Vetos der FDP Die Vier-Prozent-Partei als Standortnachteil
Die FDP verkauft sich gerne als Partei der Wirtschaft. Indem sie mal wieder versucht, Gesetze in Brüssel zu stoppen, schadet sie dieser aber. Der Kanzler sollte die Vier-Prozent-Partei in ihre Schranken weisen.
Diplomaten in Brüssel verdrehen schon die Augen, wenn mal wieder ein deutscher Sonderweg droht. "German vote" ist das Reizwort, jeder kennt es, es ist die deutsche Art abzustimmen. Bedeutet: Wenn die Berliner Koalition sich nicht einig ist, enthält Deutschland sich der Stimme.
Die Enthaltung führt dann wegen des großen Stimmengewichts der Bundesrepublik dazu, dass wichtige europapolitische Entscheidungen aufgehalten werden. Die Enthaltung kann wirken wie eine Nein-Stimme.
Mit vier Prozent den Laden aufmischen
Die FDP scheint darin eine echte Chance für sich entdeckt zu haben. Als kleinster Koalitionspartner mit stabilen vier Prozent im Rücken mal so richtig kräftig auf die Bremse treten und dabei den ganzen EU-Laden aufmischen - so was schafft Aufmerksamkeit. Es weckt allerdings auch Zweifel an der Verlässlichkeit der Deutschen.
Das war schon so beim Ausstieg aus dem Verbrennermotor. Der war komplett fertig verhandelt, auch von deutschen Unterhändlern, die Kommission war dafür, die Autoindustrie hatte sich drauf eingestellt. Aber nicht die FDP. Christian Lindner legte sein Veto ein, gegen alle Regeln und mit einem riesigen Schaden für Deutschlands Ansehen bei den EU-Partnern.
FDP glaubt, ihrer Klientel einen Gefallen zu tun
Ähnliches droht jetzt wieder beim Lieferkettengesetz. Jahrelang wurde in Brüssel verhandelt, herausgekommen ist ein kompliziert austarierter Kompromiss und - ja - Auflagen für Unternehmen. Sie sollen ab einer bestimmten Größe dafür sorgen, dass Menschenrechte und Umweltschutz eingehalten werden, nicht nur im eigenen Betrieb, sondern auch bei den Zulieferern im Ausland.
Viel zu viel Bürokratie wettern die Liberalen und glauben, damit ihrer Klientel einen Gefallen zu tun. Dabei wollen viele Unternehmer das Gesetz. Sie wissen, welcher Imageschaden entsteht, wenn bekannt wird, dass ihre Produkte mit Kinderarbeit in Afrika gefertigt sind oder Näherinnen eines Geschäftspartners in Asien zu Hungerlöhnen beschäftigt werden.
Bilder von brennenden Fabriken und Umweltkatastrophen haben schon ganze Ketten in die Krise gestürzt. So was will kein Chef in Europa, die Kunden bleiben weg, es ist gefährlich fürs eigene Geschäft. Deshalb unterstützen viele moderne Vorstände die Brüsseler Pläne. Allerdings nur, wenn Wettbewerbsgerechtigkeit besteht. Genau die verhindern die Liberalen mit ihrer Blockade, sie schießen der eigenen Klientel ins Knie.
Scholz sollte "Koch-Kellner-Frage" klären
Es ist nämlich so: Wenn Deutschland das Gesetz scheitern lässt, dann haben vor allem deutsche Unternehmen das Nachsehen. Sie müssen dann die Auflagen des schon vorhandenen deutschen Lieferkettengesetzes erfüllen, die anderen Länder nicht - was einen klaren Wettbewerbsnachteil bedeutet. So ist das, wenn man alles besser weiß, und in Europa Politik mit der Brechstange macht.
Verhindern kann das Bundeskanzler Olaf Scholz. Der sollte in der Koalition klären, wer Koch und wer Kellner ist, um einen seiner Vorgänger zu zitieren. Und dafür sorgen, dass der kleinste Koalitionspartner nicht ständig den anderen auf der Nase herumtanzt.