Marcus Faber Wer ist der neue Vorsitzende im Verteidigungsausschuss?
Die bekannte FDP-Politikerin Strack-Zimmermann setzt ihre Karriere in Brüssel fort. Ihr Parteifreund Faber übernimmt den Posten als Vorsitzender im Verteidigungsausschuss. Große Fußstapfen für den Neuen?
Mangelndes Selbstbewusstsein kann man Marcus Faber nun wirklich nicht unterstellen. Wenige wären wohl wie er im Mai 2022 auf die Idee gekommen, vorzeitig die Sitzung des Verteidigungsausschusses zu verlassen, um dem ARD-Hauptstadtstudio in die Kamera zu sagen, er habe das zusammen mit seinen FDP-Kollegen aus Protest gegen die mangelnde Auskunftsfreudigkeit von Kanzler Olaf Scholz in dieser Sitzung getan. Nur um kurze Zeit später den Eindruck zu erwecken, da hätten ihn die Medien falsch zitiert.
Natürlich musste sich Faber entschuldigen. Er hatte zum einen übersehen, dass beileibe nicht alle FDP-Abgeordneten den Raum verlassen hatten und die wichtigste Liberale in diesem Ausschuss, deren damalige Vorsitzende Marie-Agnes Strack Zimmermann, die Sitzung bis zum Ende leitete und danach den Kanzler sogar noch lobte.
Zum anderen wurde Faber zum Verhängnis, dass seine Aussagen vor der Kamera keinen Zweifel daran ließen, dass er wirklich versucht hatte, sich als Speerspitze eines FDP-Aufstands gegen den Kanzler zu inszenieren.
Das Sprecheramt seiner Fraktion war er danach los. Jetzt ist er der neue Vorsitzende des Ausschusses.
Prädikat: undiplomatisch
Der Auftritt von vor zwei Jahren erklärt zum einen, warum ihn die Fraktionsspitze unbedingt als Nachfolger der profilierten Marie-Agnes Strack-Zimmermann haben wollte: Der 40-Jährige ist selbstbewusst und angstfrei - ein "Hingucker", wie ein Kollege aus dem Verteidigungsausschuss nicht ohne Neid formuliert hat.
Zum anderen erklärt der Vorfall sowohl die Kampfabstimmung, derer es innerhalb der FDP bedurft hatte, um ihn überhaupt vorzuschlagen, als auch das Wahlergebnis im Ausschuss selbst, das mit acht Gegenstimmen und zwei Enthaltungen ungewöhnlich ernüchternd ausfiel. Vielen Kollegen sogar aus der eigenen Partei gilt er als zu medienaffin, zu schnell und vor allem: zu undiplomatisch.
Wer angesichts seiner Vorgängerin denkt, dasselbe hätte man auch über die "Eurofighterin" sagen können, die jetzt ihre Karriere in Brüssel fortsetzt, übersieht etwas: Dass Strack-Zimmermann zwar in Interviews und Talkshows zuspitzte und polarisierte, den Verteidigungsausschuss aber als Chefin meist mit Zurückhaltung und auch mit Diplomatie organisierte. Angesichts der Zeiten und der politischen Fronten in diesem Gremium kein geringes Verdienst.
Optimierungsmöglichkeiten für die Ausschussarbeit
Dennoch meint der neue Vorsitzende, man könne manche Abläufe im Gremium optimieren. Und ausgerechnet die Grünen geben ihm Recht: Bei Redezeiten und Abstimmungsmanagement gebe es durchaus noch Luft nach oben, meint Agnieszka Brugger, die am neuen Vorsitzenden die "klare Haltung" und das "deutliche Wort" schätzt.
Das bezieht sich vor allem auf die Ukraine-Politik: Was die betrifft, wird Faber die Linie seiner Vorgängerin nicht einfach nur fortsetzen. Er gilt als vehementer Unterstützer Kiews. Und das, obwohl er Abgeordneter aus Stendal ist. Dort fremdeln viele mit dem proukrainischen Kurs der Bundesregierung, scheint es, wenn man sich die jüngsten Wahlergebnisse ansieht.
Gerade ist Faber das fünfte Mal zu Besuch in der Ukraine. In Medienbegleitung besichtigte er unter anderem die Rheinmetall-Reparaturwerkstatt im Land. In seinem Abgeordnetenbüro liegen Schrapnellteile und Reste einer iranischen Kamikazedrohne, die die ukrainische Flugabwehr vom Himmel geholt hat.
Der Kanzler darf nicht darauf hoffen, beim Thema Waffen für die Ukraine und besonders dem Dauerbrenner "Taurus"-Lieferung von Faber freundlicher behandelt zu werden als von Strack-Zimmermann.
Respekt bei der Unionsfraktion
Diese Haltung bringt ihm auch den Respekt der Unionsfraktion ein: Faber benenne immer klar den Völkerrechtsbruch und die Gräueltaten Russlands, sagt Henning Otte, CDU-Kollege aus dem Verteidigungsausschuss. Er lobt auf der anderen Seite auch Fabers Fachkenntnisse über die Truppe. Der neue Vorsitzende sei mit den Standorten in seinem Wahlkreis Altmark genügend vertraut, um sich selbst ein genaues Urteil über die Probleme der Bundeswehr zu machen.
Dass Faber die Truppe seit seinem Grundwehrdienst beim Panzerpionierbatallion in Havelberg von innen kennt, dürfte für seine neue Aufgabe sicher nicht von Nachteil sein. Wenn er eine nachhaltige Finanzierung der Truppe für die nächsten Jahre fordert, vergisst man für einen Moment, dass hier ein FDP-Politiker spricht. Wenn er sofort danach die Einschränkung "unter Einhaltung von Sparvorgaben und Schuldenbremse" macht, fällt es einem wieder ein.
Faber und "Herr Pistorius"
In seinem Werben für eine neue Rolle der Reservisten ist er auf einer Linie mit Verteidigungsminister Boris Pistorius. Trotzdem geht ihm der SPD-Politiker, den Faber gern etwas distanzierend "Herr Pistorius" nennt, mit seinen Vorschlägen teilweise erkennbar zu weit.
Um nur ein Beispiel zu nennen: Dass im Verteidigungsministerium zwischenzeitlich über eine wirkliche Dienstpflicht nachgedacht wurde, hielt Faber für keine gute Idee. Das jetzige Modell nennt er "grundsätzlich sinnvoll". Sympathie oder gar Begeisterung für den Minister aus der eigenen Ampel-Regierung sehen anders aus.
Und sonst? Gibt es natürlich noch Fabers Blick auf sich selbst. 13.000 Follower hat er auf X, die zum großen Teil mögen, wie sich der neue Vorsitzende des Verteidigungsausschusses darstellt: jung, meinungsstark und durchsetzungsfähig. Aber, wie gesagt: Mangelndes Selbstbewusstsein konnte man Marcus Faber noch nie unterstellen.