesichts des Fachkräftemangels mehr Ältere und Sozialleistungsempfänger in Arbeit bringen. Dafür müsse es Anreize geben. Gleichzeitig kritisiert er die Rente mit 63 als "Stilllegungsprämie".
Bundesfinanzminister Christian Lindner will mit Blick auf den Fachkräftemangel mehr Menschen für den Arbeitsmarkt aktivieren. Es gebe "Millionen Menschen, die dem Arbeitsmarkt theoretisch zur Verfügung stehen, aber von Sozialleistungen leben", sagte der FDP-Chef den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Lindner betonte: "Wir müssen diese Menschen aktivieren, dass sie mindestens mit einem Mini- oder Midi-Job in den Arbeitsmarkt eintreten." Weitere Maßnahmen seien ein späterer Renteneintritt und eine Aufstockung von Teilzeitarbeit.
Rente mit 63 sei eine "Stilllegungsprämie"
"Ungewollte Teilzeit sollten wir überwinden durch bessere Kinderbetreuung. Und warum setzen wir nicht Anreize, damit Menschen länger arbeiten wollen - statt die Rente mit 63 zu finanzieren?", sagte der FDP-Chef. Die Rente mit 63, die vom Koalitionspartner SPD durchgesetzt worden war, sei eine "Stilllegungsprämie für qualifizierte Beschäftigte", kritisierte Lindner.
Auch äußerte sich Lindner skeptisch über Modelle zu einer weiteren Verringerung der Arbeitszeit. "Diskussionen über die Vier-Tage-Woche werden uns nicht dabei helfen, dass wir unser soziales Niveau und unsere Umweltstandards dauerhaft finanzieren können", sagte der Finanzminister.
Kritik an Pauschalisierung von Jüngeren
Dem Vorschlag des Direktors des Instituts der deutschen Wirtschaft, Michael Hüther, die Wochenarbeitszeit zu verlängern oder den Urlaubsanspruch zu verkürzen, wollte sich der FDP-Chef nicht anschließen: "Das ist Sache der Tarifpartner."
Lindner kritisierte indes die Bemerkung von Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), es mangele gerade bei Jüngeren an "Bock auf Arbeit". Dazu sagte der Finanzminister: "Die Pauschalierung ist falsch. Auch unter Jüngeren haben wir viele, die wirtschaftlich vorankommen wollen und Lust auf Leistung haben."
Zahl der Engpassberufe angestiegen
Die Bundesagentur für Arbeit hatte im Juni mitgeteilt, dass die Zahl der Engpassberufe 2022 kräftig angestiegen sei. In 200 der rund 1200 bewerteten Berufe sei ein solcher Engpass festgestellt worden. Das seien 52 mehr als im Vorjahr. Mittlerweile würden in jedem sechsten Beruf Fachkräfte knapp.
Zu den beschäftigungsstärksten Engpassberufen zählen der Mitteilung zufolge Pflegeberufe, Berufskraftfahrer, Medizinische Fachangestellte, Bauberufe sowie Berufe in der Kinderbetreuung und der Kraftfahrzeugtechnik. Auf Ebene der Spezialisten und Experten mangele es an Apothekern, Architekten oder IT-Kräften. Im Vergleich zum Vorjahr neu in die Liste aufgenommen worden sind Berufe im Hotel- oder Gastronomieservice, im Metallbau und Busfahrer.