Ampel und Forderungen der Bauern Einknicken, standhalten oder was völlig anderes
Die Landwirte bleiben beharrlich - die Ampelregierung auch. Viele Stichwörter in der Debatte sind bekannt und es stellt sich die Frage, warum es nicht schon längst Lösungen für alte Probleme in der Agrarpolitik gibt.
Die ganze Woche wollen Bäuerinnen und Bauern auf die Straße gehen. Ihre Wut richtet sich gegen die Kürzung bei Agrarsubventionen, aber nicht nur. Dass die Bundesregierung schon vor dem Beginn der Protestwoche die Pläne teilweise zurückgenommen hat, hat dem Protest nicht den Wind aus den Segeln genommen.
Seit Tagen versuchen Ampel-Vertreter dem Eindruck entgegenzuwirken, sie seien eingeknickt. Die Landwirte seien zuvor überproportional belastet worden, das habe man letzte Woche korrigiert, wiederholt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), immer wieder. Dem Kalkül, mit weiteren Protesten würde die Ampel bald noch mehr korrigieren und die Einsparungen komplett zurücknehmen, erteilt die Bundesregierung eine Absage.
Wer neue Subventionen wolle, der müsse auf alte verzichten, verteidigt etwa Finanzminister Christian Lindner (FDP) den Kompromiss. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bleibt dabei: "Das ist jetzt unser Vorschlag." Über diesen Vorschlag beraten als Nächstes die Fraktionen im Bundestag. Dort wäre es theoretisch noch möglich, Änderungen einzuarbeiten.
Muss der Bundestag es richten?
Denn nicht nur von Unionsseite, sondern auch von mehreren Ministerpräsidenten der SPD, wie aus Niedersachen und Mecklenburg-Vorpommern, kommt Druck, nachzubessern. Es wäre eine gesichtswahrende Lösung - nicht die Regierung, sondern das Parlament nimmt die verbliebene Einsparung zurück.
Aber die Ampel steht vor einem Dilemma: Kritiker, die ihr chaotisches Arbeiten vorwerfen, würden mehr Zündstoff bekommen. Außerdem dürften die Ampelparteien den Eindruck verhindern wollen, dass der, der am lautesten hupt, gewinnt.
Gleichzeitig zeigt sich im Protest, wie groß der Unmut mit der Arbeit der Regierung ist. Andere Berufsgruppen, wie Gastronomen und Handwerker, solidarisieren sich. Den Landwirten geht es um mehr als nur um die Einsparung beim Agrardiesel und der zurückgenommenen Kfz-Steuer.
Probleme ohne Verfallsdatum?
Aus Sicht der Bauernschaft ist das nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Dann stellt sich - um im Bild der Landwirte zu bleiben - die Frage: Wer hat dieses Fass befüllt? Vor der Ampel stellten 16 Jahre lang CDU und CSU die Bundesagrarminister.
Vieles, was die Landwirte gerade anprangern, haben sie auch schon damals kritisiert - kaum Planungssicherheit, wachsende Bürokratie und strengere Auflagen. Einiges davon ist dem Strukturwandel geschuldet, die EU mischt kräftig mit und Verbraucherinnen und Verbraucher wünschen sich mehr Umwelt- und Tierschutz.
Die letzten großen Bauernproteste entzündeten sich an den strengen Auflagen zum Düngen, um die Nitratbelastung im Grundwasser zu reduzieren. Die damalige schwarz-rote Regierung rief daraufhin die Zukunftskommission Landwirtschaft ins Leben, in der Bauern, Tier- und Umweltschützer und Wissenschaftler gemeinsam Vorschläge erarbeiteten. Ein Schachzug, den die Ampel jetzt schwer wiederholen kann.
Eine Komission? Gab es schon
Denn diese Kommission war ein Momentum: alle gemeinsam am Tisch, nicht gegeneinander. Bisher aber wurden die Vorschläge von der Politik kaum angegangen, ebenso wenig wie die Ideen für ein Finanzierungskonzept für mehr Tierwohl.
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir verweist gern darauf hin, dass die Vorgängerregierung, als die Steuereinnahmen noch sprudelten, die Tierwohlfinanzierung nicht umgesetzt hat. Jetzt sei es viel schwieriger. Doch auch die Ampel kommt seit einem Jahr nicht voran beim Konzept einer Tierwohlabgabe.
Tierwohlabgabe versus Fleischpreis
Gefragt nach einer Lösung für die Bauernproteste, wirbt Grünen-Politiker Özdemir erneut für eine Tierwohlabgabe, um den Umbau der Tierhaltung zu finanzieren. Doch eine Abgabe auf Fleisch würde dieses teurer machen, davor schrecken manche in der Koalition angesichts stark gestiegener Lebensmittelpreise zurück.