Tschechien und Slowakei Das ARD-Studio Prag
Historischer Balkon und zeitgenössische Kunst, Aufarbeitung der Geschichte und Abhängigkeit der Autoindustrie - seit 1964 berichten die ARD-Korrespondenten aus Prag.
Prag, 30. September 1989 - Es ist schon dunkel, als Hans-Dietrich Genscher den Balkon der Deutschen Botschaft in Prag betritt. Neben ihn drängen zahlreiche Offizielle mit ernsten Mienen. Auf das Fenstersims hinter ihm quetschen sich ausgelassenen Menschen. Jubel brandet aus dem Garten des Palais Lobkowitz auf. Mehrere Tausend Bürgerinnen und Bürger aus der DDR hausen dort und warten auf ihre Ausreise. Es fällt einer der berühmtesten unvollendeten Sätze der deutschen Geschichte.
Und heute? Erinnert der "Trabant auf Beinen", eine Skulptur eines tschechischen Künstlers, im Garten der Botschaft an diese historischen Stunden, als sich die Weltgeschichte hier verdichtete. Aber sonst? Fühlen sich Tschechien und viel mehr noch die Slowakei oft an den Rand der Aufmerksamkeit seitens des großen Nachbarn gedrängt. Dabei spielen beide Länder für die Region eine Schlüsselrolle - als Vermittler zwischen Ost und West und als Vermittler in Ostmitteleuropa.
Tschechien und die Slowakei sind zwei kleinere, aber komplexe Länder mit engen historischen und aktuellen Verbindungen zu Deutschland. Die gemeinsame Geschichte war lange belastet, die Wirtschaft während der Zeit der Aufarbeitung nach der Samtenen Revolution schon längst eng miteinander verknüpft. Tschechien und die Slowakei stehen oft zwischen Ost und West. Sie unterscheiden sich von den anderen Visegrád-Staaten Polen und Ungarn, wenn es um Pressefreiheit oder Demokratie geht, weniger bei Fragen der Migration oder Energiepolitik. Und sie unterscheiden sich untereinander, auch wenn sie erst seit 1993 getrennte Wege gehen.
Von hier zu berichten, Geschichte und Gegenwart zusammen zu bringen, ist eine spannende Aufgabe.