Flüchtlingspolitik Länder wollen Asylverfahren verkürzen
Um Asylverfahren zu beschleunigen, setzen sich mehrere Ministerpräsidenten für eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten ein - parteiübergreifend. Diese Forderung könnte auch beim "Flüchtlingsgipfel" zur Sprache kommen.
Vor dem Spitzentreffen mit dem Bund zur Flüchtlingspolitik am 10. Mai bringen sich die Länder in Stellung. Einige Ministerpräsidenten befürworten eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten. Dies würde nach Ansicht von Hamburgs Erstem Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) die Asylverfahren beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Verwaltungsgerichten beschleunigen sowie Länder und Kommunen entlasten, wie ein Senatssprecher der "Welt" sagte.
Als Länderbeispiele nannte er Georgien, Marokko, Algerien, Tunesien und Indien. Menschen aus diesen Staaten würde eine Vielzahl von Asylanträgen stellen, aber nur eine äußerst niedrige Schutzquote aufweisen. Davon unberührt würde der individuelle Anspruch auf Einzelfallprüfung im Asylverfahren bestehen bleiben, so Tschentscher.
Kretschmer fordert Druck aus Berlin
Der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer hält eine Einstufung von Georgien, Marokko, Algerien und Tunesien als sichere Herkunftsstaaten gar für "dringend geboten". Bei diesen vier Ländern gebe es lediglich eine "minimale Anerkennungsquote". Der CDU-Politiker kritisierte die zurückliegenden zwei "Flüchtlingsgipfel" mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die "ohne Ergebnis" geblieben seien. "Um auch im Bundesrat weiterzukommen, braucht es den Druck aus Berlin."
Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sagte, es sei "die Aufgabe der Grünen, der SPD und der Liberalen auf Bundesebene, dafür zu sorgen, dass über veraltete und nicht mehr in die Zeit passende Positionen neu diskutiert wird". In der "Welt am Sonntag" forderte Rhein zudem mindestens eine Verdopplung der Bundeshilfen für Länder und Kommunen, die derzeit 2,75 Milliarden Euro umfassen.
Frei fordert mehr Geld und mehr Kontrollen
Eine bessere finanzielle Unterstützung der Kommunen fordert auch Thorsten Frei, parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die zugesagten 2,75 Milliarden Euro seien "eindeutig zu wenig", sagte er im Bericht aus Berlin, "denn die Herausforderungen beziehen sich auf die Integration insgesamt, auf Kitas auf Schulen, auf Wohnraum und vieles andere mehr".
Frei kritisierte in der ARD-Sendung eine fehlende Angleichung der Asyl- und Migrationspolitik in Europa und forderte deshalb eine bessere Kontrolle der EU-Binnengrenzen. Diese werden im deutsch-österreichischen Grenzgebiet durchgeführt, Frei regte dies auch in Hinblick auf die Schweiz und Tschechien an. "Die Bundesregierung kann nicht erklären, warum sie das eine für notwendig hält und das andere nicht."
Bei Unterbringung und Integration am Limit
Auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund in Stellung fordert eine Kursänderung in der Migrationspolitik. "Ein 'Weiter so' darf es nicht geben. Viele Kommunen sind bei Unterbringung, Integration, Schaffung von Kita und Schulplätzen längst an ihren Kapazitätsgrenzen. Auch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind erschöpft", sagte Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der Funke Mediengruppe. Er forderte eine Reduzierung der Flüchtlingszahlen.
Zudem müssten Geflüchtete gerechter in Deutschland und Europa verteilt werden. Landsberg forderte auch einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen und eine "konsequente Rückführung ausreisepflichtiger Personen".
Spitzentreffen am 10. Mai
Die Bundesregierung und die Regierungschefs und -chefinnen der Länder wollen am 10. Mai erneut über die Aufteilung der Kosten für die Flüchtlingsaufnahme beraten. Einige Kommunen und Kreise sehen die Unterbringung bei hohen Flüchtlingszahlen als besonders großes Problem, andere die Integration. Bei diesem Termin ist auch Kanzler Olaf Scholz dabei.
Bei einem Treffen im Februar hatten sich Bund und Länder auf eine bessere Kooperation und mehr Transparenz verständigt. Das Thema Finanzen wurde damals vertagt - vielleicht auch, weil der Bund wegen fehlender gesetzlicher Rahmenbedingungen noch kein Geld an die Kommunen zahlte.