Trauer in Pforzheim, nachdem am Aussichtsturm "Hohe Warte" drei tote Jugendliche gefunden wurden

Baden-Württemberg Tote Schülerinnen unter Pforzheimer Aussichtsturm: Was Schulpsychologen raten

Stand: 03.12.2024 15:45 Uhr

Die Trauer und die Verzweiflung nach dem Tod der drei Schülerinnen in Pforzheim sind unvorstellbar. Im SWR erklären Psychologen, was Eltern und Lehrer jetzt tun können.

Nach dem Tod der drei Schülerinnen, die vergangene Woche Donnerstag unter dem Pforzheimer Aussichtsturm "Hohe Warte" gefunden wurden, müssen die Hinterbliebenen - Eltern, Familie und Freunde - mit dem Schmerz und der Ungewissheit klarkommen. Jessica Phillipp und Sabine Vollmer sind Psychologinnen und arbeiten an der Karlsruher Regionalstelle des Zentrums für Schulqualität und Lehrerbildung (ZSL), das auch für Schulpsychologie zuständig ist. Sie geben Ratschläge, wie Erwachsene trauernden Mitschülerinnen und Mitschülern beistehen können.

Psychologinnen: Zuhören, nicht drängen

Eltern, Lehrer und andere Erwachsene sollten zunächst einfach für Gespräche zur Verfügung stehen, da sein und zuhören, wenn Kinder und Jugendliche sie ansprechen - ohne sie zu drängen. Zuhören sei gar nicht so einfach, weil Gefühle von Ohnmacht entstehen könnten, so die Psychologinnen.

Wichtig sei auch, sich auf keinen Fall auf Gerüchte einzulassen, sondern bei dem zu bleiben, was man sicher wisse. Es gebe für diese Situation keine einfachen Erklärungen, welche die Tat nachvollziehbar machen, so Phillipp und Vollmer. Es gelte, die Ungewissheit gemeinsam auszuhalten.

Es mache Sinn, gemeinsam zu überlegen, was dem Kind jetzt helfen könnte: Musik machen oder hören, malen oder sich bewegen. Man könne anbieten, gemeinsam etwas zu unternehmen, vielleicht spazieren zu gehen. Gleichzeitig sei es wichtig, das Tempo der Betroffenen mitzugehen und nicht zu viele Vorschläge zu machen, was man jetzt tun könnte.

Anlaufstellen für Kinder und Jugendliche
Kinder- und Jugendtelefon des Vereins „Nummer gegen Kummer“, Tel. 116 111. Montag bis Samstag von 14:00 Uhr bis 20:00 Uhr, anonym und kostenlos in ganz Deutschland. Verband Deutscher Psycholog*innen, Tel. 0800-1110333. Montag bis Freitag 15:00 bis 19:00 Uhr, anonym und kostenlos in ganz Deutschland. Jugendnotmail, vertrauliche, kostenlose und professionelle Online-Beratung, https://www.jugendnotmail.de Online-Beratungsangebot der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e.V. für Jugendliche von 14 bis 21 Jahren und für Eltern mit Kindern bis zum 21. Lebensjahr, https://bke-beratung.de Telefon- und Online-Beratungsangebote der Telefonseelsorge, https://www.telefonseelsorge.de Krisenchat, 24stündige Krisenberatung über WhatsApp und SMS, krisenchat.de

Pforzheim: Hilfe von und an der Schule

Nach Bekanntwerden des Todes der drei Schülerinnen hat die Schulleitung der betroffenen Schule ein schulinternes Krisenteam einberufen. Zum Krisenteam gehörten auch die Schulsozialarbeit und die Beratungslehrkraft, so Vollmer und Phillipp.

Begleitet werde das Krisenteam von Schulpsychologen. Diese führten bei Bedarf Gespräche mit dem Kollegium, mit Klassen und mit einzelnen Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern. Außerdem vermittelten die Psychologen weitere Unterstützung, zum Beispiel durch Trauma-Ambulanzen.

Schulen in Baden-Württemberg und der Umgang mit Krisensituationen

Alle öffentlichen Schulen in Baden-Württemberg müssen laut Vollmer und Phillipp vorsorglich ein schulinternes Krisenteam einrichten. Die Schulpsychologie biete dessen Mitgliedern regelmäßig Fortbildungen an.

Als Unterstützung stünde den Schulleitungen eine sogenannte "Krisenmappe" zur Verfügung mit Anweisungen für Akutsituationen und Nachsorge. Alle neu ernannten Schulleitungen würden außerdem ein Pflichtmodul zum schulischen Krisenmanagement durchlaufen. Darüber hinaus gebe es präventive Angebote der Schulpsychologischen Dienste speziell zum Umgang mit Suizid und Suizidalität in der Schule.