Hamburg Boy-Gobert-Preisträger Dennis Svensson: "Lässig, ohne vorzuführen"
Der diesjährige Boy-Gobert-Preis der Körber-Stiftung für den schauspielerischen Nachwuchs an Hamburger Bühnen geht an Dennis Svensson. Er verkörpere "seine Figuren mit Lässigkeit, ohne sie vorzuführen", heißt es in der Jury-Begründung.
Barfuß und im Glitzerkleid betritt er die Bühne des St.-Pauli-Theaters, lange blonde Locken fallen ihm über die Schultern. In "James Brown trug Lockenwickler" von Yasmina Reza spielt Dennis Svensson Céline Dion, eine der größten, lebenden Popdiven, denn für die hält sich seine dargestellte Figur Jacob, dessen Eltern treibt das zur Verzweiflung:
Ich bin das, was ich sein will. Und bitte, seht mich als das, was ich sein will. Und das ist auch, glaube ich, etwas ganz Schönes, was ich immer wieder versuche zu leben, und da haben wir eine Parallele."
— Zitat aus "James Brown trug Lockenwickler
Theater-AG formte den Berufswunsch
Mit großer Selbstverständlichkeit und Charme lässt Svensson diese Figur lebendig werden und betritt mit ihr eine Welt, die ihm sonst verschlossen ist. Aufbrechen, Neues kennenlernen, das treibt diesen - Achtung, Selbstbeschreibung - großen, blonden, blauäugigen Schauspieler an. Aufgewachsen ist er im Westen von Hamburg.
Als Kind wollte er zunächst Boxer und Zahnarzt werden, die Kombination fand er praktisch, später Astronaut - bis ein Freund ihn mitnahm in die Theater-AG der Schule: "Da habe ich so richtig gemerkt, was es heißt, wenn in einer Gruppe alle an einem Strang ziehen, die alle auch so ein bisschen waren wie ich. Die waren alle im Draußen, im Hier und Jetzt, die haben sich angeschaut, waren wach und haben sich zugehört, und das habe ich geliebt dort."
Vom Thalia-Jugendclub zum Berliner Ensemble
Der Weg führte weiter über den Jugendclub des Thalia-Theaters zum Studium an die Hamburger Theaterakademie, das St.-Pauli-Theater und schließlich das Berliner Ensemble. "Ich bin ein unglaublicher Familienmensch, ich habe mir aber einen Beruf ausgewählt, in dem ich sehr doll auch für mich arbeiten muss. Und es tut mir dann auch sehr gut, diesen Abstand zu haben und auf mich selbst gestellt zu sein. Ich bin Einzelkind, das ist im guten wie im schlechten Sinne sehr viel Aufmerksamkeit. Und ich musste mich dem, glaube ich, auch aktiv entziehen", erzählt Svensson.
Theater ist Dennis Svensson nicht "heilig"
Der Vater ist Klempner, die Mutter verkauft "Klamotten", sagt der 28-Jährige. Bei einer Theatervorstellung zugeschaut hat er selbst das erste Mal mit 22 Jahren, deshalb sei ihm das Theater auch nicht "heilig": "Ich mache Theater nicht für das Abo-Publikum, das interessiert mich nicht. Ich mache Theater für meine Eltern und für meine Freunde, die alle nie ins Theater gehen würden, wenn ich das nicht machen würde."
Kündigung in Berlin für Miniserie "Legend of Wacken"
Am Berliner Ensemble hat Svensson inzwischen gekündigt. Er haderte mit den Arbeitsbedingungen dort, aber ein Grund war auch "Legend of Wacken", die Miniserie mit Charly Hübner über das Heavy-Metal-Festival in Wacken. Der Dreh wäre mit dem Engagement nicht vereinbar gewesen.
"Ich musste eine Entscheidung treffen, die war hart, die habe ich auch eine Zeitlang bereut, aber ich habe, glaube ich, eine Menge mitgenommen aus dieser Entscheidung für mich selber", sagt der Schauspieler, der auch Menschen getroffen hat, die ihn weiter begleiten werden. Viele von diesen Lebensmenschen hat Dennis Svensson zur Preisverleihung eingeladen.
Das Miteinander soll auch bei der Aufführung, mit der er sich am Sonntag für den Preis bedanken wird, im Mittelpunkt stehen: "Ich glaube, die schönsten Sachen entstehen aus einer Gemeinsamkeit. Wir sind alle aufeinander angewiesen. Und wenn wir nicht aneinander glauben, dann wird das auch nichts. Wir müssen aneinander glauben. Wir müssen, wir müssen, wir müssen."
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Der Morgen | 28.11.2024 | 07:00 Uhr