
Lage zwischen Indien und Pakistan Noch ist es ein Krieg der Worte
Seit dem Terroranschlag in der indischen Region Kaschmir mit 26 Toten spitzt sich die Lage zwischen Indien und Pakistan zu. Beide Seiten verhängen Strafmaßnahmen. Die Situation könnte eskalieren.
Man muss es klar sagen: Das hier ist ziemlich schnell eskaliert. Am Dienstag der Terroranschlag, die Inder sagen: Pakistan steckt dahinter, die Pakistaner sagen: stimmt nicht. Trotzdem am Mittwoch erste Strafmaßnahmen aus Neu-Delhi gegen Pakistan, am Donnerstag die Antwort aus Islamabad. Nicht nur Nadelstiche wie den einzigen Grenzübergang zu schließen oder ein paar Diplomaten auszuweisen, sondern Aktionen und Drohungen, die die Stabilität der ganzen Region gefährden.
Ein erstes Scharmützel gab es schon im Grenzbereich. Dass Indien den Indus-Wasservertrag aussetzt, heißt für Pakistan: Das Land kann im schlechtesten Fall seine 240 Millionen Menschen nicht mehr mit Wasser versorgen, weil die Inder an der Quelle den Hahn abdrehen. Wenn Pakistan daraufhin das Simla-Friedensabkommen wie angedroht kündigen würde, stünden die Grenzlinien in Kaschmir wieder in Frage.
Hinzu kommt eine verbale Aufrüstung, immer häufiger fällt auch der Begriff Krieg. Das ist zwar noch ein Krieg der Worte, das kann sich aber ändern. Ein bewaffneter Konflikt zwischen den beiden Atommächten ist durchaus denkbar, konventionelle Militärschläge Indiens gegen Ziele in Pakistan beispielsweise wie zuletzt 2019. Als Vergeltung für den jüngsten Terroranschlag, mit dem Potenzial zu einer weiteren Eskalation. Eine atomare? Die steht zwar nicht im Raum, es will sie wohl auch keiner der Beteiligten, seriös ausschließen kann man es aber nicht.
Mehrere Formen des Krieges sind denkbar
Ein Krieg um Wasser also ist denkbar, ein Krieg um ein umstrittenes Gebiet womöglich, ein Krieg um Religion, schließlich sollen die mutmaßlich islamistischen Attentäter vom vergangenen Dienstag gezielt Hindus hingerichtet haben, sagen die Inder. Trotzdem wird man den Eindruck nicht los, dass es längst nicht mehr alleine um den Terroranschlag geht.
Indien ist in der derzeitigen Weltlage stärker denn je, das Land wird gebraucht, Indiens Premier Narendra Modi könnte jetzt, wenn er will, Grenzen austesten. Von Washington jedenfalls würde es wohl kaum Kritik an einem harten Vorgehen geben. Vizepräsident Vance war kurz vor dem Anschlag bei Modi in Delhi und sagte schon da, die USA werden Indien nicht mehr belehren. Und auch die EU würde wohl leiser sein mit Kritik, will sie doch endlich ein Freihandelsabkommen mit Indien. Trotzdem oder gerade deshalb ist es so wichtig, dass Partnerstaaten mit Gesprächskanälen nach Neu-Delhi und Islamabad helfen, die Dynamik aus dieser Situation zu nehmen.
Damit der Terroranschlag aufgeklärt wird, damit mögliche Hintermänner bestraft werden, aber damit vor allem die Gefahr gebannt wird, dass aus dem Krieg der Worte in kürzester Zeit ein heißer Krieg wird.