Interview

Interview zu Rente mit 67 Wenn die Babyboomer zu Alten werden

Stand: 25.08.2007 21:46 Uhr

Die Einigung des Kabinetts, das Renteneintrittsalter bis 2029 auf 67 Jahre anzuheben, hat Zustimmung wie Kritik ausgelöst. Johann Fuchs vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit forderte im Interview mit tageschau.de einen Mentalitätswechsel.

tageschau.de: Werden die Älteren im Jahr 2029, anders als heute, auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden?

Johann Fuchs: Die Chancen dafür stehen gut, weil das Arbeitskräftepotenzial insgesamt abnimmt. Im Jahr 2029 wird dieser Rückgang bereits spürbar sein. Man kann also zuversichtlich sein, dass es auf dem Arbeitsmarkt entlastende Effekte durch die demografische Entwicklung gibt. Und je weiter wir in die Zukunft schauen, um so mehr Chancen bestehen auch, dass man Ältere wieder in Brot bringt. Dennoch: Eine Prognose nach dem Motto „Wir müssen nur lange genug warten, dann löst sich das Problem für die Älteren“ wäre unwissenschaftlich. Über spezifische Gruppen lässt sich kaum etwas voraussagen. Und wie es dann mit den Arbeitsplätzen aussehen wird, wissen wir nicht. Der Bedarf bei den Betrieben lässt sich auf so lange Sicht nicht prognostizieren.

tagesschau.de: Das Anheben des Rentenalters wird vielfach als Rentenkürzung gewertet. Ist das ein sachliches Argument?

Fuchs: Wenn das Argument mit dem Hinweis auf Abschläge, die Arbeitnehmer dann bei früherem Renteneintritt hinzunehmen haben, vorgebracht wird, ist es zumindest fragwürdig. Denn das ist von der Arbeitsmarktlage abhängig. Das Kürzungsargument zielt häufig aber auch auf die Rentenbezugsdauer: Wenn ein Arbeitnehmer zwei Jahre später in Rente geht, kriegt er natürlich insgesamt, also über die Jahre gesehen, weniger ausgezahlt. Aber das ist, denke ich, nicht das Problem der Menschen. Denn die monatliche Rente ist entscheidend. Und man muss bedenken: Die Rentenbezugsdauer hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten in dramatischer Weise erhöht.

tagesschau.de: Es gibt zahlreiche Betriebe, die kaum noch Arbeitnehmer beschäftigen, die älter als 50 Jahre sind. Wann werden die Unternehmen umdenken?

Fuchs: Die Demografie hilft uns, jedoch nicht so schnell. Aber ich bin mir sicher, dass sich diese Einstellung ändern wird. Den Verbänden ist das klar. Den Betrieben ist oft noch nicht so ganz klar, was da auf sie zukommt. Da ist noch viel zu machen, damit der Mentalitätswechsel schneller kommt. Der Vorteil der derzeitigen Diskussion ist, dass wir nun einen festen Zeitpunkt vor Augen haben und jeder sieht, dass es eine Änderung geben wird. So können wir erreichen, dass die Mentalitäten irgendwann wieder zu den Erfordernissen passen. Wenn die Babyboomer, also die geburtenstarken Jahrgänge aus den sechziger Jahren, von 2020 an zu den älteren Arbeitnehmern gehören werden, spätestens dann sollte der Mentalitätswechsel eingetreten sein.

Die Fragen stellte Andreas Trabusch für tagesschau.de