Streit mit dem Bund Bundesländer vor Flüchtlingsgipfel einig
Der Bund auf der einen Seite, Länder und Kommunen auf der anderen - so stellen sich die Fronten vor dem Flüchtlingsgipfel am Mittwoch dar. Die Länder gehen geschlossen in die Gespräche am Mittwoch und einigten sich auf ein gemeinsames Papier.
Die 16 Bundesländer gehen mit abgestimmten, konkreten Forderungen in den Flüchtlingsgipfel mit dem Bund. Festgehalten sind sie in einem Papier, das dem Bundeskanzleramt gestern Abend zugeschickt wurde und das dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt.
Es umfasst demnach unter anderem die Forderung, dass sich die Zahlungen des Bundes an der Zahl der aufgenommenen Menschen orientieren. "Es bedarf eines Finanzierungsmodells, das der Höhe nach angemessen ist und sich verändernden Flüchtlingszahlen anpasst (atmendes System)", heißt es in dem Papier.
Die Länder verlangen demnach die vollständige Kostenerstattung für Unterkunft und Heizung für Geflüchtete sowie eine allgemeine monatliche Pro-Kopf-Pauschale für die Unterbringung und Versorgung nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Außerdem wollen die Ministerpräsidenten bei den Bund-Länder-Beratungen am Mittwoch eine verlässliche Lösung für Integrationskosten sowie die Kosten für unbegleitete Flüchtlinge.
Weil: Länder sehen sich als Sachwalter für die Kommunen
In dem Papier wird ausdrücklich auf die Überforderung vieler Kommunen hingewiesen: "Die Hilferufe und Überlastungsanzeigen der Kommunen, Ehrenamtlichen und sonstigen Akteure vor Ort, die in den letzten Jahren unter schwierigen Rahmenbedingungen Großartiges geleistet haben, müssen ernst genommen werden."
Maßgebliche Entscheidungen rund um das Thema Migration liegen beim Bund. Die Unterbringung vor Ort organisieren aber die Kommunen. Nach den Worten von Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sehen sich die Länder in der aktuellen Debatte vorrangig als deren Interessensvertreter. Die Länder seien hier in erster Linie nicht aus Eigeninteresse unterwegs, sondern sähen sich in erster Linie als Sachwalter für die Kommunen, sagte der SPD-Politiker am Montagabend im ZDF.
Regierungssprecher: Bund kann "da nur bedingt helfen"
Steffen Hebestreit, Sprecher der Bundesregierung, hatte zuvor am Montag betont, der Bund trage bereits einen erheblichen Teil der Kosten für die Aufnahme von Flüchtlingen in Deutschland. "Richtig ist, dass die Kommunen vor finanziellen Herausforderungen stehen", so Hebestreit. Für deren Finanzsituation trügen aber die Länder die Verantwortung, direkte Finanzbeziehungen zwischen Bund und Kommunen seien rechtlich nicht vorgesehen. "Insofern kann der Bund da auch nur bedingt helfen."
Am Mittwoch empfängt Kanzler Olaf Scholz die 16 Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten zum Flüchtlingsgipfel im Kanzleramt. Mit dem eigenen Papier lehnen die Länder eine Beratung über den vom Kanzleramt vorgelegten Entwurf ab, der vor allem auf die bereits festgelegten Zusagen verweist. Allerdings kommen Bund und Länder auf völlig unterschiedliche Zahlen, wie groß die Zuweisungen in den verschiedenen Töpfen eigentlich sind.
Auch innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP werden inzwischen Zweifel am Regierungskurs laut. Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte am Sonntag im Bericht aus Berlin weitere Hilfen vom Bund gefordert - und sich damit auf die Seite der Länder geschlagen.