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Mehr Geld für Verteidigung Merz will keine schnelle Reform der Schuldenbremse
Sollte der alte Bundestag noch eine Reform der Schuldenbremse beschließen? Ja, sagen etwa die Grünen - aus Sorge vor einem künftigen Veto von AfD und Linken. Doch CDU-Chef Merz verfolgt eine andere Idee.
Ein sperriges Wort geistert durch das politische Berlin: Sperrminorität. Darunter wird eine Minderheit im Parlament verstanden, die zwar nicht gestalten, aber durchaus etwas verhindern kann. Zum Beispiel eine Reform der Schuldenbremse, für die eine Zwei-Drittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat notwendig ist.
Für eine Reform der Schuldenbremse mit dem Ziel, eine höhere staatliche Kreditaufnahme zu ermöglichen, hatten SPD und Grüne schon in der Zeit der Ampelkoalition geworben. Sie waren aber am Widerstand der FDP gescheitert. Der scheidende Wirtschaftsminister Robert Habeck aber hält daran fest, vor allem mit Blick auf die Veränderungen in der Weltpolitik. Für zusätzliche Hilfen für die Ukraine, die Verteidigungsfähigkeit, aber auch für die Wirtschaft sollten die Finanzierungsmöglichkeiten des Staates schnell erweitert werden: Es gebe noch "die Möglichkeit, mit dem bestehenden Bundestag eine Reform der Schuldenbremse zu beschließen", so Habeck am Montag.
Merz will kreditfinanziertes Sondervermögen
Ein Gedanke, den der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz nicht grundsätzlich ausschließt - wobei er vor allem das Thema Verteidigung im Kopf hat: "Wir wissen alle, dass die Bundeswehr in den kommenden Jahren sehr viel mehr Geld braucht. Wie wir das organisieren, darüber müssen wir sprechen."
Dabei denkt Merz aber im Unterschied zu Habeck nicht an eine kurzfristige Reform der Schuldenbremse. Vorstellbar sei lediglich ein neues kreditfinanziertes Sondervermögen - ähnlich zum 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr aus dem Jahr 2022.
Problem: Sperrminorität von AfD und Linken
Das Problem könnte aber jene Sperrminorität sein, die AfD und Linke im kommenden Bundestag haben, sofern sie gemeinsam abstimmen. Die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel hat bereits erklärt, dass sie zusätzliche Schulden ablehnt: Grundsätzlich dürfe der Staat nicht mehr ausgeben, als er einnimmt.
Die Linke wiederum würde zwar die Schuldenbremse am liebsten ganz abschaffen, lehnt aber zusätzliche Ausgaben für die Bundeswehr vehement ab - ein neues Sondervermögen zur Stärkung der Verteidigungsfähigkeit könnte also nicht auf Stimmen aus der Linken zählen.
Warten oder schnell handeln?
Damit stehen die Parteien der Mitte vor einem Dilemma: Warten und dann abhängig sein von der notwendigen Zustimmung aus den Reihen von AfD oder Linkspartei? Oder schnell handeln, obwohl der neue Bundestag schon gewählt ist?
Vor diesem Hintergrund unterstützen manche aus den Unions-Parteien den Habeck-Vorschlag, allerdings nur für ein einmaliges Sondervermögen und nicht für eine dauerhafte Reform der Schuldenbremse. Das Argument: Angesichts der veränderten Sicherheitslage aufgrund der außenpolitischen Kehrtwende in den USA müsse Deutschland mehr in Geld in die Verteidigung stecken. Und wenn das im künftigen Bundestag nicht möglich sei, müsse man eben zur Not noch im alten Bundestag entscheiden.
Haushaltspolitiker der Union dagegen bremsen: Erst komme der Kassensturz, dann könne man über mögliche neue Schulden sprechen. Merz sagt zum Thema Sondervermögen lediglich: "Wir sprechen miteinander, aber es ist viel zu früh, darüber jetzt schon etwas zu sagen."
Schnelles Handeln bringt AfD und Linke auf die Palme
Doch allein schon der Gedanke, dass der Bundestag in seiner bisherigen Zusammensetzung eine Ausweitung der Schulden beschließen könnte, bringt AfD und Linke auf die Palme. Der haushaltspolitische Sprecher der AfD-Fraktion Peter Boehringer spricht von einem "kalten Staatsstreich gegen unser Steuer- und Staatsvermögen". Die Co-Vorsitzende der Linken, Ines Schwerdtner, nannte die Überlegungen, noch mit dem alten Bundestag die Militärausgaben zu erhöhen, einen Skandal.
Während das weitere Vorgehen mit einem möglichen Sondervermögen bis zur Konstituierung des neuen Bundestags unklar ist, pochen führende SPD-Politiker für die Zeit danach weiter auf eine Reform der Schuldenbremse. Nach Einschätzung von Verteidigungsminister Boris Pistorius ist für eine auskömmliche Ausstattung der Bundeswehr "eine Ausnahme von der Schuldenbremse praktisch unumgänglich." Der Verteidigungshaushalt werde sich in den kommenden Jahren auf mehr als 100 Milliarden Euro verdoppeln müssen.
Allerdings bleibt die Frage unbeantwortet, ob es für eine entsprechende Reform der Schuldenbremse im neuen Bundestag eine ausreichende Mehrheit gibt.