
Schleswig-Holstein Seenotretter bringen Wattwanderer in Sicherheit
Eine Wattwandergruppe wurde Ostermontag plötzlich zwischen Föhr und Amrum vom Wasser eingeschlossen, obwohl sie in Begleitung eines erfahrenen Wattführers war. Die DGzRS musste ausrücken.
Seenotretter haben 25 Menschen aus dem Watt vor der Insel Amrum (Kreis Nordfriesland) gerettet. Die Gruppe konnte bei ansteigendem Wasser einen Priel nicht mehr durchqueren und die Insel nicht mehr erreichen, berichten die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Die 32 Wattwanderer waren am Ostermontag eigentlich auf dem Weg von Föhr nach Amrum, zusammen mit einem erfahrenen Nationalparkwattführer.
Kritischer Moment: Wathosen laufen voll
Dark Blome ist der Wattführer, der an diesem Tag mit der Gruppe unterwegs war. "Da war ein Loch, das war 40 Zentimeter tief", erzählt er. Eine Wattwanderin sei da hineingeraten, er sei ihr gefolgt - und beiden sei das Wasser in die Wathose gelaufen. "In dem Moment als die Frau absackte und ich hinterher - und dann diese Strömung spürte, da hab ich gedacht: Das wars. Da kommen wir nicht mehr durch", berichtet Blome NDR Schleswig-Holstein.
Ich stand da und dachte: Das schaffst du nicht mehr"
— Dark Blome, Wattführer
Zuvor war noch ein kleiner Teil der Gruppe, acht Personen, aus eigener Kraft durch den Priel nach Amrum gelangt. Der Rest der Gruppe, 24 Personen und Blome selbst, standen auf der anderen Seite des tiefen Priels - auf einer Sandbank - 300 Meter vor der Amrumer Odde. Der Wattführer rief die Seenotretter. "Ich hätte nie eine Chance gehabt da mit allen Leuten durchzukommen", sagt er. "Ich war klitschnass, ich hab gefroren wie ein Schneider", berichtet er. Ein kleiner Junge habe richtig Angst gehabt.
Tochterboot mit wenig Tiefgang hilft
Die DGzRS rückte mit dem Seenotrettungskreuzer "Ernst Meier-Hedde" aus. Im Watt ließen sie das Tochterboot "Lotte" zu Wasser, das nur einen Tiefgang von 80 Zentimetern hat. "Ich bin mit einem Kollegen zusammen in Richtung der Einsatzstelle gefahren", berichtet Thomas Berndt von der DGzRS NDR Schleswig-Holstein. "Wir kamen nicht ganz ran, wir mussten noch ein Stück durchs Wasser laufen. Dann ist mein Kollege mit einem Seil zur Sicherung durch das Wasser auf die Personen zugelaufen, hat eine sichere Leinenverbindung mit unserem Schiff hergestellt", so Thomas Berndt.
Leichte Unterkühlungen
Mithilfe der Leine konnten die Wattwanderer von ihrer Sandbank aus das Boot "Lotte" erreichen. In zwei Touren brachten die Seenotretter die Menschen an das Ufer der nah gelegenen Odde. Die meisten der Wattwanderer seien ruhig und besonnen geblieben. "Bei manchen hat man die Angst ein bisschen gemerkt", erzählt Berndt. Bis auf leichte Unterkühlungen waren die Wattwanderer unverletzt. Die Lufttemperatur betrug am Montagmittag elf Grad, die Wassertemperatur neun Grad Celsius.
"Ich weiß nicht, wo das Wasser herkam"
Dark Blome kommt von Amrum und führt seit 29 Jahren durchs Watt - "aber so was habe ich noch nicht erlebt, dass so viel mehr Wasser da war, als vorhergesagt war", berichtet er NDR Schleswig-Holstein. "Wir hatten einen Wasserstand bei Hochwasser von Minus 20 Zentimetern, es war also kaum Wasser da. Der Niedrigwasserstand war mit plus 30 Zentimetern gemeldet. Ich habe vorher allen Gästen gesagt, dass sie bis zum Gürtel im Wasser sein werden. Vor zwei Tagen bin ich mit einer Gruppe hier rüber, da gab es keine Probleme", erzählt er.
Die DGzRS betont, der Wattführer habe besonnen und richtig gehandelt. Sonst hätte die Wanderung auch ohne gutes Ende ausgehen können, betont Thomas Berndt. "Das Wasser wäre weiter gestiegen. In den Bereichen gibt es eine ordentliche Strömung. Dann wären vielleicht noch Panik- oder Angstreaktionen dazu gekommen." Die Nordsee verändere sich schnell. "Da können sich Priele verschieben, die Strömung kann zunehmen. Dann kann das Wasser doch mal schneller kommen als vorhergesagt", so Berndt.
Schaulustige filmen Situation
Seine Wattwandergruppe habe sich in der Notsituation vorbildlich verhalten, so Blome. "Das hat hervorragend geklappt", lobt der Wattführer. Weniger vorbildlich: Als die gerettete Gruppe mit der "Lotte" auf Amrum ankam, sei sie von einigen Schaulustigen gefilmt worden. "Zu filmen, wie die Leute verängstigt von einem Schiff runterkommen, fand ich schade", so Blome.
Für den Wattführer war es ein einschneidendes Erlebnis, trotzdem geht es jetzt weiter. Bereits am Freitagmorgen hat er die nächste Wattführung. "Da werde ich von Amrum nach Föhr laufen." Er sei zuversichtlich, dass sich eine Situation wie am Ostermontag nicht nochmal wiederhole.
Seenotretter: Kraft der Gezeiten bergen Risiken
Die DGzRS mahnt derweil, Menschen sollten niemals allein ins Watt aufbrechen. "Die Kraft der Gezeiten und die Beschaffenheit des Meeresgrundes bergen große Risiken. Senken, Priele, Löcher, Muschelfelder, Steilkanten und Schlickfelder können lebensgefährlich werden."
Tipps: Wie verhalte ich mich richtig im Watt?
- Nicht alleine ins Watt gehen, nur in der Gruppe und in Begleitung eines Wattführers
- Gezeiten beachten, genügend Zeit für den Rückweg einrechnen
- Markierungspunkt auf dem Festland merken
- Bei auflaufendem Wasser Nähe von Prielen meiden, dort herrscht starke Strömung, niemals versuchen, einen Priel zu durchschwimmen
- nur tagsüber, im Sommer und bei gutem Wetter losgehen, niemals bei Dämmerung, in der Dunkelheit, bei Sturm, Gewitter und Nebel wattwandern
- Auf angemessene Kleidung achten: Kopfbedeckung, Sonnencreme, winddichte Jacke
- bei Nebel anhand der Fußspuren den Weg zurück zur Küste suchen und laut und deutlich um Hilfe rufen
Dieses Thema im Programm:
NDR Fernsehen | Schleswig-Holstein Magazin | 22.04.2025 | 19:30 Uhr