Kretschmer im Bericht aus Berlin "Eine Bundespolitik, die nicht streitet"
Kann sich die CDU im Osten neues ein Profil geben, solange Merkel Kanzlerin ist? Darauf antwortet Sachsens Ministerpräsident im Bericht aus Berlin ausweichend. Vor der Landtagswahl wünscht er sich vor allem eines: keinen Streit.
ARD: Die neue CDU-Chefin kommt aus dem Saarland, der neue CDU-Generalsekretär aus dem Sauerland. Lässt sich mit diesem Spitzenpersonal erfolgreich Wahlkampf machen auf den Marktplätzen in Chemnitz oder Dresden oder anderen Orten in Sachsen?
Michael Kretschmer: Ich glaube schon. Gerade Annegret Kramp-Karrenbauer ist ja jemand, der selber weiß, wie Strukturwandel funktioniert, wie schwierig das alles sein kann. Und ich habe mit ihr in den letzten Monaten viel gesprochen - auch kritisch diskutiert über die Frage, wie die CDU da steht und was an Veränderungen notwendig ist. Ich hab bei ihr eine große Offenheit und Sensibilität gespürt.
ARD: Was ist die wichtigste Veränderung, die Sie mit ihr herbeiführen wollen?
Kretschmer: Es muss klar werden, was wirklich reine CDU-Politik ist und was einer der Kompromisse, die wir machen müssen, weil wir eine Bundesregierung brauchten und dafür einen Koalitionsvertrag unterschreiben mussten. Das ist natürlich klar: Nach so vielen Jahren Große Koalition vermischen sich die Dinge. Es muss hier eine klare Handschrift deutlich werden.
Es haben aber auch die Grünen einen maßgeblichen Einfluss auf die Bundespolitik, die in neun von 16 Landesregierungen mitregieren. Das hat natürlich alles Folgen. Deswegen ist es auch falsch zu glauben: Man ändert eine Personalie und dann wird die gesamte Bundespolitik eine andere. Wir müssen dafür werben, dass wir - im Bund und in den Ländern - wieder anständige Mehrheiten bekommen, wenn wir politische Inhalte ändern wollen.
Traut sich zu, AfD-Ergebnisse zu halbieren
ARD: Machen Sie es bitte konkret: Friedrich Merz war derjenige, der gesagt hat, er traue sich zu, die Wahlergebnisse der AfD zu halbieren. Trauen Sie sich zusammen mit Frau Kramp-Karrenbauer dasselbe zu? Und mit welcher Hauptbotschaft wollen Sie das erreichen?
Kretschmer: Erstens ja - und zweitens: Sie wissen, dass Friedrich Merz bei uns in den neuen Ländern eine große Sympathie gehabt hat - auch bei mir. Wir hatten drei Kandidaten, die alle das Zeug zum Parteichef hatten. Wir sind froh über diesen Wettbewerb, aber es konnte nur einer werden. Jetzt geht es darum, für unsere Inhalte zu kämpfen, neues Vertrauen wieder zu begründen. Es müssen sich Dinge verändern. Es muss auch klar werden, wie wir die Zukunftsfragen lösen. Wir müssen klären, wo kommen die Arbeitsplätzen in zehn oder zwanzig Jahren her? Und wir müssen jetzt die Weichen genau dahin stellen.
"Neuer Schwung in die CDU"
ARD: Ihr Parteikollege aus Thüringen, Mike Mohring, hat gesagt, Frau Kramp-Karrenbauer gehöre in die Bundesregierung. Teilen Sie diese Ansicht?
Kretschmer: Das ist eine Entscheidung, die mir gar nicht zusteht. Warum soll ich mir darüber Gedanken machen? Mir geht es darum, dass wir jetzt mit ihr und mit unserem neuen Generalsekretär Paul Ziemiak - der in den vergangenen Jahren auch gezeigt hat, dass er Dinge auf den Punkt bringen kann, dass er unverstellt blickt und denkt - neuen Schwung in der CDU und damit auch für Deutschland organisieren.
- Bremen: 26. Mai
- Brandenburg: 1. September
- Sachsen: 1. September
- Thüringen: 27. Oktober
"Eine Bundespolitik, die genau zuhört"
ARD: Kann sich die CDU - gerade in den neuen Ländern - eine neues Profil geben, solange Kanzlerin Merkel im Amt ist? Der Ruf "Merkel muss weg" ist im Osten ja am lautesten vernehmbar.
Kretschmer: Was wir uns wünschen - in Sachsen, aber auch darüber hinaus - ist eine Bundespolitik, die sich nicht streitet, sondern die die Aufgaben angeht, die vor ihr liegen. Die genau zuhört, was die Menschen bewegt. Die auch fähig ist, sich zu korrigieren und dann auch Entscheidungen zu treffen. Das ist die größte Unterstützung, die wir haben können. Die wünsche ich mir sehr. Und die ist auch gut für Deutschland.
Das Interview führte Thomas Baumann, ARD-Hauptstadtstudio, für den Bericht aus Berlin. Es wurde für die schriftliche Fassung redigiert und leicht gekürzt. In voller Länge finden Sie das Interview als Video in dieser Meldung.