Markus Söder und Friedrich Merz

Verhandlungen mit Grünen Söder will sich bei Finanzpaket-Gesprächen zurückhalten

Stand: 10.03.2025 11:53 Uhr

Die Zeit drängt: Noch diese Woche soll das Finanzpaket beschlossen werden. Dafür braucht Schwarz-Rot die Stimmen der Grünen. Doch die wollen Kompromisse - und Verhandlungen auf Augenhöhe. Ministerpräsident Söder will sich nun bewusst zurückhalten.

Beim Finanzpaket besteht zwischen Union und SPD Einigung - doch ohne die Grünen geht es nicht. Für die Reform des Grundgesetzes braucht Schwarz-Rot eine Zweidrittelmehrheit, bei der Union und SPD auf die Stimmen der Grünen setzen. Diplomatisches Geschick und Verhandlungsbereitschaft sind also gefragt.

Vergangene Woche hatten sich CDU, CSU und SPD auf das Finanzpaket geeinigt. Es sieht eine Lockerung der Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben vor. Außerdem soll es ein schuldenfinanziertes Sondervermögen in Höhe von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur geben.

Theoretisch könnte auch die FDP Schwarz-Rot zur Zweidrittelmehrheit verhelfen. Eine Zustimmung gilt jedoch als unwahrscheinlich. Die FDP hat sich wiederholt gegen eine Reform der Schuldenbremse ausgesprochen - unter anderem daran war die vorherige Ampelkoalition zerbrochen.

Die schwarz-rote Einigung auf das Papier ist ein wichtiger erster Schritt auf dem Weg zur Koalitionsbildung. Für eine Aufnahme der Verhandlungen hat sich nach CSU- und SPD-Spitze auch die Führung der CDU ausgesprochen. Der CDU-Vorstand habe dies einstimmig beschlossen, hieß es aus Teilnehmerkreisen der Beratungen in Berlin. 

Söder möchte sich zurückhalten

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte an, sich bei den anstehenden Gesprächen zurückzuhalten. Immer wieder hatte der CSU-Politiker heftige Kritik an den Grünen geäußert - auch nachdem klar wurde, dass die Union und SPD auf ihre Stimmen angewiesen sind. "Ich glaube, es ist für beide Seiten besser", wenn CDU-Chef Friedrich Merz das Gespräch führe, sagte Söder in der ARD-Sendung Caren Miosga

Söder appelliert zugleich an die staatspolitische Verantwortung der Grünen. Es gehe hier nicht um Parteiinteressen, sagte er. Letztlich gehe es um etwas Größeres, den "Schutz unseres Landes".

Von Notz kritisiert "ignorantes Agieren" von Schwarz-Rot

Bei den Grünen kam das bisherige Auftreten von Politikern von CDU, CSU und SPD nicht gut an. "Das ignorante und selbstreferentielle Agieren der schwarz-roten Akteure, die nach Tagen schon wieder den bräsigen und selbstgefälligen Duktus der vergangenen 'großen Koalitionen' angenommen haben, ist wenig hilfreich", sagte der Vize-Fraktionschef der Grünen, Konstantin von Notz, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Hinzu kämen rechtliche Zweifel an den Plänen von Union und SPD. Dies gefährde deren Umsetzung. 

Eine Zustimmung gebe es nicht auf Zuruf, sagte auch die ehemalige Grünen-Chefin Ricarda Lang. Die Grünen würden "keinem Paket zustimmen, das die Klimakrise wie eine Spinnerei behandelt". Zudem würden es die Grünen-Abgeordneten nicht zulassen, "dass notwendige Investitionen einfach in ein Sondervermögen verschoben werden, um Platz im Haushalt zu schaffen, ohne dass wirklich mehr in Schulen, Brücken und Bahnschienen investiert wird".

Grüne: Klimaschutz muss Teil des Sondervermögens sein

Auch der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Michael Kellner von den Grünen machte deutlich, dass Schwarz-Rot mit ihrem Paket der Klimakrise gerecht werden müssten. "Die Klimakrise wartet ja nicht darauf, bis der Krieg in der Ukraine zu Ende ist", sagte er im rbb24 Inforadio.

Aus seiner Sicht beinhalte das Sondierungspapier von Union und SPD in erster Linie Geschenke an Lobbygruppen: "Jetzt findet ein Verschiebebahnhof statt. Man nimmt Investitionen aus dem Bundeshaushalt, schiebt sie in ein Sondervermögen und mit dem Rest wird alles mit Geld zugeworfen. Das ist keine vernünftige Politik - diese Mittel müssen zusätzlich sein."

Kommt das Paket durch den Bundesrat?

In dem schwarz-roten Papier ist nicht nur die Rede von der Lockerung der Schuldenbremse und dem Sondervermögen für Militärausgaben - es geht auch um konkrete innenpolitische Reformen. Einige davon sind deckungsgleich mit Wahlversprechen. So findet sich die Mütterrente im Papier. Auf Druck der CSU soll sie für vor 1992 geborene Kinder um sechs Monate weiter angehoben werden. Zudem soll die Umsatzsteuer in der Gastronomie gesenkt werden und eine Erhöhung der Pendlerpauschale geben.

"Keine Wunschprojekte einer neuen Bundesregierung"

In den Bundesländern stößt das nicht bei allen auf Zustimmung, das Paket könnte im Bundesrat scheitern. Aus drei Bundesländern mit grüner Regierungsbeteiligung kommen massive Nachforderungen, wie aus einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Stellungnahme hervorgeht. Sie wollen, dass Länder und Kommunen deutlich mehr als die bislang vorgesehenen 100 Milliarden Euro für Infrastruktur erhalten, heißt es in dem Papier von NRW-Vizeministerpräsidentin Mona Neubauer, dem baden-württembergischen Finanzminister Danyal Bayaz und dem Bremer Finanzsenator Björn Fecker.

Der erweiterte Spielraum für Verteidigungsausgaben angesichts der geopolitischen Weltlage sei zwar dringend geboten. "Allerdings sollten Ausgaben für Verteidigung erst oberhalb von 1,5 Prozent des BIP nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden." Der vorgeschlagene Wert von einem Prozent liege unterhalb der tatsächlichen Höhe der Ausgaben für Verteidigung "und ist zu ambitionslos".

Zudem befürchten die Verfasser, dass das Sondervermögen für andere Projekte genutzt werden könnte. "Nur wenn sichergestellt wird, dass aus dem Sondervermögen ausschließlich echte und zusätzliche Investitionen und keine Wunschprojekte einer neuen Bundesregierung finanziert werden können, ist eine Zustimmung denkbar."

Freie Wähler haben ebenfalls Vorbehalte

Auch Söders Koalitionspartner in Bayern, die Freien Wähler (FW), haben Vorbehalte gegen das schuldenfinanzierte Finanzpaket geäußert. Söder deutete nun einen Weg an, wie er die kommunalpolitisch verankerten FW überzeugen könnte.

"Ich bin sicher, dass es an Bayern nicht scheitern wird", sagte Söder bei Caren Miosga "Im Gegenteil, stellen Sie sich mal vor, da sind Milliardenbeträge für die bayerischen Kommunen dabei." Söder verwies in diesem Zusammenhang auf die bayerischen Kommunalwahlen im kommenden Jahr.

Forderungen auch von CDU-geführten Ländern

Schwarz-Rot wird auch mit den CDU-geführten Ländern verhandeln müssen. So hat etwa Hessens Ministerpräsident Boris Rhein Bedingungen gestellt. Mehr Spielräume durch ein geändertes Grundgesetz dürften bei Bund und Ländern nicht dazu führen, dass notwendige Strukturreformen nicht angegangen und bei den Staatsausgaben keine Prioritäten gesetzt würden, sagte der CDU-Politiker der Rheinischen Post.

Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer - ebenfalls CDU - forderte weitergehende Reformen. Die Infrastrukturinvestitionen seien nur dann sinnvoll, wenn vorher die Wachstumsbremsen gelöst würden, sagte er der Rheinischen Post. "Wir brauchen ein Planungsbeschleunigungsrecht. Wir brauchen einen Wegfall von Verbandsklagerechten", sagte Kretschmer. "Es muss schneller gehen, dass in diesem Land investiert wird."

Widerstand kommt von der Jugendvereinigung der CDU, der Jungen Union. Die JU werde die Ergebnisse ohne "echte Strukturreformen" nicht mittragen, sagte deren Chef Johannes Winkel.

Verhandlungen mit den Grünen bereits am Abend?

Nach Informationen des Nachrichtenmagazins Politico könnte CDU-Chef Friedrich Merz gemeinsam mit dem SPD-Vorsitzenden Lars Klingbeil bereits am Abend mit den Grünen sprechen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei, wollte das weder bestätigen noch dementieren, kündigte aber an, dass am Nachmittag ein Gesetzentwurf für die Finanzpakete im Bundestag eingebracht werde.

Führende CDU-Politiker haben Kompromissbereitschaft signalisiert. Es gehe nicht um Parteispielchen, sondern um die Zukunfts- und Verteidigungsfähigkeit Deutschlands, sagte der Regierende Bürgermeister von Berlin, Kai Wegner. "Ich glaube, wenn man hier mit den Grünen jetzt vernünftig ins Gespräch kommt, dann wird es auch gelingen, hier gemeinsame Mehrheiten zu erzielen."

Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und schleswig-holsteinische Bildungsministerin Karin Prien adressierte im ARD-Morgenmagazin Befürchtungen der Länder. "Auch für uns ist es wichtig, dass das Sondervermögen tatsächlich für Investitionen genutzt wird." Der thüringische Ministerpräsident Mario Voigt erklärte: Wir setzen darauf, dass wir zu einer gemeinsamen Lösung kommen in diese Woche."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 09. März 2025 um 23:45 Uhr.