Händler bmp vor Insolvenzverfahren Turbulenzen in der Biomethan-Branche
Gegen den führenden deutschen Biogashändler bmp soll in dieser Woche ein Insolvenzverfahren eröffnet werden. Das gefährdet die Existenz kleiner Kraftwerksbetreiber, der Bundesregierung droht beim Umstieg auf Erneuerbare Energien ein Dämpfer.
Die deutsche Biomethan-Branche ist in Aufruhr. Gegen den führenden deutschen Biogashändler bmp greengas soll in dieser Woche das Insolvenzverfahren eröffnet werden. Für Betreiber von Biogas-Blockheizkraftwerken könnte das zu einem gravierenden Problem werden. Zudem könnten die Pläne der Bundesregierung zum Umstieg auf Erneuerbare Energien gebremst werden.
Nach Informationen des NDR und des ARD-Wirtschaftsmagazins Plusminus haben insgesamt mehr als 100 deutsche Biogas-Kraftwerksbetreiber, darunter zahlreiche Stadtwerke, mit der bmp langfristige Lieferverträge abgeschlossen, oft verbunden mit Millionen-Investitionen in neue Biomethan-Kraftwerke. Doch die bmp kann diese Verträge offenbar nicht mehr erfüllen. Das Insolvenzverfahren, das nach Auskunft der Geschäftsführung der bmp voraussichtlich in dieser Woche startet, soll nun Klarheit bringen, wie es weitergeht.
Landwirtschaftsbetrieb in der Existenz bedroht
Wie groß die wirtschaftlichen Auswirkungen einer möglichen Pleite wären, wird auf einem Acker in Sassenberg im Münsterland deutlich. Hier baut Andreas Querdel auf neun Hektar Paprika, Gurken und Tomaten an. Querdel hat auf seinem Hof drei Blockheizkraftwerke gebaut, die mit Biomethan betrieben werden sollten. Dafür hat er mit bmp eigentlich einen langfristigen Vertrag mit einer Laufzeit von knapp 15 Jahren abgeschlossen.
Sein Ziel war es, Strom zu erzeugen und ins Netz einzuspeisen. Mit der Abwärme seines Zehn-Megawatt-Speicherkraftwerkes wollte er dann seine Gewächshäuser heizen. Doch nun steht der Betrieb, der seit Generationen im Besitz der Familie ist, vor dem Ruin. Denn statt der eigentlich vereinbarten 467 Gigawattstunden Biomethan habe ihm bmp zuletzt nur noch 1,5 Gigawattstunden angeboten. "Wenn kein Biomethan geliefert wird, können die Maschinen nicht laufen, kann kein Geld erwirtschaftet werden", sagt Querdel.
Insgesamt hat der Landwirt etwa zehn Millionen Euro in die Kraftwerke investiert. "Die Anlage muss irgendwann Geld verdienen, ansonsten kann unser landwirtschaftlicher Betrieb die Zahlungen nicht kompensieren. Am langen Ende wäre dann auch unser Familienbetrieb von Zahlungsunfähigkeit bedroht", so der Unternehmer.
Energiepläne der Bundesregierung gefährdet
Im Rahmen der von der Bundesregierung vorangetriebenen Energiewende kommt Biomethan eine besondere Bedeutung zu. Entsprechend werden Investitionen in Biomethan-Kraftwerke auch gefördert. Denn sie können schnell und effizient Strom und Wärme liefern, wenn Wind- und Sonnenergie ausbleiben.
Doch unter den Betreibern dieser Kraftwerke herrscht nun große Verunsicherung. Bereits seit Juni befindet sich die bmp greengas GmbH in einem Schutzschirmverfahren. Seinen Kunden hat das Unternehmen angekündigt, dass es viele Verträge nicht mehr erfüllen könne.
Offenbar riskante Einkaufspolitik
Der Insolvenzantrag, den NDR und Plusminus einsehen konnten, zeigt nun im Detail, wie es zur Schieflage des Unternehmens kommen konnte. Demnach setzte bmp offenbar auf eine riskante Einkaufspolitik. Mit den Kunden habe man einerseits langjährige Lieferverträge mit festen Mengen vereinbart. Die mit den Lieferanten vereinbarten Verträge dagegen "wiesen regelmäßig kürzere Laufzeiten auf", heißt es in dem Papier.
Diese Einkaufspraxis hatte offenbar System: In der Vergangenheit habe die Gesellschaft von diesen sogenannten Short-Positionen profitieren können, heißt es weiter. Als die Energiemärkte im Jahr 2022 auch aufgrund des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine durcheinander gerieten, scheiterte diese Strategie. Die Firma häufte Verluste an. Nun steht bmp vor einem Scherbenhaufen und auch einige Kunden stehen vor dem wirtschaftlichen Abgrund.
Kunden zweiter Klasse?
Unter denen wächst inzwischen die Wut auf bmp. Denn nach Informationen von NDR und Plusminus gibt es Hinweise darauf, dass bmp offenbar einige Abnehmer durchaus weiter beliefert. Teilnehmer einer Videoschalte mit bmp berichten, dass Kunden aus der lukrativen Kraftstoffsparte offenbar von Lieferkürzungen ausgenommen seien. In der Regel sind hier die Gewinnmargen deutlich höher.
Der Vorwurf der verärgerten Kraftwerkbesitzer: Während bmp auf der einen Seite die Lieferverträge abwickelt, weil sie sich für das Unternehmen offenbar nicht mehr rechnen, wird an anderer Stelle weiter Biomethan geliefert - sofern eben der Preis stimmt.
Tatsächlich gehört bmp einem Joint Venture an, der reefuelery GmbH, das in großem Stil solche nachhaltigeren Kraftstoffe produzieren soll. Biogas für circa 180 Tonnen Biokraftstoff pro Tag, den eine derzeit noch im Bau befindliche Anlage bald produzieren soll, soll offenbar exklusiv von der bmp geliefert werden.
Bei bmp hat man hingegen einen anderen Blick auf die Sache. Schließlich seien die Märkte für Biokraftstoff und für Bioenergie zwei völlig verschiedene Sachen. Im Kraftstoffbereich gebe es derzeit nun mal keine Engpässe. Die reefuelery GmbH wollte sich auf Anfrage zu dem Vorgang nicht äußern.
Bitter enttäuscht
Die wirtschaftliche Talfahrt der bmp ist auch politisch brisant. Denn bmp gehört mittelbar zum Großkonzern EnbW. Dieser wiederum befindet sich zu mehr als 90 Prozent in öffentlicher Hand. Die meisten Anteile hält eine landeseigene Gesellschaft des Landes Baden-Württemberg.
Viele Kunden, darunter Andreas Querdel, setzten beim Abschluss des Vertrags gerade auf diese Sicherheit. Nun fühlen sie sich bitter enttäuscht. Denn offiziell setzt die grün-schwarze Landesregierung in Baden-Württemberg auf erneuerbare Energien und gerade auch auf Biogas. Das wurde nicht zuletzt Anfang Juli deutlich, als die Landesregierung öffentlich ihre "Biogasstrategie" bewarb.
Land und EnBW halten sich zurück
Doch mit der drohenden Insolvenz der bmp will man in Stuttgart lieber nicht so viel zu tun haben. Auf Nachfrage des NDR, weshalb EnBW dem ins Straucheln geratenen Biogas-Unternehmen nicht unter die Arme greife, wollte sich die Landesregierung nicht äußern. Die Vorgänge beträfen das operative Geschäft der EnBW, das man grundsätzlich nicht kommentiere, so ein Sprecher.
EnBW wiederum teilte auf Anfrage mit, man habe keine Handhabe gehabt, das Schutzschirmverfahren der bmp abzuwenden. Man habe die bmp zunächst "wirtschaftlich ganz erheblich unterstützt, um ein Insolvenzverfahren abzuwenden", so eine Konzernsprecherin.
So sei die bmp mit "liquiden Mitteln im unteren dreistelligen Millionenbereich" ausgestattet worden. Dies habe aber die Lage des Unternehmens nicht wesentlich stabilisiert. Die "drastischen Verwerfungen" auf dem Biogasmarkt hätten zu einer Verknappung des Angebots geführt, die die bmp nicht habe beheben können.
Die bmp greengas GmbH antwortete auf die NDR-Anfrage teilweise wortgleich mit der EnBW, und bestätigte, dass die Lieferkürzungen tatsächlich nur den Bereich der Kraftwerkskunden beträfen. Das Unternehmen wies zudem den Vorwurf zurück, das Biogas, das an Kraftwerkskunden hätte geliefert werden können, profitabler an andere Branchen, etwa im Kraftstoffsektor, verkauft zu haben.
Die Kunden der bmp, die nicht mehr beliefert werden, müssen nun ihre Anlagen kostspielig umrüsten oder sich nach neuen Quellen für Biomethan umsehen. Für Andreas Querdel ist dies derzeit jedoch keine Option. Bei den hohen aktuellen Marktpreisen für Biomethan würde er mit jedem verstromten Kubikmeter Gas Verluste machen. Er hofft nun auf eine Einigung mit der bmp.