Lindner appelliert an Landwirte "Bitte kehren Sie um"
Die Stimmung ist aufgeheizt - nicht nur innerhalb der Ampel. Beim Dreikönigstreffen der FDP appellierte der Finanzminister an die Landwirte, friedlich zu protestieren. Doch auch von anderer Seite gibt es Druck: Umweltaktivisten unterbrachen Lindners Rede.
Das Dreikönigstreffen der FDP ist eine Tradition, doch in diesem Jahr wird die Zusammenkunft von Protesten überschattet. Vor der Oper in Stuttgart hatten sich einige Landwirte versammelt. "Die Ampel steht auf Rot für die Zukunft unserer Höfe", war auf einem der Plakate zu lesen. Im Saal appellierte Finanzminister Christian Lindner währenddessen an die Landwirte und warb für friedliche Proteste.
"Lassen Sie sich nicht unterwandern und instrumentalisieren", sagte Lindner. "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um." Protest müsse verhältnismäßig und im Rahmen der demokratischen Ordnung erfolgen. Die Blockade der Fähre von Vizekanzler Robert Habeck sei völlig inakzeptabel gewesen.
"Die Sachbeschädigungen, auch die angekündigten Blockaden sind unverhältnismäßig", erklärte der FDP-Chef mit Blick auf vergangene und für die kommende Woche angekündigte Proteste. Hier könne es wie sonst auch nur eine Konsequenz geben: "Landfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung - das sind Fälle für den Staatsanwalt."
Landwirtschaft trage Verantwortung für Gesellschaft
Die Landwirtschaft sei keine Branche wie jede andere, denn sie habe etwas mit der Grundversorgung zu tun. "Diese Gesellschaft hat eine Verantwortung für die Landwirtschaft. Aber die Landwirtschaft hat umgekehrt auch eine Verantwortung für diese Gesellschaft", betonte Lindner.
Der Protest der Landwirte hat sich an Sparplänen der Bundesregierung im Agrarbereich entzündet. Allerdings wurde der zunächst vorgesehene Wegfall der Befreiung von der Kfz-Steuer inzwischen gestrichen. Die Subventionierung von Agrardiesel soll schrittweise auslaufen.
Bei der Landwirtschaft handele es sich um einen "hochsubventionierten Sektor". Und auch die Bauern müssten einen Beitrag leisten, um den Haushalt verfassungsgemäß aufstellen zu können. Im übrigen erhielten die Landwirte neue Subventionen etwa für Strom oder den Stallumbau. Wer neue Subventionen wolle, müsse auch bereit sein, auf alte Subventionen zu verzichten, betonte der FDP-Chef.
Aktivisten protestieren im Opernsaal
Nicht nur vor - auch in der Oper wurde protestiert. Aktivisten, die sich Zugang zur Oper verschafft hatten, unterbrachen Lindners Rede. Im Saal entrollten sie ein Transparent mit dem Slogan: "Menschen mitnehmen - Klimaschutz geht nur sozial gerecht." Die Regierung müsse das Klimageld einführen, so die Forderung der Aktivisten.
Der Finanzminister reagierte auf die Unterbrechung und verwies auf den gesunkenen CO2-Ausstoß in Deutschland. Er sagte außerdem, wenn die Organisation Attac nun für das Klimageld werbe, sei dies das erste Mal, dass linke Autonome für das Wahlprogramm der FDP seien.
Lindner verteidigt Verbleib in Koalition
Kritik kommt dieser Tage auch aus den eigenen Reihen. Bei einer Mitgliederbefragung sprachen sich die Liberalen mit einer knappen Mehrheit für den Verbleib in der Regierungskoalition aus - rund 52 zu 48 Prozent. Lindner verteidigte die Arbeit der Ampel. "Wir entscheiden mehr richtig als falsch, denn sonst würde die FDP dieser Regierung nicht angehören", sagte der Bundesfinanzminister.
"Was die Stimmung in unserem Land auf einen Tiefpunkt drückt, das sind die Epochenumbrüche", betonte der Minister. Diesen müsse sich jede Regierung stellen. "Egal, wer regiert, komme, wer wolle, diesen Realitäten kann man nicht entfliehen."
Djir-Sarai wirbt für liberale Wirtschaftspolitik
Die FDP werde ihre Regierungsbeteiligung nutzen, um die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen - für eine solide Haushaltspolitik, mehr Wettbewerbsfähigkeit und eine größere Attraktivität des Standorts Deutschland, versprach Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. "Mit diesen Fragen werden wir uns beschäftigen - die anderen in der Koalition werden dies nicht tun."
Strack-Zimmermann warnt vor antidemokratischen Kräften
Die designierte Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, warnte in ihrer Rede vor dem Erstarken antidemokratischer Kräfte. Mit Blick auf die Zeit nach der Wahl im Juni sagte sie: "Ich möchte nicht, dass dann die Kacke hier am Dampfen ist, und zwar braun und rot."
Den Wählerinnen und Wählern müsse klar sein: "Die Nationalisten sind toxisch und gefährlich." Die AfD und die geplante Wagenknecht-Partei seien Kräfte, die "in die EU reinwollen, um sie von innen kaputtzumachen."
Das FDP-Treffen in der Stuttgarter Oper hat eine lange Tradition: Bereits seit 1866 treffen sich Liberale aus dem Südwesten am Dreikönigstag in Stuttgart. Die FDP nutzt die Kundgebung traditionell zur politischen Standortbestimmung zu Jahresbeginn.