Thüringen BSW macht offiziell Weg frei für Koalitionsverhandlungen
Das Thüringer Bündnis Sarah Wagenknecht hat nun auch offiziell zugestimmt, die Koalitonsverhandlungen mit CDU und SPD aufzunehmen. Außerhalb des Freistaats wird der dafür nötige Kompromiss der drei Parteien zur Friedenspolitik jedoch weiterhin kritisiert.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen ist nun auch offiziell bereit für Koalitionsverhandlungen mit der CDU und der SPD. Dem stimmten die Parteigremien am Dienstagabend trotz Kritik aus der Bundesspitze der Partei zu. "Der Beschluss markiert einen wichtigen Schritt in Richtung einer stabilen und zukunftsorientierten Regierung für Thüringen, die die Interessen der Bürgerinnen und Bürger in den Vordergrund stellt", teilte das BSW mit.
"Wir nehmen die Verantwortung ernst, die uns die Wählerinnen und Wähler übertragen haben, und setzen uns mit aller Kraft dafür ein, Thüringen auf eine soziale, gerechte und friedliche Zukunft auszurichten", sagte die Thüringer BSW-Chefin Katja Wolf. Man freue sich auf konstruktive und lösungsorientierte Verhandlungen und werde kontinuierlich über die Fortschritte informieren. Wolf hatte bei der Vorstellung des Friedenspassus am Montag gesagt, Zustimmung von der Bundesspitze sei dafür "rein formal nicht vorgesehen".
Die Kritik des Bundes-BSW an den Thüringer Koalitionsverhandlungen wurde durch eine Einigung von CDU, SPD und BSW in friedenspolitischen Fragen ausgelöst. Die mögliche "Brombeer"-Koalition will demnach in der Präambel eines Koalitionsvertrages festschreiben, dass eine Thüringer Landesregierung diplomatische Lösungen unterstützt, die den von Russland entfesselten Angriffskrieg beenden - vorausgesetzt, sie befinden sich im Rahmen der europäischen und bundesstaatlichen Ordnung. Zudem erkennen die drei Parteien an, dass in Thüringen viele Menschen die geplante Stationierung von US-Raketen in Deutschland kritisch sehen.
Wagenknecht-Lager kritisiert Thüringer BSW
BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht hatte diesen Thüringer Kompromiss zu friedenspolitischen Forderungen des BSW deutlich kritisiert und von einem "Fehler" gesprochen. Er entspreche nicht einer in Brandenburg gefundenen Einigung der BSW-Partei. Die BSW-Linie sieht eine noch striktere friedenspolitische Linie vor, die beispielsweise die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen in Deutschland und weitere Waffenexporte an die Ukraine komplett ablehnt.
Auch andere BSW-Politiker gingen den Thüringer Landesverband hart an. Gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Spiegel" zog Fabio de Masi, der fürs BSW im Europaparlament sitzt, die politische Glaubwürdigkeit der Thüringer Partei in Zweifel. "Wer sich für ein Ministeramt gegen Frau Wagenknecht instrumentalisieren lässt, hilft nur Herrn Höcke und nicht dem Land!", so de Masi.
Sevim Dagdelen, außenpolitische Sprecherin des Bundes-BSW, sagte dem "Spiegel", dass in Thüringen nachgesteuert werden müsse.
Shervin Haghsheno, stellvertretender BSW-Vorsitzender, zeigte sich darüber verwundert, dass es seiner Meinung nach "bei Katja Wolf in Thüringen offenbar die Bereitschaft gibt, grundsätzliche Positionen des BSW in der Frage von Frieden, Krieg und Aufrüstung aufzugeben".
Auch von Parteikollegen aus den anderen ostdeutschen Bundesländern kommt Kritik. Die Landeschefin des BSW Sachsen, Sabine Zimmermann, sagte beispielsweise, die Thüringer Partei werde in den Koalitionsverhandlungen den Erwartungen der Menschen nicht gerecht.
Inhaltliche Koalitionsverhandlungen sollen zwei Wochen lang dauern
Die Landesspitzen von CDU, BSW und SPD hatten sich bereits am Dienstag zu einem ersten Gespräch zur Regierungsbildung getroffen. In dem etwa zweistündigen Arbeitstreffen sei es unter anderem um die Besetzung von Arbeitsgruppen und den Zeitplan gegangen, sagte ein Sprecher der Thüringer CDU-Landtagsfraktion.
Insgesamt sind sieben Verhandlungsgruppen zu Themen wie Wirtschaft oder Migration geplant. Geklärt werden muss unter anderem, welche Partei in den Gruppen jeweils den Vorsitz hat. Sobald die inhaltlichen Verhandlungen starten, wollen sich die Parteien zwei Wochen Zeit geben. Konkretes werde erst bekanntgegeben, wenn es zu den Themen Klarheit gebe.
MDR (ost)/dpa