Thüringen Wie ehrenamtliches Engagement in Wechmar ein Wirtshaus rettet
Mit der zweiten Coronawelle 2021 wurde die letzte Dorfkneipe in Wechmar geschlossen. Kurz danach wurde die Idee geboren, den "Goldenen Löwen" in die eigene Hand zu nehmen. Viele machen mit, inzwischen gab es schon 21 Kneipenabende, immer am letzten Freitag im Monat.
Die Kneipe ist kaum eine dreiviertel Stunde geöffnet, da sitzen schon rund 30 Leute an den Tischen. Es ist laut, fast jeder Tisch ist im Goldenden Löwen besetzt. Familien, Nachbarn, Freunde sitzen auf einfachen Holzstühlen an einfachen Holztischen. Sie spielen Karten oder reden einfach miteinander. Denn es ist Freitagabend, die Woche ist rum.
Im Löwen treffen jetzt wieder Generationen aufeinander. Das finden alle schön, die herkommen.
Es gibt immer viel zu erzählen. Um 20 Uhr kommen sechs junge Männer in die Gaststube, klopfen auf jeden Tisch. Das ist schon immer im Dorf der Kneipengruß.
Und sie bekommen von jedem einen Klopfer zurück, man schaut sich ins Gesicht und sagt sich freundlich "Guten Abend". Dann setzen sich die Männer und essen erstmal eine Bockwurst. Es gibt auch Leberkäse, steht mit Kreide auf der Tafel links neben dem Kücheneingang.
Idee gegen das Kneipensterben
"Wir halten es einfach mit dem Essen", sagt Mitorganisator Jörg Faulstich von der Interessengemeinschaft "Kneipenabend Wechmar". "Essen ist nicht wichtig. Sich wieder treffen, miteinander reden, streiten, lachen, Bierchen trinken."
Nicole Hartrumpf kümmert sich ehrenamtlich um den Tresen.
Mit der zweiten Coronawelle 2021 machte auch die letzte Dorfkneipe in Wechmar zu. Im Januar 2022 hatten der Präsident des FSV-Eintracht Wechmar Jörg Faulstich und seine Freunde die Idee, den "Goldenen Löwen" in die eigene Hand zu nehmen.
Sie gründen die IG, gingen beim ersten Mal in Vorkasse und verkauften genug, um den Kneipenabend zu wiederholen. Mittlerweile lief schon der 21ste, immer am letzten Freitag im Monat.
Und sie helfen alle, ob in der Küche, am Tresen oder als Bedienung. Neben Jörg auch Mandy und Nicole. Je nachdem, wer eingeteilt wurde.
Es gibt Helles und Pils vom Fass, Weizen und alkoholfreies Bier in der Flasche. Cola, Limo und Wasser und natürlich wandern auch die Schnapsrunden durch die Kneipe, serviert auf einem silbernen Tablett aus den 1980er Jahren.
Gemeinschaftsprojekt kommt gut an im Ort
Aufgeschrieben wird auf Bierdeckeln, gezählt später in Bar. Oder vielleicht morgen, jeder kennt jeden in Wechmar. So ist das im Dorf - überall.
Beim Blick auf die Karte merkt man schnell, dass man hier nicht in einer gewinnorientierten Kneipe sitzt.
Das Gebäude gehört der Gemeinde. Und die ist froh, dass wieder Leben in den Löwen einkehrt. Am Tresen und auf den gut 80 Plätzen wird es mittlerweile immer lauter, unterhalten kann man sich nur noch nah am Ohr. Und es kehrt zurück, was hier im „Löwen“ lange nicht mehr präsent war: Freude und Gemeinschaft.
Die Bürger von Wechmar öffnen ihre Kneipe übrigens das nächste Mal wieder am 29. November - ab 19 Uhr.
MDR (gh)