EU-Länder entscheiden über Glyphosat-Zulassung Schmidt kritisiert Hendricks' Nein
Die Bundesregierung enthält sich heute bei der Abstimmung in Brüssel über eine weitere Zulassung von Glyphosat - die Union war dafür, die SPD dagegen. Agrarminister Schmidt greift jetzt die Umweltministerin scharf an - sie und die SPD hätten "Politik nach Belieben" betrieben.
Kurz vor der Abstimmung über eine weitere Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat in Brüssel hat Bundesagrarminister Christian Schmidt, CSU, seine für Umwelt zuständige Kabinettskollegin Barbara Hendricks von der SPD scharf kritisiert. "Grundsätzlich sehe ich es mit Sorge, dass in einer solchen Frage Politik nach Belieben betrieben wird und nicht auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse", sagte Schmidt der "Rheinischen Post".
Wissenschaftler im In- und Ausland seien nach Auswertung von mehr als tausend Studien und Beiträgen zu dem Ergebnis gekommen, dass an der Unbedenklichkeit von Glyphosat bei fachgerechter Anwendung keine Zweifel bestünden. Allein auf dieser Grundlage sollte über eine Zulassungsverlängerung entschieden werden, und nicht etwa aus "politischer Taktik oder Ideologie", sagte Schmidt.
SPD sieht Unbedenklichkeit nicht erwiesen
Hendricks und die SPD sehen die Unbedenklichkeit des Mittels durch bisherige Studien dagegen nicht als erwiesen an und lehnen eine weitere Zulassung von Glyphosat ab. "Aus dem Vorsorgeprinzip, was die europäische Gesetzgebung ja auch vorsieht, hat sich das SPD-Ministerium entschieden, dass es jetzt zu keiner Zulassung kommen kann, solange eben dieser Punkt nicht geklärt ist“, so ein Hendricks-Sprecher.
Die Bundesumweltministerin forderte in einem Interview generell eine "andere Landwirtschaftspolitik". Gefördert werden sollte "nur noch die Produktion gesunder Lebensmittel, die Pflege von Natur und Landschaft, der Gewässerschutz", sagte sie den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. "Es ist höchste Zeit zum Umsteuern." Umweltschützer prangern Glyphosat auch deswegen an, weil sie Folgen für die Tier- und Pflanzenwelt befürchten.
Bundesregierung enthält sich
Bei der Abstimmung über eine Verlängerung des Pflanzenschutzmittels in Brüssel heute wird sich die Bundesregierung nach Angaben von Sprecher Steffen Seibert enthalten. Es sei bislang nicht gelungen, eine gemeinsame Position zu entwickeln: Die Union bleibt bei ihrem Ja, die SPD bei Nein.
Um Gegner und Skeptiker in den europäischen Regierungen umzustimmen, hatte die EU-Kommission einen Kompromiss vorgeschlagen, mit strengeren Auflagen und einer zeitlichen Begrenzung von zwölf bis 18 Monaten. Diese Zeit werde gebraucht, um ein neues Gutachten der Europäischen Chemikalien-Agentur Echa abzuwarten, argumentiert Gesundheitskommissar Vytenis Andriukaitis. Es soll klären, ob Glyphosat tatsächlich krebserregend ist.
Ende des Monats läuft Genehmigung aus
Ende des Monats läuft die Genehmigung für Glyphosat in der EU ab. Heute werden Vertreter der 28 EU-Staaten über den Kompromissvorschlag der Kommission beraten. Die EU-Kommission und 19 europäische Länder sollen nach Angaben des Gesundheitskommissars bislang für eine Verlängerung sein. Dazu gehören zum Beispiel Großbritannien, Polen und die Niederlande. Gegen die Neuzulassung von Glyphosat in Europa sind bislang vor allem Italien und Frankreich.
Einiges spricht laut Beobachtern dafür, dass eine qualifizierte Mehrheit zustande kommt – für eine Neuzulassung von Glyphosat unter strengeren Auflagen und für einen begrenzten Zeitraum.