
EU-Verteidigungsgipfel Geld ist nur die halbe Miete
Auch wenn die EU-Staaten sich einig sind, dass sie mehr Geld in Verteidigung investieren müssen: Eine volle Kasse alleine reicht nicht. Es braucht jetzt ein Führungsteam, das das Geld verantwortungsvoll investiert.
Es gab ein schönes Bild auf diesem Gipfel: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj steht zwischen den beiden höchsten EU-Vertretern - empfangen mit offenen Armen, lachend. Angekommen bei Freunden. Größer hätte der Kontrast zur den Beschimpfungen im Weißen Haus nicht ausfallen können.
Und doch war das kein Wohlfühlgipfel. Selenskyj darf wieder einmal gute Worte mit nach Hause nehmen, das Versprechen der Unterstützung, solange sie notwendig ist. Aber können die Europäer diese überhaupt noch mit gutem Gewissen geben? Sie, deren eigene Verteidigungsdecke so kurz ist es, dass es an allen Ecken der Gemeinschaft zieht?
Das soll sich ja nun ändern. Von einer massiven Aufrüstung ist die Rede. Ob das klappt, hängt von den Ländern ab. Man kann es nicht oft genug wiederholen: Die EU gibt nicht einen Cent für Verteidigung aus, sie macht es den Ländern nur leichter, sich zu verschulden. Es ist, wie wenn die Schule einsturzgefährdet ist und man das Geld für die Renovierung von den Eltern eintreibt. Wie sicher das Gebäude am Ende wird, hängt alleine von ihnen ab.
"Europa first" darf durchaus eine Regel sein
Gut, dass Deutschland mit dicker Brieftasche angereist war. Da werden die anderen Ländern wohl nicht knausrig danebenstehen wollen. Aber eine volle Kriegskasse alleine reicht leider nicht. Es braucht jetzt ein Führungsteam, welches dieses Geld verantwortungsvoll investiert. Das entscheidet, welche Waffensysteme Europa braucht und diese in großer Stückzahl bestellt. Und ja - "Europe first" darf dabei durchaus eine Regel sein.
Denn die Lust, Steuergeld an amerikanische Rüstungshersteller zu überweisen, ist vielen sicherlich vergangen: An ein Land, das unter Umständen kurzfristig entscheidet, ob es überhaupt liefert oder lieber doch nicht, je nachdem, in welcher Stimmung der US-Präsident gerade ist.
Macron und Merz voran?
Die Aufrüstung Europas muss jetzt schnell gehen. Es ist ein gewaltiger Satz für eine europäische Union, die bislang für Ladekabel, KI-Regeln oder das Recht auf Reparatur gekämpft hat. Aber niemand weiß, was der russische Präsident Wladimir Putin tatsächlich plant. Wie viel er von der Ukraine noch zerstören will oder ob er tatsächlich schon NATO-Staaten ins Visier genommen hat.
Angesichts dieser Ungewissheiten braucht Europa weiterhin einen Schutzengel. Auch diese Stimmen waren auf dem Gipfel deutlich zu hören. Die Gespräche mit den USA müssen weiter und mit kühlem Kopf geführt werden - trotz aller Zumutungen.
Europa hat sich auf den Weg gemacht, seine Sicherheit selbst in die Hand zu nehmen. Vorne weg gehen die beiden M&Ms - Macron und Merz. Der Franzose mit seinen Atomwaffen, der Deutsche mit seinem Geld. Es ist eine Kombination, die in Moskau und Washington zumindest für Respekt sorgen sollte.