Bürgerschaftswahl in Bremen Wie Bovenschulte den SPD-Sieg nutzen will
Der Wahlsieg der Bremer SPD ist vor allem ein Sieg ihres Bürgermeisters Andreas Bovenschulte. Die SPD kann sich aussuchen, ob sie an Rot-Grün-Rot festhalten oder lieber mit der CDU koalieren will.
Die Sozialdemokraten sind die Gewinner der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft. Ungeachtet der großen Unzufriedenheit vieler Bremer mit der SPD-geführten Ampel im Bund legen sie in Bremen gegenüber 2019 fast fünf Prozentpunkte zu. Nach einem historischen Tief im Jahr 2019 (24,9 Prozent) sind sie damit wieder die stärkste Kraft im Zwei-Städte-Staat - vor der CDU, die die SPD 2019 knapp hinter sich gelassen hatte.
SPD kann sich Koalitionspartner aussuchen
Die Sozialdemokraten können sich nun aussuchen, ob sie die Zusammenarbeit mit Grünen und Linkspartei fortsetzen oder eine große Koalition mit der CDU eingehen wollen. Zwar möchte sich die SPD vorerst beide Optionen offenhalten. Als wahrscheinlich gilt aber, dass sie an dem bestehenden Bündnis mit Grünen und Linken festhalten und einen Koalitionsvertrag mit deutlicher sozialdemokratischer Handschrift durchsetzen wird.
Der aktuelle Koalitionsvertrag des rot-grün-roten Bündnisses ist noch von der 2019 ungewöhnlich starken Position der Grünen geprägt, die damals auf 17,4 Prozent der Stimmen gekommen waren und im Vorfeld der Koalitionsverhandlungen zwischen Rot-Grün-Rot und einem Jamaika-Bündnis entscheiden konnten.
Bovenschulte und sein Amtsbonus
Zu verdanken hat Bremens SPD ihren Erfolg vor allem ihrem Bürgermeister Andreas Bovenschulte. Gut zwei Drittel der Bremer Bevölkerung (68 Prozent) halten ihn für einen guten Bürgermeister, darunter sogar 63 Prozent der CDU- und 62 Prozent der FDP-Anhänger. Das ist eines der Schlüsselergebnisse aus einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der ARD wenige Tage vor der Wahl zur Bremischen Bürgerschaft.
Der Popularität des Bremer Regierungschefs hatte CDU-Spitzenkandidat Frank Imhoff wenig entgegenzusetzen. Hätten die Bremerinnen und Bremer ihren Bürgermeister direkt wählen können, so hätten der Umfrage zufolge 58 Prozent für Bovenschulte gestimmt und nur 25 Prozent für Imhoff. Dennoch ist es der CDU geglückt, ihr für Bremische Verhältnisse gutes Ergebnis von 2019 (26,7 Prozent) nahezu zu bestätigen.
Debakel für die Grünen
Schwere Verluste müssen dagegen die Bremer Grünen hinnehmen: Sie verlieren gegenüber 2019 fast fünf Prozentpunkte. In diesem Ergebnis spiegelt sich wider, dass laut Umfrage nur ein Fünftel der Bremerinnen und Bremer mit der Arbeit zufrieden ist, die die Grünen im Bremer Senat leisten - deutlich weniger als noch vor vier Jahren. Insbesondere die Verkehrspolitik der grünen Spitzenkandidatin und Mobilitätssenatorin Maike Schaefer steht in der Kritik. Nur 18 Prozent der wahlberechtigten Bremerinnen und Bremer sind mit ihrer Arbeit zufrieden.
Auch parteiintern ist der Druck auf Schaefer durch das desolate Abschneiden ihrer Partei massiv gestiegen. Auf die Frage, ob sie zurücktreten werde, erwiderte Bremens Mobilitätssenatorin gestern Abend, dass sie sich nicht scheue, Verantwortung zu übernehmen. Doch zunächst gelte es, die Ergebnisse der Wahl genau zu analysieren. Aus der Parteispitze der Bremer Grünen verlautete unterdessen, dass infolge der Wahlergebnisse eventuell bereits am heutigen Montag personelle Entscheidungen fallen könnten.
Gestärkte Linkspartei
Anders als die Grünen geht die Linkspartei gestärkt aus der Wahl in Bremen hervor. Während sich die Bundespartei in einer tiefen Identitätskrise befindet, können die Linken in Bremen ihr Rekordergebnis aus 2019 (11,3 Prozent) nahezu bestätigen. Einen großen Anteil daran trägt offensichtlich die Spitzenkandidatin der Partei, Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt. 45 Prozent der wahlberechtigten Bremerinnen und Bremer sind mit ihrer Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden. Damit erreicht Vogt nicht nur größere Zustimmungswerte als Maike Schaefer von den Grünen, sondern auch als Frank Imhoff von der CDU.
Vogt gilt als pragmatische Politikerin, die in der Corona-Pandemie unternehmensnah aktiv gewesen ist und eigene Hilfsprogramme auf den Weg gebracht hat. Es gilt auch als ihr Verdienst, dass Bremens Bruttoinlandsprodukt nach vorläufigen Zahlen 2022 gegenüber 2021 inflationsbereinigt um 5,1 Prozent gewachsen ist, so deutlich wie in keinem anderen Bundesland.
FDP profitiert von Unzufriedenheit mit Verkehrspolitik
Noch im März sahen Umfragen die Bremer FDP unter der Fünf-Prozent-Hürde. Dennoch werden die Liberalen den Hochrechnungen vom späten Abend zufolge wahrscheinlich erneut in Fraktionsstärke in die Bremische Bürgerschaft einziehen. Das liegt auch daran, dass es ihnen geglückt ist, den Bremer Grünen in der Verkehrspolitik etwas entgegenzusetzen, indem sie sich als Autofahrer-Partei positioniert haben.
So findet laut Umfrage mehr als die Hälfte der wahlberechtigten Bremerinnen und Bremer gut, dass die FDP Platz für Autos in den Innenstädten erhalten möchte. Der Bremer Senat dagegen möchte die Autos aus der Bremer Innenstadt weitgehend verbannen.
Rekordergebnis für die Bürger in Wut
Die Bürger in Wut (BIW) erreichen mit rund zehn Prozent der Stimmen ein Rekordergebnis in Bremen. Erstmals wird die rechtskonservative Wählergemeinschaft nun in Fraktionsstärke in die Bremische Bürgerschaft einziehen. Wie die Wählerbewegungen zeigen, haben die BIW stark davon profitiert, dass der Landeswahlausschuss Bremens die AfD im März von der Bürgerschaftswahl ausgeschlossen hatte.
Hauptprofiteur des Erfolgs der BIW wird am Ende das ebenfalls rechtskonservative Bündnis Deutschland sein, in dem die BIW demnächst aufgehen werden.