Abstimmung im Bundestag Union scheitert erneut mit "Taurus"-Antrag
Bei der von der Union beantragten Abstimmung im Bundestag hat sich erneut eine Mehrheit gegen "Taurus"-Lieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Bei Grünen und FDP war es aber teils eine Frage des Prinzips, weniger der Überzeugung.
Ein weiteres Mal ist die Union im Bundestag mit einem Antrag gescheitert, mit dem sie die Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine durchsetzen wollte. Eine deutliche Mehrheit der Abgeordneten sprach sich aber gegen diese Form der militärischen Unterstützung aus.
Insgesamt stimmten 687 Parlamentarier über den Antrag ab. Davon votierten 494 Abgeordnete gegen die Lieferungen, 188 sprachen sich dafür aus. Fünf Abgeordnete enthielten sich. Da die Unionsfraktion im Bundestag 197 Mitglieder zählt, hätten CDU und CSU auch Stimmen aus den Reihen anderer Parteien benötigt, um eine Mehrheit für ihren Antrag zu erlangen.
"Es gibt keinen dritten Weg"
Noch direkt vor der Abstimmung warb der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Johann Wadephul, eindringlich dafür, "Taurus"-Lieferungen an die ukrainische Armee zu ermöglichen. Es brauche Entschlossenheit und Klarheit in der Unterstützung der Ukraine. "Wir werden mit der Ukraine gewinnen oder mit der Ukraine verlieren. Es gibt keinen dritten Weg", so Wadephul.
Die Besonnenheit, die sich Bundeskanzler Olaf Scholz im Abwägen einer Entscheidung stets selbst zuschreibt, ist aus Sicht des CDU-Politikers der falsche Weg. Russlands Präsident Wladimir Putin habe auf diese Art der Zurückhaltung nie "positiv reagiert", betonte Wadephul: "Ihre vermeintliche Besonnenheit hat Herrn Putin immer nur wieder befeuert in seiner Aggression gegen die Ukraine. Das ist das Resultat."
Im Vorfeld der Bundestagssitzung hatten auch CDU-Chef Friedrich Merz und der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen scharfe Kritik an Scholz geübt. Der Kanzler hatte sein Nein zu den "Taurus"-Lieferungen immer wieder bekräftigt und seine Haltung damit begründet, dass es keine direkte Kriegsbeteiligung der Bundeswehr oder NATO geben dürfe.
Einige Grüne für Lieferung
Doch nicht alle innerhalb der Ampelkoalition teilen die Auffassung des Bundeskanzlers. Sowohl bei den Grünen als auch bei der FDP gibt es durchaus Befürworter der "Taurus"-Lieferungen. Das machte auch die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Grünen, Agnieszka Brugger, im Bundestag deutlich. "Zur vollen Wahrheit gehört, auch Zögern und Zaudern kann am Ende zur Eskalation beitragen", betonte sie in ihrem Redebeitrag und verwies auf Frankreich und Großbritannien.
Beide Länder liefern vom Typ her ähnliche Flugkörper an die Ukraine. Großbritannien begann im vergangenen Mai mit der Lieferung von "Storm Shadow"-Marschflugkörpern, aus Frankreich erhielt die Ukraine im Juli erstmals Marschflugkörper des Typs "Scalp". Diese Unterstützung habe im Krieg in der Ukraine nicht zu einer Eskalation geführt oder dazu, dass die Flugkörper "auf Moskau abgefeuert werden", betonte Brugger. Ihre Partei würde alle Risiken einer möglichen "Taurus"-Lieferung sorgfältig abwägen. "Und das lassen wir uns als Grüne von niemandem absprechen, auch nicht vom Bundeskanzler", übte die Fraktionsvize direkte Kritik an Scholz.
Trotzdem geht für die Grünen die Koalition über die Zustimmung für "Taurus"-Lieferungen - das betonte auch Brugger. Daher werde ihre Fraktion gegen den Antrag der Union stimmen.
Eine Entscheidung der Bundesregierung
Ein ähnliches Stimmungsbild zeichnet sich in der FDP ab. Dass es auch bei den Liberalen Anhänger der "Taurus"-Unterstützung für die Ukraine gibt, ist seit Längerem bekannt. So hatte etwa die FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann schon im Februar für den ersten Antrag der Union gestimmt.
Und auch der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Dürr, sagte zur Auffassung seiner Partei: "Wir halten es für richtig in der Sache, keine Frage, aber diese symbolischen Anträge bringen uns in Wahrheit ja nicht weiter." Über eine Lieferung der Marschflugkörper entscheide die Bundesregierung und nicht der Bundestag. Und darum werde seine Fraktion ebenfalls mit einem geschlossenen Nein gegen den Antrag von CDU und CSU votieren.
"Klare Kante" gegen Putin zeigen
Kritischer klang das vom verteidigungspolitischen Sprecher der FDP-Fraktion. Deutschland müsse die Ukraine "mit allem unterstützen, was wir aufbringen können", forderte Alexander Müller - und da gehöre "Taurus" dazu. Gegen Putin müsse die Bundesregierung "klare Kante zeigen", alles andere würde der russische Staatschef nur als "Unterwürfigkeit" auffassen.
Die AfD-Fraktion lehnte die Option, "Taurus"-Marschflugkörper an die Ukraine zu liefern, klar ab. Das würde eine "Verlängerung des Krieges" bedeuten und Deutschland gefährden, warnte Fraktionschef Tino Chrupalla. "Noch werden wir nicht als Kriegspartei wahrgenommen - noch", betonte er weiter und appellierte an den Bundeskanzler, sich von den "Kriegstreibern" in den Reihen der CDU, Grünen und FDP "nicht erpressen zu lassen".
"Zeitenwenden sind nichts für politische Spielernaturen"
Aus seiner SPD-Fraktion bekam Scholz für seinen Umgang mit der "Taurus"-Frage klaren Rückhalt. Es brauche "Abwägung und Klarheit", mahnte Fraktionschef Rolf Mützenich. Er stellte die umfassende Unterstützung in den Vordergrund, die Deutschland bereits für die Ukraine leiste - von humanitärer Hilfe, den Soforthilfen bis hin zum Schutz der aus der Ukraine Geflüchteten, den diese in der Bundesrepublik erhielten.
Gegen die Unionsparteien teilte der Fraktionschef der Sozialdemokraten kräftig aus: Die "kleinteilige Debatte" um die "Taurus"-Lieferungen sei geprägt von "eigennützigen und niederen Motiven". Mützenich betonte: "Zeitenwenden sind nichts für politische Spielernaturen." Es sei wichtig, nicht nur darüber nachzudenken, wie ein Krieg geführt werde, sondern auch darüber, wie man ihn "einfrieren und später auch beenden kann".