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Lage in Syrien ++ Erdogan will Grenzübergang zu Syrien öffnen ++

Stand: 09.12.2024 23:32 Uhr

Der türkische Präsident Erdogan hat angekündigt, einen weiteren Grenzübergang zu Syrien für Flüchtlinge zu öffnen. Die Rebellenallianz sichert syrischen Wehrpflichtigen eine Generalamnestie zu. Die Entwicklungen vom Montag zum Nachlesen.

09.12.2024 • 23:32 Uhr

Ende des Liveblogs

Wir beenden den Liveblog zur Lage in Syrien für heute und danken für Ihr Interesse.

Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben sich in einem Telefongespräch über die Lage in Syrien ausgetauscht. "Beide waren sich einig, dass man bereit sei, mit den neuen Machthabern zusammenzuarbeiten, auf der Basis grundlegender Menschenrechte und dem Schutz ethnischer und religiöser Minderheiten, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit.

Die US-Regierung sucht nach dem vor mehr als zwölf Jahren in Syrien verschwundenen amerikanischen Reporter Austin Tice. Roger Carstens, US-Sondergesandter für Geiselangelegenheiten, sei nach Beirut entsandt worden, um nach dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad Informationen zum Verbleib von Tice einzuholen und "ihn so schnell wie möglich nach Hause zu holen", teilte der Sprecher des Außenministeriums in Washington, Matthew Miller, mit. Am Sonntag hatte US-Präsident Joe Biden erklärt, dass seine Regierung davon ausgehe, dass Tice am Leben sei.

Katar hat einem Insider zufolge Kontakt zu den siegreichen Rebellen in Syrien aufgenommen. Für Dienstag seien nun Gespräche mit dem Leiter der Übergangsregierung, Mohammed al-Baschir, geplant, sagte ein über den Vorgang unterrichteter Regierungsvertreter der Nachrichtenagentur Reuters.

Eine Stellungnahme der katarischen Regierung lag zunächst nicht vor. Das arabische Land ist ein enger Verbündeter der USA und hat in der Region immer wieder eine Vermittlungsrolle eingenommen.

UN-Generalsekretär António Guterres hat mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan und Katars Minsterpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani darüber gesprochen, wie die Institutionen in Syrien wiederaufgebaut werden können. Dabei ging es um die Frage, wie es gelingen könne, dass die Institutionen inklusiv seien, Rechte von Minderheiten schützten und Syriens territoriale Integrität wiederherstellen, hieß es von einem UN-Sprecher.

Er wies zudem auf die humanitäre Lage in Syrien hin. Mehr als 16 Millionen Menschen seien auf Hilfe angewiesen.

Israel fliegt offenbar erneut Angriffe auf Ziele in Syrien. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte teilte mit, innerhalb weniger als zwölf Stunden haben Israel mehr als 100 Ziele im Land angegriffen. Es seien die schwersten Angriffe Israels in der Geschichte Syriens, hieß es.

Mit den Angriffen will Israel offenbar wichtige militärische Anlagen und Fähigkeiten der Assad-Regierung zerstören. Die Luftangriffe hätten Forschungszentren, Waffenlager, Marine-Schiffe, Flughäfen und Luftflotten getroffen, hieß es. Israels äußerte sich auf Nachfrage nicht zu den Angriffen.

Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte
Die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (Syrian Observatory for Human Rights, SOHR) sitzt in Großbritannien und will Menschenrechtsverletzungen in Syrien dokumentieren. Sie bezeichnet sich als unabhängig. Die Informationen der Beobachtungsstelle lassen sich nicht unabhängig überprüfen.  

Der Sachverständigenrat für Integration und Migration hält Forderungen nach einer Rückkehr von syrischen Flüchtlingen für verfrüht. "Ob sich die Situation stabilisiert und die Menschen dort künftig sicher leben können, muss sich erst noch zeigen", hieß es. Wer jetzt vorschnell nach Abschiebungen oder einem Aufnahmestopp rufe, der übersehe auch rechtliche Vorgaben.

Ob dauerhaft keine Verfolgungssituation mehr bestehe, sodass bei einer Rückkehr keine Gefahr mehr drohe, müsse sich erst noch zeigen. "Entsprechende Forderungen sind daher vor dem Hintergrund des beginnenden Wahlkampfes zu sehen."

Das Vorrücken der israelischen Armee in die Pufferzone zu Syrien auf den Golanhöhen verletzt nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) das 1974 zwischen beiden Staaten geschlossene Abkommen. Nach wie vor sei die israelische Armee an drei Orten in der entmilitarisierten Zone präsent, sagte UN-Sprecher Stéphane Dujarric am UN-Hauptsitz in New York. Die UN habe die israelischen Vertreter darauf hingewiesen, dass dies "eine Verletzung des Entflechtungsabkommen von 1974" bedeute.

Die USA haben Sanktionen gegen den Schwiegervater des gestürzten syrischen Machthabers Bashar al-Assad verhängt. Fawaz al-Akhras habe Assad in der Vergangenheit in Geldangelegenheiten und bei der Umgehung internationaler Sanktionen unterstützt, teilte das Finanzministerium in Washington mit.

Mit der Sanktionierung werden mögliche Vermögenswerte von al-Akhras in den USA eingefroren. Zugleich müssen Geldhäuser die US-Behörden über etwaige Geschäfte mit ihm informieren.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Öffnung des Grenzübergangs Yayladagi zu Syrien angekündigt. Das solle eine sichere und freiwillige Rückkehr von Bürgerkriegsflüchtlingen zu ermöglichen. Sein Land sei bereit, den Wiederaufbau des Nachbarstaates auf jede erdenkliche Weise zu unterstützen, sagte Erdogan nach einer Kabinettssitzung.

Gleichzeitig erklärte er, dass die Türkei das Aufkommen neuer Terrorgruppen an seinen Grenzen nicht zulassen werde. Im Zuge des Bürgerkriegs waren Millionen Syrer in die Türkei geflüchtet.

"Erdogan plant Rückführung aktiv unterstützen zu wollen", Katharina Willinger, ARD Istanbul, zur Perspektive der Flüchtlinge an türkisch-syrischer Grenze

tagesschau, 09.12.2024 20:00 Uhr

Nach dem Umsturz in Syrien ebnet die Rebellenallianz den Weg für eine Übergangsregierung: Nach einem Spitzentreffen in der Hauptstadt Damaskus wurde Mohammed al-Baschir, bislang Regierungschef in der Rebellenhochburg Idlib, mit der Bildung einer neuen syrischen Regierung beauftragt, wie mehrere arabische Medien meldeten. 

An der Sitzung nahm demnach neben dem islamistischen Rebellenführer Abu Mohammed al-Dscholani und al-Baschir auch der bisher amtierende Ministerpräsident Mohammed al-Dschalali teil. Vereinbart wurde eine reibungslose Übertragung der Verwaltungsgeschäfte sowie die Umstände der Machtübergabe, wie der Nachrichtensender Al-Arabija berichtete. 

Die österreichische Regierung hat einen Abschiebeplan für syrische Flüchtlinge angekündigt. Es werde nun ein "geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien ausgearbeitet", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) der "Bild"-Zeitung in einem Interview.  "Zudem werden bereits gewährte Bleiberechte überprüft", fügte Nehammer hinzu. Auch Asylverfahren für syrische Antragssteller und der Familiennachzug seien vorübergehend ausgesetzt. 

CDU-Chef Friedrich Merz fordert nach dem Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad eine intensive Zusammenarbeit Europas mit der Türkei für Frieden in der Nahostregion. "Russland ist geschwächt, weil Russland ja Schutzmacht für Syrien und das dortige Regime war. Und die Türkei ist gestärkt" sagte der Unions-Kanzlerkandidat bei seinem Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew dem Sender RTL aktuell.

Die Türkei werde jetzt eine noch größere Rolle spielen in der gesamten Region des Nahen und Mittleren Osten. "Deswegen wäre ein guter Rat an uns - auch an die Europäer, nicht nur an uns Deutsche: Wir müssen jetzt sehr viel stärker mit der Türkei zusammenarbeiten, um diese Region auch politisch zu befrieden", sagte Merz.

"Wer heute die Grenze überquert, kann nicht einfach wieder zurück", Katharina Willinger, ARD Istanbul zzt. Öncüpinar,

tagesschau24, 09.12.2024 17:00 Uhr

Die USA und Großbritannien erwägen, die für den Sturz des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad verantwortliche Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) von ihrer Terrorliste zu streichen. Aus Kreisen der US-Regierung verlautete, die dschihadistischen HTS-Rebellen "sagen bislang die richtigen Dinge und sie tun bislang die richtigen Dinge". Doch sagte eine Gewährsperson, die HTS sei nur eine von mehreren Gruppen, die Teil des Übergangs in Syrien nach dem Ende der Assad-Ära sein wollten.

09.12.2024 • 17:52 Uhr

OPCW sorgt sich um Chemiewaffen

Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) hat Syrien an seine Verpflichtungen erinnert, Vorschriften zum Umgang mit bestimmten giftigen Chemikalien einzuhalten. Aufständische hatten am Wochenende die syrische Hauptstadt Damaskus erreicht und Präsident Bashar al-Assad gestürzt. In einer OPCW-Mitteilung hieß es, die Organisation habe die Entwicklungen in dem Land genau beobachtet, mit besonderem Augenmerk auf den Status von Chemiewaffenlagern und anderen Orten von Interesse.

Der Status eines Vorrats an Chemiewaffen, den Assad gegen Zivilisten eingesetzt haben soll, war unklar. Assads Regierung hat den Einsatz von Chemiewaffen bestritten. Die OPCW hat jedoch Beweise gefunden, die deren wiederholten Einsatz im syrischen Bürgerkrieg nahelegen.

Die Lage im Nordosten Syriens ist angespannt. Das berichtet ARD-Korrespondent Matthias Ebert. Die türkische Luftwaffe habe mehrfach Angriffe auf die kurdischen Gebiete geflogen. Dabei seien zwölf Zivilisten umgekommen.

Matthias Ebert, SWR, zu Kämpfen zwischen pro-türkischen und kurdischen Milizen im Nordosten Syriens

tagesschau, 09.12.2024 17:00 Uhr

Das Bündnis Aktion Deutschland Hilft ruft alle Akteure in Syrien dazu auf, humanitäre Zugänge und Hilfsmaßnahmen zu ermöglichen. Nach dem Fall des Assad-Regimes sei es nun wichtig, dass die Bevölkerung jede Hilfe bekomme, die notwendig sei, sagte Maria Rüther, Hauptgeschäftsführerin des Hilfsbündnisses.

Das gelte auch für Menschen, die aus benachbarten Ländern nach Syrien zurückkehren. "Der lange Weg zurück in eine hoffentlich friedliche Normalität habt gerade erst begonnen." Die Zukunft sei weiter ungewiss, in weiten Teilen des Landes die Infrastruktur fast vollständig zerstört. Knapp die Hälfte der Bevölkerung sei aus dem Land vertrieben worden.

Das kirchliche Hilfswerk Misereor hält eine künftige Bedrohung von Christen in Syrien für nicht ausgeschlossen. "Es hängt alles davon ab, welche Kräfte der Anti-Assad-Koalition in Zukunft die Oberhand behalten", sagte die Syrien-Referentin von Misereor, Karin Bräuer, in Aachen der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Derzeit sei es noch zu früh für Prognosen.

Die von Islamisten angeführte Rebellenallianz hat eine Generalamnestie für Wehrpflichtige verkündet. Ihnen werde Sicherheit garantiert und jegliche Übergriffe auf sie seien untersagt, teilte das Anti-Assad-Bündnis auf Telegram mit.

Anmerkung: In einer früheren Version des Eintrags hieß es, dass die Generalamnestie für alle Mitglieder der syrischen Streitkräfte und alle Wehrpflichtigen gelte. Die Nachrichtenagentur dpa hat dies inzwischen korrigiert.

Die islamistische Hamas hat den Syrern nach dem Sturz von Machthaber Baschar al-Assad Glückwünsche übermittelt und zu Einigkeit aufgerufen. "Die Hamas gratuliert dem syrischen Brudervolk zu seinem Erfolg bei der Verwirklichung seines Strebens nach Freiheit und Gerechtigkeit", erklärte die Palästinenserorganisation. Die Hamas rufe "alle Teile des syrischen Volkes auf, ihre Reihen zu schließen", hieß es weiter.

Die Entscheidung der syrischen Geflüchteten aus der Türkei, wieder zurück in ihre Heimat zu gehen, nennt ARD-Korrespondentin Katharina Willinger "mutig". Denn jeder, der über die Grenze gehe und nicht zugleich auch die türkische Staatsbürgerschaft habe - und das seien die wenigsten - der müsse seine Papiere abgeben und verliere damit auch den Schutzstatus. Das bedeute, diese Menschen dürften auch - egal was in den nächsten Tagen oder Wochen in Syrien passiere - nicht mehr zurück in die Türkei, so Willinger weiter.

Katharina Willinger, ARD Istanbul zzt. Öncüpinar, zu den syrischen Flüchtlingen in der Türkei

tagesschau, 09.12.2024 16:00 Uhr

Die jahrzehntelange Herrschaft der Assad-Dynastie in Syrien ist vorbei. Aber was kommt jetzt? Die Islamisten-Gruppe HTS spricht von einer "neuen Regierung", die entstehen solle. Wer daran beteiligt sein soll, ist unklar.

Nach dem Sturz von Machthaber Bashar al-Assad sucht die Bundesregierung das Gespräch mit allen politischen Kräften, die für eine Neuordnung Syriens wichtig werden könnten. "Wir haben alle unsere Kontakte nach Syrien hinein aktiviert und sprechen mit den relevanten Akteuren", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Die Stabilisierung werde angesichts der "vielen unterschiedlichen Akteure und Gruppen" in Syrien eine "gigantische Aufgabe", räumte er ein. 

Im öffentlichen Sektor herrscht laut UN-Angaben weitgehend Stillstand. Staatsbedienstete ignorierten Aufrufe, zur Arbeit zurückzukehren und verursachten damit Probleme an Flughäfen, Grenzübergängen, im Außenministerium und bei humanitären Hilfslieferungen, sagte Adam Abdelmoula, der humanitäre UN-Koordinator in Syrien. Er schlug vor, dass bewaffnete Gruppen "die Zahl der bewaffneten Menschen begrenzen" könnten, "die draußen auf den Straßen herumlaufen". Zudem könnten sie "die reguläre Polizei und die regulären Strafvollzugsorgane zurückbringen". Dies könne der Bevölkerung Sicherheit geben. Der öffentliche Sektor sei "zu einem völligen und abrupten Stillstand" gekommen.

"Assad war auch der Gegner der Kurden", sagt ARD-Korrespondent Matthias Ebert. Deswegen hätten die Kurden auch gefeiert, dass Assad nun weg sei und sein Regime dazu. Aber sie hoffen vor allem, dass der Anführer der HTS-Miliz Abu Mohammed al-Dscholani "auch Wort hält, dass er die versöhnlichen Worte auch ernst meint und auch umsetzen kann", so Ebert weiter.

Wie bewerten die Kurden den Machtwechsel in Syrien? Dazu Matthias Ebert, ARD Genf zzt Rumilan / Kurdenregion Syrien

Mittagsmagazin, 09.12.2024 13:00 Uhr

Der Ablauf des Sturzes von Syriens Machthaber Bashar al-Assad ist nach Einschätzung von NATO-Generalsekretär Mark Rutte auch ein Beleg für den Egoismus der Regierenden in Moskau und Teheran. "Russland und der Iran waren die Hauptunterstützer des Assad-Regimes und teilen die Verantwortung für die Verbrechen, die am syrischen Volk begangen wurden", sagte Rutte in Brüssel. Die Staaten hätten sich nun aber angesichts der Blitzoffensive von Aufständischen auch als unzuverlässige Partner erwiesen, "da sie Assad im Stich ließen, als er ihnen nicht mehr nützlich war".

Die syrische Zentralbank hat den Bankkunden im Land versichert, dass ihr Vermögen "in Sicherheit" sei. "Wir versichern unseren Mitbürgern, die Kunden einer der in Betrieb befindlichen Banken sind, dass ihre Einlagen und Guthaben bei diesen Banken sicher sind, keinerlei Schaden erlitten haben und auch in Zukunft keinen Schaden erleiden werden", hieß es in einer am Montag  auf der offiziellen Facebook-Seite der Zentralbank veröffentlichten Erklärung.

CSU-Chef Markus Söder rechnet mit deutlich mehr freiwilligen Rückkehren von Syrern aus Deutschland in das Heimatland. "Der Grund, Syrien zu verlassen, war vor allem Assad. Deswegen wird es viele Menschen geben, die jetzt einfach in ihre Heimat zurückwollen", sagte der bayerische Ministerpräsident nach einer Sitzung des CSU-Vorstands in München. 

Außenministerin Annalena Baerbock warnt nach dem Ende der Herrschaft von Syriens Präsident Bashar al-Assad vor zu schnellen Schlussfolgerungen zur sicherheitspolitischen Lage im Land. "Niemand kann an diesem Tag vorhersehen und auch in den nächsten Tagen nicht vorhersehen, wie das in Syrien weitergeht, was es sicherheitspolitisch bedeutet", sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines Besuchs des Logistikzentrums des Deutschen Roten Kreuzes. Das bedeute auch Unklarheit, "ob weitere Menschen aus der Region fliehen, weil andere Extremisten jetzt ihr Unwesen treiben oder ob Menschen nach Syrien wieder zurückkehren können", erklärte Baerbock.

Hunderte syrische Geflüchtete in der Türkei versuchen in ihr Heimatland zurückzukehren. Laut Nachrichtenagentur AP versammeln sie sich an den zwei Grenzübergängen Cilvegözü und Öncüpinar im Süden der Türkei. Viele seien bereits bei Tagesanbruch eingetroffen.

Der Fernsehsender Habertürk berichtete, es sei ein Checkpoint etwa fünf Kilometer von Cilvegözü entfernt eingerichtet worden. Nur Syrer mit ordnungsgemäßen Papieren würden durchgelassen.

Katharina Willinger, ARD Istanbul zzt Öncüpinar, zu den syrischen Flüchtlingen in der Türkei

tagesschau24, 09.12.2024 10:00 Uhr

Auch nach Assads Sturz ist die humanitäre Lage in Syrien nach Angaben der Welthungerhilfe katastrophal. "12,9 Millionen Menschen können sich ohne Hilfe nicht ausreichend ernähren", teilte die Organisation mit, die nach eigenen Angaben seit 2013 in der Region aktiv ist. Nach 13 Jahren Bürgerkrieg sei die wirtschaftliche Lage in Syrien desolat und die landwirtschaftliche Produktion stark eingeschränkt. Das werde sich auch nach dem Machtwechsel nicht schnell ändern.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser erklärt: "Viele Flüchtlinge, die in Deutschland Schutz gefunden haben, haben jetzt endlich wieder eine Hoffnung auf eine Rückkehr in ihre syrische Heimat und auf den Wiederaufbau ihres Landes." Allerdings sei die Lage in Syrien noch sehr unübersichtlich.

"Deshalb sind konkrete Rückkehrmöglichkeiten im Moment noch nicht vorhersehbar und es wäre unseriös, in einer so volatilen Lage darüber zu spekulieren." Angesichts dieser unklaren Lage sei es aber richtig, "dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge heute einen Entscheidungsstopp für aktuell noch laufende Asylverfahren verhängt hat, bis die Lage klarer ist", erklärt die SPD-Politikerin weiter.

Die Grünen wollen keine voreiligen Schlüsse für die deutsche Flüchtlingspolitik ziehen. "Es ist eine schwierige Situation in Syrien", sagt Co-Parteichefin Franziska Brantner in Berlin. Die Lage sei noch sehr unübersichtlich, die Kämpfe dauerten zum Teil an. Ihre Partei werde Schlüsse ziehen, wenn klar sei, wie sich die Situation vor Ort entwickele. Zunächst müsse die Lage weiter beobachtet werden, bevor über weitere Schritte entschieden werden könne.

Die EU-Kommission hat vor allzu großen Hoffnungen auf schnelle und unproblematische Rückkehrmöglichkeiten für Flüchtlinge nach Syrien gewarnt. Die Bedingungen für eine sichere und würdevolle Rückkehr nach Syrien seien nach derzeitiger Einschätzung momentan nicht gegeben, sagte ein Sprecher in Brüssel. Mit dieser Linie sei man sich einig mit dem Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR).

Die aktuelle Lage sei von großer Hoffnung, aber auch von großer Unsicherheit geprägt. Es werde an jedem Einzelnen und an jeder Familie sein, zu entscheiden, was sie tun möchte. Der Sprecher machte damit auch deutlich, dass es aus Sicht der Kommission bis auf weiteres keine Abschiebungen geben sollte.

Die seit Jahren in Syrien aktive Hilfsorganisation Caritas international hofft nach dem Sturz von Machthaber Bashar al-Assad auf einen Neuanfang, um allen Syrerinnen und Syrern eine würdige Zukunft zu ermöglichen. Neben einem raschen Wiederaufbau mit internationaler Hilfe seien der Schutz der Menschenrechte und die Sicherheit der Bevölkerung entscheidend, um die Wunden des jahrelangen Krieges zu heilen, erklärte Caritas international in Freiburg. Dazu gehörten auch Traumabewältigung und Versöhnungsprozesse.

Die Hilfsorganisation zeigte sich "vorsichtig hoffnungsvoll", dass jetzt die Chance zu einem nachhaltigen Wiederaufbau und zu einer Ausweitung der humanitären Hilfe bestehe. "Nach dem Fall des Assad-Regimes hoffen wir, endlich Zugang zu allen Regionen Syriens zu erhalten, um die dringend benötigten Hilfen auszuweiten", sagte der Leiter von Caritas international, Oliver Müller. Gemeinsam mit den Partnern vor Ort versuche man, die humanitäre Hilfe in Regionen wie Aleppo, Hassakeh, Homs, Idlib, Latakia und in der Hauptstadt Damaskus auszuweiten. Besonders groß sei der Bedarf in der Region Idlib, wo Binnenvertriebene unter schlimmsten Bedingungen lebten, sagte Müller.

Die Europäische Union unterhält nach eigenen Angaben derzeit keine Kontakte zu der Gruppe, die maßgeblich für den Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad verantwortlich ist. "Die Europäische Union arbeitet derzeit nicht mit der HTS oder ihren Anführern zusammen", sagte ein Kommissionssprecher.

Die HTS und ihr Anführer Abu Mohammed al-Dscholani stehen nach Angaben der Kommission auf einer Sanktionsliste, mit der die EU gegen islamistische Organisationen vorgeht. Ihre Vermögen in den EU-Ländern sind eingefroren. "Wenn die HTS mehr Verantwortung übernimmt, werden wir nicht nur ihre Worte, sondern auch ihre Taten beurteilen müssen", sagte der Kommissionssprecher weiter.

Mit den Kämpfen vor dem Umsturz in Syrien hat sich die Lage nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes zunächst für weitere Menschen in dem Land verschlechtert. "Derzeit ist es so, dass 16 Millionen Menschen in Syrien auf humanitäre Hilfe angewiesen sind", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes in Berlin. Die Zahl sei wahrscheinlich in den letzten Wochen eher angestiegen, weil es zu neuen Fluchtbewegungen innerhalb des Landes gekommen sei, sagte er.

Die humanitär sehr angespannte Situation habe sich weiter verschlechtert. So seien ungefähr 280.000 Menschen in Syrien zusätzlich vertrieben worden, das UN-Kinderhilfswerk Unicef spreche sogar von 370.000 Frauen und Kindern.

Die Aufständischen in Syrien wollen in der Hauptstadt Damaskus offenbar schrittweise eine neue Ordnung einkehren lassen und auch eine "neue Regierung" bilden. "Unsere Kräfte sind fast fertig damit, die Kontrolle in der Hauptstadt zu übernehmen und öffentliches Eigentum zu schützen", teilte die islamistische Gruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) in sozialen Medien mit. "Die neue Regierung wird die Arbeit unmittelbar nach ihrer Gründung aufnehmen." Wie genau diese neue Regierung in Syrien entstehen soll und wer beteiligt sein soll, teilte die HTS nicht mit. 

Syrien ist nach Jahren des Bürgerkriegs zersplittert. Neben der HTS und verbündeten Rebellengruppen sind im Land unter anderem kurdische sowie Türkei-nahe Milizen aktiv. In dem ethnisch und konfessionell gespaltenen Land leben unter anderem Kurden, Alawiten, Drusen und Christen. Die Minderheit der Alawiten war der wichtigste Unterstützer der nun gestürzten Assad-Regierung.

Ein syrischer Oppositionskämpfer steht vor dem Gebäude des Verteidigungsministeriums in Damaskus Wache.

Die Miliz HTS will die staatlichen Institutionen laut ihrem Anführer al-Dscholani bis zu einer Machtübergabe beaufsichtigen - hier das Gebäude des Verteidigungsministeriums in Damaskus.

Nach dem Sturz von Bashar al-Assad setzt Österreich sämtliche Asylverfahren von Syrern aus. Diese Maßnahme sei auf Anweisung von Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) umgesetzt worden, teilte das Innenministerium in Wien mit. Betroffen sind nach Angaben des Ministeriums rund 7.300 offene Asylverfahren in erster Instanz.

Von Januar bis November 2024 seien 12.871 Asylanträge von syrischen Staatsbürgern gestellt worden. Zusätzlich sollen alle bereits gewährten Asylbescheide überprüft werden. "In diesem Zusammenhang habe ich das Ministerium beauftragt, ein geordnetes Rückführungs- und Abschiebeprogramm nach Syrien vorzubereiten", sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Auch der Familiennachzug werde bis auf Weiteres ausgesetzt.

Die syrischen Aufständischen haben nach dem Sturz von Präsident Bashar al-Assad angekündigt, persönliche Freiheiten zu garantieren und keine Kleidungsvorschriften für Frauen zu erlassen. In einem Social-Media-Beitrag erklärte das Generalkommando der Rebellen, es sei "strengstens verboten, sich in die Kleidung von Frauen einzumischen oder ihnen irgendwelche Forderungen in Bezug auf ihre Kleidung oder ihr Aussehen aufzuerlegen". Die persönliche Freiheit werde für alle Menschen garantiert. Die Achtung der Rechte des Einzelnen sei die Grundlage für den Aufbau einer zivilisierten Nation.

In Gebieten, die seit dem Ausbruch des Bürgerkriegs 2011 von oppositionellen Gruppen kontrolliert wurden, trägt die große Mehrheit der Frauen verhüllende Kleidung, die lediglich das Gesicht und die Hände unbedeckt lässt. Abu Mohammed al-Golani, der Anführer der militanten Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), die am Wochenende in der syrischen Hauptstadt Damaskus einmarschierte, hat langjährige Verbindungen zur Terrorgruppe Al-Kaida für aufgegeben erklärt und sich als Verfechter von Pluralismus und Toleranz dargestellt.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) stoppt vorerst Entscheidungen über Asylanträge von Syrern. Das sagte ein Behördensprecher der Nachrichtenagentur dpa. Zuvor hatte der Spiegel berichtet. Die Regelung gelte nicht für sogenannte Dublin-Verfahren, bei denen ein anderes EU-Land für das Asylverfahren zuständig ist, sagte der Sprecher, sondern für alle Anträge, für die die Situation in Syrien ausschlaggebend sei. Derzeit seien mehr als 47.000 Asylanträge von Syrern anhängig, davon 46.081 Erstanträge.

"Das Bamf schaut sich sehr genau an, wie der Einzelfall gelagert ist, dazu gehört auch eine Bewertung der Lage vor Ort im Herkunftsland", sagte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Das Bundesamt habe die Möglichkeit, Asylentscheidungen zurückzustellen bei einer unklaren Lage. Und dass die Lage derzeit in Syrien unklar ist, sei offensichtlich. Praktisch bedeutete das, die Anträge von Syrerinnen und Syrern "werden im Stapel nach unten sortiert und andere Asylentscheidungen vorgezogen".

Die Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) wird vom Verfassungsschutz nicht als terroristische Organisation benannt, erklärte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums. Dies liege daran, dass die HTS einzig auf Syrien abziele. Anschläge in anderen Ländern lehne die Organisation ab, sie engagiere sich vor Ort.

"Die militärischen Erfolge der HTS, zusammen mit weiteren, auch nicht-religiös geprägten Gruppierungen, folgt erkennbar einer nationalen, gegen die syrische Regierung gerichteten Agenda", sagte die Sprecherin der Nachrichtenagentur Reuters zufolge. "Eine Erhöhung der Gefährdungslage durch dschihadistische Akteure der HTS in Deutschland ist daher zumindest vorerst nicht zu erwarten."

Das Bundesinnenministerium hat aktuelle Zahlen zum Aufenthalt von Syrerinnen und Syrern in Deutschland vorgelegt. Danach lebten mit Stand 31. Oktober insgesamt 974.136 Menschen mit syrischer Herkunft in Deutschland. Davon seien 5.090 anerkannte Asylbewerber, 321.444 hätten den Flüchtlingsstatus, 329.242 genössen subsidiären Schutz - sie haben also weder einen Flüchtlingsschutz noch eine Asylberechtigung, ihnen droht in ihrem Heimatland aber ernsthafter Schaden. Die übrigen Personen haben demnach andere Aufenthaltstitel, etwa über den Familiennachzug.

"Letztlich muss man die HTS an ihren Taten messen", sagte ein Sprecher des Bundesaußenministeriums in Berlin mit Blick auf die syrischen Aufständischen. Die Gruppe werde eine wichtige Rolle bei der Neuordnung des Bürgerkriegslandes spielen. Die Vereinten Nationen und auch die EU listeten die HTS als Terrororganisation. Die Gruppe bemühe sich aber, sich von ihren extremistischen Wurzeln zu distanzieren. Der Sturz des Assad-Regimes in Syrien sei eine gute Nachricht, viele hätten in den vergangenen Jahren unter ihm gelitten. "Sie verdienen eine bessere Zukunft."

Russland will nach der Entmachtung von Bashar al-Assad seine Militärbasen in Syrien vorerst behalten und mit der künftigen Führung deren Verbleib besprechen. "Wir sehen eine Periode der Transformation, der extremen Instabilität, also wird es natürlich Zeit brauchen, und dann wird es ein ernsthaftes Gespräch mit denen brauchen, die an die Macht kommen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Er äußerte sich zur Frage, ob Russland seine Präsenz dort behalten wolle. Russland unterhält in Syrien unter anderem eine Luftwaffen- und eine Marinebasis.

Es sei nun wichtig, die Frage der Sicherheit des russischen Militärs in Syrien zu klären, sagte Peskow. Die russischen Soldaten ergriffen selbst alle Vorsichtsmaßnahmen. Details nannte der Kremlsprecher nicht.  Ein Abzug ist demnach derzeit nicht geplant. Russland hatte Assad seit 2015 militärisch unterstützt und maßgeblich zu dessen Machterhalt beigetragen, bis die Herrschaft der Familie nach einem halben Jahrhundert am Wochenende zu Ende ging.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat eine strafrechtliche Verfolgung und Ahndung der Verbrechen in Syrien während der Herrschaft des Assad-Regimes gefordert. Die Verantwortlichen für die schweren Verletzungen der Menschenrechte in den vergangenen Jahrzehnten müssten zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Türk. Alle Beweise müssten sorgfältig aufbewahrt werden, betonte er. Es dürfe keine Straffreiheit für die Täter geben. Eine Reform des syrischen Sicherheitsapparats sei von entscheidender Bedeutung. Türk fügte hinzu, dass auch das Schicksal der vermissten Personen geklärt werden müsse. Nach seinen Angaben sind seit Beginn des Syrien-Konflikts 2011 mehr als 100.000 Menschen verschwunden.

Wie der Kreml mitteilte, hat Russland dem ehemaligen syrischen Präsidenten Bashar al-Assad politisches Asyl gewährt. Der russische Präsident Wladimir Putin habe persönlich die Entscheidung getroffen, Assad Asyl zu gewähren, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow gegenüber Reportern. Peskow wollte sich nicht zu Assads konkretem Aufenthaltsort äußern. Er sagte, Putin habe nicht vor, sich mit Assad zu treffen.

Großbritannien könnte ein bestehendes Verbot der syrischen Aufständischen Hayat Tahrir al-Scham (HTS) überdenken, wie Minister Pat McFadden ankündigt. "Wir werden das in Betracht ziehen. Es wird teilweise davon abhängen, wie sich diese Gruppe nun verhält", sagte McFadden im Sender Sky News. Die HTS hat den Sturz von Präsident Bashar al-Assad angeführt und scheint die neue starke Kraft in Syrien zu werden. Der ehemalige Ableger von Al-Kaida in Syrien ist in Großbritannien als Terrororganisation eingestuft.

Türkischen Sicherheitskreisen zufolge haben von der Türkei unterstützte Oppositionsgruppen die Kontrolle über die nordsyrische Stadt Manbidsch übernommen. Sie wurde bislang von der Rebellenallianz SDF gehalten, die von der Kurdenmiliz YPG dominiert und von den USA unterstützt wird. In den vergangenen Tagen war es zu heftigen Kämpfen zwischen beiden Seiten in der Stadt gekommen. Der türkische Außenminister Hakan Fidan kündigte unterdessen an, die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) und die kurdische PKK dürften nicht von der Situation profitieren.

Karte Syrien mit Manbidsch, Aleppo, Latakia, Dair as-Saur, Tartus, Homs, Damaskus, Daraa

Israel hat laut Außenminister Gideon Saar mehrere Ziele in Syrien angegriffen. Dazu gehörten mutmaßliche Chemiewaffenanlagen und Standorte von Langstreckenraketen im Nachbarland, sagte Saar. Zuvor hatten israelische Medien darüber berichtet. Israel wolle verhindern, dass diese Waffen Extremisten in die Hände fielen. "Das einzige Interesse, das wir haben, ist die Sicherheit Israels und seiner Bürger." Die Präsenz israelischer Streitkräfte auf syrischem Territorium sei ein "begrenzter, vorübergehender“ Schritt. Israel hat Panzer in einer Pufferzone zwischen beiden Ländern auffahren lassen.

Die staatliche russische Nachrichtenagentur Tass und die Nachrichtenagentur Reuter melden übereinstimmend, dass die syrische Botschaft in Moskau die Flagge der syrischen Opposition gehisst hat. Die Flagge der Rebellen besteht aus drei horizontalen Streifen in Grün, Weiß und Schwarz und drei roten Sternen.

Auch der syrische Fußballverband hat laut der Nachrichtenagentur Reuters auf Anweisung der Rebellen die Farbe der Trikots und des Logos der Nationalmannschaft von Rot auf Grün geändert.

Nach dem Sturz von Präsident Bashar al-Assad hat sein Regierungschef eine rasche Machtübergabe an die syrischen Rebellen zugesichert. Die meisten Minister des bisherigen syrischen Kabinetts übten weiter ihre Pflichten aus, um für Sicherheit im Land zu sorgen, sagte Ministerpräsident Mohammed Ghasi al-Dschalali dem Sender Sky News Arabia. "Wir arbeiten, damit die Übergangsphase schnell und reibungslos verläuft." Seine Regierung sei in Gesprächen mit Vertretern der Rebellen, die am Wochenende Damaskus eingenommen und Assad aus dem Land vertrieben hatten. Al-Dschalali sagte, er sei bereit, sich mit dem Anführer der Rebellengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS), Abu Mohammed al-Golani, zu treffen.

Nach dem Sturz des syrischen Präsidenten al-Assad sieht ein ranghoher arabischer Diplomat neue Möglichkeiten für einen Dialog mit dessen geschwächter Schutzmacht Iran. "Der Iran ist weiterhin ein entscheidender Akteur in der Region", sagte Anwar Gargash, ein Diplomat aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, bei einer Konferenz in Bahrain. "Wir sollten diesen Moment meiner Meinung nach nutzen, um eine Verbindung aufzunehmen und darüber zu sprechen, was als nächstes kommt." Das abschreckende Potenzial der Führung in Teheran sei durch die Ereignisse im Gazastreifen, im Libanon und jetzt in Syrien zutiefst erschüttert worden.

Unterdessen hat ein Beamter des iranischen Regimes in Teheran angekündigt, man habe eine direkte Verbindung zu den Rebellen "innerhalb der neuen syrischen Führung" hergestellt, um eine "feindliche Entwicklung" zwischen den beiden Ländern zu verhindern. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

09.12.2024 • 08:10 Uhr

Ölpreise steigen

Der Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad sorgt für leicht steigende Preise am Ölmarkt. Die Nordsee-Rohölsorte Brent und die US-Sorte WTI verteuern sich um jeweils rund ein halbes Prozent auf 71,52 und 67,61 Dollar je Fass (159 Liter). "Die Entwicklungen in Syrien schaffen eine neue Ebene der politischen Unsicherheit im Nahen Osten", sagt Tomomichi Akuta, Chefökonom beim Analysehaus Mitsubishi UFJ in Tokio.

Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad hat der SPD-Außenpolitiker Michael Roth vor zu viel Euphorie gewarnt. An der Spitze der Aufständischen stünden auch islamistische Gruppen, denen er nicht "über den Weg traue", sagte Roth im ZDF-Morgenmagazin. Diese gäben sich derzeit moderat, die Frage sei allerdings, ob das so bleibe. Syrien sei ein multiethnischer und multireligiöser Staat und er hoffe, dass es gelinge, zu einem Minimum an Zusammenarbeit zu kommen, betonte Roth.

Das Beste wäre, es käme schnell zu Neuwahlen, sagte er. "Und dann würden sich die Kräfte zusammensetzen, um an einer ordentlichen, vernünftigen, vielleicht sogar demokratisch-rechtsstaatlichen Zukunft des Landes zu bauen."

Forderungen nach dem Stopp einer weiteren Aufnahme syrischer Geflüchteter in Deutschland wies Roth als Populismus zurück. Natürlich bestünde die Möglichkeit, dass Syrer sogar freiwillig in ihre Heimat zurückkehrten, sollte dort Stabilität eingekehrt sein. Allerdings wisse derzeit keiner, wie es dort weitergehe. "Vielleicht sollten wir Wahlkampf hin, Wahlkampf her, vernünftig darüber nachdenken, wie wir den Menschen einen Weg aufzeigen können", unterstrich er.

Der Botschafter des Papstes in Syrien zeigt sich erleichtert über den bislang weitgehend friedlichen Machtwechsel in dem Land. Im Gespräch mit Vatican News richtete Kardinal Mario Zenari einen eindringlichen Appell an die internationale Gemeinschaft, die Sanktionen gegen das Land aufzuheben, um den Wiederaufbau zu ermöglichen. Er rief dazu auf, nicht nur humanitäre Hilfe zu leisten, sondern auch durch die Aufhebung der Sanktionen zur Stabilisierung des Landes beizutragen. "Für viele Jugendliche gab es in Syrien keine Perspektive außer der Flucht. Jetzt besteht die Hoffnung, dass sie eine Zukunft in ihrem Heimatland finden können."

Der Papst-Botschafter berichtet außerdem von ersten positiven Signalen, weil die Rebellen Kontakt zu christlichen Vertretern aufgenommen hätten: "Die Rebellen haben in den ersten Stunden den Dialog mit den Bischöfen in Aleppo gesucht und Respekt für religiöse Vielfalt zugesichert", sagte Zenari. "Wir hoffen, dass diese Versprechen eingehalten werden und dass die internationale Gemeinschaft den friedlichen Übergang unterstützt." Zuvor hatte sich auch das katholische Hilfswerk Missio Aachen erleichtert darüber gezeigt, dass es bislang keine Übergriffe gegen Christen oder religiöse Minderheiten gegeben habe.

Der als Weißhelme bekannte Syrische Zivilschutz berichtet auf der Plattform X von möglicherweise unterirdischen Zellen in Gefängnissen des gefallenen Assad-Regimes. Die Aktivisten haben nach eigenen Angaben spezialisierte Teams in das Sednaja-Gefängnis nördlich von Damaskus geschickt. "Sie werden von einem Führer begleitet, der mit dem Gefängnis vertraut ist", schreibt die Organisation. Befreite Gefangene sollen von den versteckten Zellen gesprochen haben. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Der plötzliche Sturz des von Russland unterstützten syrischen Machthabers Assad erschüttert nach Ansicht des US-Instituts für Kriegsstudien (ISW) auch die Glaubwürdigkeit von Kremlchef Wladimir Putin bei dessen Verbündeten. Putin habe autoritäre Machthaber in verschiedenen Ländern vor Protesten gegen ihre Herrschaft geschützt, um sein Ziel einer multipolaren Weltordnung mithilfe ausländischer Partner zu befördern und die Vormachtstellung der USA zu untergraben, schreibt das Institut in einer aktuellen Lageeinschätzung.

"Russlands Unfähigkeit oder bewusster Verzicht darauf, Assads Regime trotz des schnellen Vorrückens der Oppositionskräfte im ganzen Land zu stärken, wird auch Russlands Glaubwürdigkeit als verlässlicher und effektiver Sicherheitspartner in der ganzen Welt beschädigen", heißt es in der Analyse. "Das wiederum wird negative Folgen für Putins Fähigkeit haben, weltweite Unterstützung für sein Wunschziel einer multipolaren Weltordnung zu sammeln."

Der CDU-Politiker Armin Laschet ist nach dem Sturz Assads skeptisch, ob es für das Land nun wirklich aufwärts geht. "Ich wünsche alles irgendwie Gute für das syrische Volk", sagte der frühere Kanzlerkandidat der Union in der ARD-Sendung Caren Miosga. "Aber zu sagen, jetzt gibt's in Syrien sicher eine gute Zukunft, die Russen sind geschlagen und der Assad ist weg, da würde ich vor warnen."

"Die Kräfte, die das jetzt sind, ob die wirklich am Ende einen Staat schaffen, wo Frauenrechte, wo Freiheit für Menschen garantiert ist, da muss noch viel passieren", sagte Laschet. Er betonte auch die Verantwortung Europas, Syrien in der Ära nach Assad zu unterstützen. "Wenn das nämlich schiefgeht, was nicht ausgeschlossen ist, heißt das für neue Flüchtlingsbewegungen natürlich, dass sie direkt Europa erreichen."

Der UN-Sicherheitsrat kommt nach Angaben aus Diplomatenkreisen heute zu einer Dringlichkeitssitzung zu Syrien zusammen. Das berichten die Nachrichtenagenturen dpa und AFP. Die Sitzung ist demnach von Russland beantragt worden und ist hinter verschlossenen Türen für 15 Uhr (Ortszeit, 21 Uhr MEZ) angesetzt.

Nach dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad hat der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter davor gewarnt, härter gegen syrische Flüchtlinge in Deutschland vorzugehen. "Es ist vollkommen unklar, wie es jetzt in Syrien weitergeht", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Überlegungen, nach dem Sturz von Assad unsere Migrationspolitik zu verändern und härter gegen syrische Geflüchtete vorzugehen, sind völlig fehl am Platz."

Unionsfraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) hatte in der Rheinischen Post den Stopp der weiteren Aufnahme syrischer Flüchtlinge gefordert. "Wir haben in den letzten Jahren unsere humanitären Verpflichtungen übererfüllt", sagte sie. Sollte es irgendwann zu einer Befriedung in Syrien kommen, entfalle für viele Syrer auch "die Schutzbedürftigkeit und damit der Grund für ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland".

Der Migrationsforscher Gerald Knaus sah nach dem Sturz von Assad derweil die Chance auf Entspannung in der Flüchtlingssituation. "Mittelfristig - sollte Stabilität hergestellt werden - könnte das für die gesamte Flüchtlingssituation, auch in Europa, ein historischer Wendepunkt sein", sagte er dem Magazin Stern laut Vorabmeldung.

Der vor 12 Jahren in Syrien verschwundene US-Journalist Austin Tice ist wohl am Leben. Präsident Joe Biden teilte am Sonntag mit, dass es zwar "keine direkten Beweise" gebe, die US-Regierung aber davon ausgehe, dass Tice lebt. "Wir glauben, wir können ihn zurückbringen", sagte Biden Reportern vor dem Weißen Haus. "Assad sollte zur Rechenschaft gezogen werden."

Austin Tice ist ein Journalist aus Houston, dessen Texte unter anderem in der Washington Post und der Zeitung McClatchy veröffentlicht wurden. Im August 2012 verschwand er an einem Checkpoint in einem umkämpften Gebiet westlich von Damaskus.

Israel hat Aktivisten zufolge nach dem Sturz des syrischen Machthabers Bashar al-Assad mehrere Waffenlager im Osten Syriens angegriffen. Die israelische Luftwaffe habe Angriffe "auf Waffendepots und Stellungen des gestürzten Regimes" und von pro-iranischen Gruppierungen in der Provinz Deir Essor ausgeführt, sagte der Leiter der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, Rami Abdel Rahman, der Nachrichtenagentur AFP. Er berichtete von "verstärkten israelischen Angriffen" auf solche Ziele seit dem Sturz Assads.

Die islamistische Gruppierung Hajat Tahrir al-Scham (HTS) und mit ihr verbündete Milizen hatten am 27. November eine Großoffensive in Syrien begonnen. Am Sonntag nahmen sie die syrische Hauptstadt Damaskus ein und stürzten den seit Jahrzehnten herrschenden Machthaber Assad.

09.12.2024 • 00:15 Uhr

Der schnelle Sturz Assads

Wie konnte Assad so schnell gestürzt werden? Ein entscheidender Punkt sei die syrische Armee gewesen, erklärt ARD-Korrespondent Ramin Sina in den tagesthemen. "Sich quasi wehrlos zu ergeben. Sie scheinen wirklich sehr müde gewesen zu sein nach 13 Jahren Krieg." Auch eine Abneigung unter den Soldaten gegenüber Assads werde vermutet.

Wie konnte das Assad-Regime so schnell gestürzt werden?, Ramin Sina, ARD Kairo, zzt. Riad, Ina Ruck, ARD Moskau

tagesthemen, 08.12.2024 22:55 Uhr
09.12.2024 • 00:00 Uhr

Liveblog vom Sonntag

US-Präsident Joe Biden hat den Sturz von Machthaber Assad als "historische Gelegenheit" für die Menschen in Syrien bezeichnet. Israel hat nach Angaben von Aktivisten mehrere Ziele in Syrien angegriffen. Die Entwicklungen zur Lage in Syrien vom Sonntag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 09. Dezember 2024 um 09:00 Uhr.