Olaf Scholz Der Krisenkanzler bekommt eine zweite Chance
Die Ampel zerbrochen, der Wahlkampf eröffnet - und die SPD setzt erneut auf Olaf Scholz als Kandidaten. Der Kanzler hat die Ampelkoalition lange zusammengehalten. Ein Blick auf drei Jahre voller Krisen und Streit.
Olaf Scholz hat lange darauf hingearbeitet, dass er Kanzler wird. Im Jahr 2021 gewinnt die SPD die Bundestagswahl - so mancher hatte das der Partei nicht zugetraut und vor allem ihm nicht. Scholz wird Kanzler der ersten Ampelkoalition auf Bundesebene.
"Uns eint der Wille, das Land besser zu machen, es voranzubringen und es beisammen zu halten", sagte er damals in den Anfangstagen der Ampel, die sich "Fortschrittskoalition" nannte.
Der Krieg und die Zeitenwende
Doch kurze Zeit später beginnen die Krisen: Russland greift die Ukraine an. Es ist Krieg in Europa - für Scholz eine Zeitenwende: "Wir müssen deutlich mehr investieren in die Sicherheit unseres Landes, um auf diese Weise unsere Freiheit und unsere Demokratie zu schützen."
Der Kanzler schafft ein 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr und richtet die Außenpolitik neu aus, unterstützt die Ukraine mit Waffen.
Regieren im Krisenmodus
Scholz regierte fortan im permanenten Krisenmodus. Er ist Vermittler vieler Koalitionsstreitereien, gleichzeitig sinken seine Umfragewerte. "Streit kann mürbe machen und Unsicherheit schüren. Auch innerhalb der Regierung lief es nicht immer so, wie ich es für richtig halte."
Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts kippt dann 2023 den Haushalt seiner Regierung. Der Kanzler muss alle auf einen harten Sparkurs einstimmen. Der Ton in der Ampel wird wöchentlich rauer.
Während Vertreterinnen und Vertreter von SPD und Grünen sich offen zeigen, die Schuldenbremse zu lockern, um mehr Geld investieren zu können, drängt die FDP auf mehr Haushaltsdisziplin. Der Streit in der Ampelkoalition wächst, der Unmut in der Bevölkerung auch. Alle Ampel-Parteien rutschen in den Umfragen ab, die Regierung ist so unbeliebt wie kaum eine vor ihr.
Scholz versucht, die vielen Krisen mit Humor zu nehmen. Als bei einem Bürgerdialog des Tagesspiegels ein Erzieher erzählt, die streitenden Koalitionäre erinnerten ihn an einen Haufen kleiner Kinder, antwortet der Kanzler: "Sie haben Recht. Jetzt ist die Frage, welches Patentrezept haben Sie? Ich frage für einen Freund."
Ein Ampel-Ende mit Emotionen
Das Patentrezept schließlich: Das Ende der Ampelkoalition. Scholz entlässt den Finanzminister. Und er kommentiert den Rauswurf Scholz-untypisch öffentlich und scharf: "Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert, zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen."
Kein Aufwind nach dem Koalitionsbruch
Doch Scholz' Umfragewerte bleiben auch nach dem Ende der Koalition schlecht. Offiziell nominiert wird er unmittelbar nach dem Ampel-Aus nicht. Stimmen in der Partei mehren sich, ob er der richtige Kanzlerkandidat sei oder nicht doch der beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Zunächst ist da ein "Grummeln" über die K-Frage in der Partei zu vernehmen, wie Fraktionschef Rolf Mützenich es ausdrückt. Doch die Stimmen in der SPD, die sich gegen eine weitere Kandidatur aussprechen, werden täglich lauter.
Scholz gibt sich bis zuletzt unbeeindruckt davon: "Die SPD und ich sind bereit, in diese Auseinandersetzung zu ziehen, übrigens mit dem Ziel, zu gewinnen." Auch SPD-Chefin Saskia Esken stellt klar, die Aufstellung von Scholz als Kanzlerkandidat sei "beschlossene Sache".
Nun hat sich Pistorius entschieden, den Wortmeldungen ein Ende zu bereiten und in einer Videobotschaft mitgeteilt, dass er "nicht zur Verfügung stehe für die Kandidatur um das Amt des Bundeskanzlers". Damit dürfte Scholz' Kanzlerkandidatur nun wirklich beschlossene Sache sein.