Brandenburg Berlin Martinstag am 11. November: "Ich gehe mit meiner Laterne..." - aber warum eigentlich?
Tausende Kinder mit bunten Laternen ziehen wieder durch die Straßen. Allen voran: Eine watschelnde Martinsgans. Am Montag gibt es zahlreiche Laternen- und Martinsumzüge in Berlin und Brandenburg. Was wird da eigentlich gefeiert?
Punsch, Hefemännchen, Trompeten, sogar einen Dudelsack: Nur eines hat Pfarrer Christoph Heil von der Evangelischen Kirchengemeinde Kreuzberg auch in diesem Jahr nicht organisieren können: ein Pferd, das den Martinszug anführt. Obwohl er sich das für die Kinder gewünscht hätte. Mit über 400 teilnehmenden Kindern und Erwachsenen rechnet er beim Martinszug am 11. November, den er gemeinsam mit der Evangelisch-Methodistischen Christuskirche organisiert.
Ein echtes Pferd aus dem Berliner Umland mitten im Berufsverkehr nach Kreuzberg zu bekommen, sei aber vielleicht auch eine “zu große Belastung" für Pferd und Reiter:in, sagt Christoph Heil. Stattdessen kam ihm vor einigen Jahren die Idee: Der Pastor spielt das Pferd – mit Pferdemaske.
Warum wird St. Martin gefeiert?
Die Geschichte hinter dem Martinsfest geht ungefähr so: Der römische Soldat Martin, geboren um das Jahr 316 nach Christus, reitet auf seinem Pferd durch Tours, im heutigen Frankreich. Er trifft einen frierenden Bettler und zögert nicht lang: Martin zückt sein Schwert, schneidet seinen Mantel entzwei und schenkt dem frierenden Mann eine Hälfte. Nachts erscheint ihm der Bettler im Traum und entpuppt sich als Jesus. Daraufhin lässt sich Martin taufen. Später wird er Bischof und nach seinem Tod am 11. November 397 nach Christus heiliggesprochen. So, oder so ähnlich, soll es gewesen sein.
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Jedes Jahr zum Todestag St. Martins wird diese Geschichte des Teilens und Helfens an Orten in ganz Deutschland mit Laternenumzügen gefeiert. Pfarrer Christoph Heil sieht im Martinsfest eines der wenigen christlichen Feste, die Menschen heute noch abholen würden. "Die Message versteht jeder, egal ob Christ oder nicht, Kind oder Erwachsener", sagt er. Teilen, aufeinander zu achten, Danke zu sagen. Der Martinszug würde nicht nur gern angenommen, er werde sogar eingefordert. Während der Corona-Pandemie musste der Martinszug ausfallen. Die Menschen kamen trotzdem. Hunderte versammelten sich vor der Gemeinde in Kreuzberg mit ihren Laternen.
St. Martin – Kein rein christliches Fest mehr
Auch wenn das Fest christlichen Ursprung hat, es wird längst unabhängig vom Glauben gefeiert. In der DDR sollen die staatlichen Umzüge von Kindergärten und Schulen als Laternen- oder Lampionumzüge gefeiert worden sein, berichten mehrere Pfarrer:innen. Bezüge zum heiligen St. Martin sollen auch in Liedern gestrichen oder umgedichtet worden sein. Aus "St. Martin hier, wir leuchten dir, rabimmel, rabammel, rabumm" wird beispielsweise "Mein Licht geht aus, wir geh'n nach Haus, rabimmel, rabammel, rabumm".
Dennoch scheint das Fest für Menschen im Westen Deutschlands in der Kindheit eine größere Rolle gespielt zu haben. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Umfrage des Meinungsforschungsinstuts YouGov [Statista.de] im Jahr 2021. So gaben rund 44 Prozent der ostdeutschen Teilnehmehmenden in der Umfrage an, in ihrer Kindheit nicht besonderes am Martinstag unternommen zu haben. Eine fast doppelt so hohe Quote als bei den westdeutschen Teilnehmenden.
Heute sind Martinszüge auch in vielen anderen Regionen Deutschlands als Laternen- oder Lampionumzüge bekannt und Lieder in denen die Laterne, statt der heilige St. Martin gefeiert werden, längst Ohrwürmer.
Warum Laternenumzüge?
Wieso viele Eltern jedes Jahr zum Laternenbasteln in den Kindergarten geladen werden, dafür gibt es verschiedene Erklärungsansätze: Menschen sollen damals nach dem Tod St. Martins an dessen Grab Lichterprozessionen gemacht haben. In Gedenken an seine Barmherzigkeit, das Licht, dass er in die Welt gebracht haben soll.
Eine andere Geschichte, der Ursprung der Laternenumzüge könnte auch die Jahreszeit sein: Anfang November läutet das Ende der Ernte ein. Dieser Ernte sollte gedankt werden: Mit Feuern auf abgeernteten Feldern, Fackeln und sogenannten "Trulllichtern". Das waren ausgehöhlte Rüben und Kürbisse. Vielleicht ist die Erklärung aber doch ganz simpel: Im November ist es kalt und dunkel, wieso also nicht bunte Lichter?
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Pferdemaske, Martinsgans oder eben doch ein Pferd
Während sich Christoph Heil in Kreuzberg mit einer Pferdemaske zufriedengeben muss, hat die St. Matthias Gemeinde am Winderfeldplatz in Schöneberg es geschafft: Sie lassen gleich zwei Pferde in die Stadt transportieren. Pferde seien "für Stadtkinder ein ganz großes Highlight", heißt es aus der Gemeinde. Ein Hof aus dem Berliner Umland bringt die Pferde mit Anhänger in die Stadt.
Auch in Brandenburg sind einige Pferde unterwegs: So zum Beispiel im Volkspark Potsdam, oder beim Fackelumzug in Klockow (Prignitz).
Ein Zug in Berlin wird stattdessen von einer Gans angeführt. Kommt daher etwa der Begriff Martinsgans? Man will es für die Gans lieber nicht hoffen, denn auch für diesen Brauch gibt es verschiedene Geschichten - die für die Gans alle im Backofen enden. Eine Legende: Als St. Martin zum Bischof geehrt wurde, sollen quakende Gänse die Kirche gestürmt haben. Als Strafe und zugleich wohl zur Feier des Tages wurden sie nach dem Gottesdienst gebraten.
Historiker haben laut NDR andere Erklärungen: Der 11. November sei der Tag gewesen, an dem Steuern oder Lehnsabgaben fällig wurden. Meist in Form von Naturalien, wie etwa einer Gans. Außerdem war der 11. November der Tag vor der 40-tägigen Fastenzeit vor Weihnachten. Die letzte Möglichkeit also, nochmal ordentlich zuzuschlagen.
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