CDU im DeutschlandTrend Die Probleme des Friedrich Merz
CDU-Chef Merz hat die Diskussion über den Umgang mit der AfD vorerst überstanden. Doch es bleiben viel größere Probleme: Seiner Partei fehlt es an Profil - und auch die Zweifel an seiner Kanzlertauglichkeit wird er nicht los.
Es ist schnell wieder still geworden um Friedrich Merz und die CDU. Keine Interviews des Parteichefs, keine öffentlichen Auftritte, nur hin und wieder ein Zitat für die Deutsche Presseagentur, um in Zeitungsmeldungen aufzutauchen. Das hat den Vorteil, dass man sich nicht um Kopf und Kragen reden kann.
Genau das war Merz beim ZDF-Sommerinterview passiert: Er sagte mit Blick auf die AfD: "Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt, das Land, den Landkreis gestaltet."
Als Merz tags darauf klarstellte, dass er eine Zusammenarbeit seiner CDU mit der AfD auch auf kommunaler Ebene weiterhin ablehne, war schon eine große Empörungswelle über ihn hinweggefegt. Aktuelle und frühere CDU-Granden - Kai Wegner, Herbert Reul, Tobias Hans, viele andere, und auch die CSU - widersprachen Merz, entsetzt und öffentlich.
Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und schon von Amts wegen ein potenzieller Konkurrent für Merz, wenn es um die Kanzlerkandidatur der Union geht, schwieg.
Nichts zu gewinnen
Und fast so schnell, wie die innerparteiliche Empörung gekommen war, so schnell war sie beendet. Ob es die Einsicht war, dass potenzielle CDU-Wähler von Streit abgeschreckt werden oder ob es ein internes Machtwort aus der Parteizentrale gab, sei dahingestellt: Die meisten Christdemokraten jedenfalls zogen es vor, das leidige Thema "Wie hält es Merz mit der AfD" nicht weiter zu vertiefen. Schriftliche ARD-Anfragen wurden ausweichend (Carsten Linnemann) oder gar nicht (Julia Klöckner) beantwortet. Und NRW-Ministerpräsident Wüst erklärte, zufällig gerade in Merz' sauerländischer Heimat unterwegs: "Das Thema ist beendet."
Viel gewinnen kann die CDU wohl wirklich nicht, wenn sie weiter öffentlich über ihren Umgang mit der AfD auf kommunaler Ebene diskutiert. Denn der ARD-DeutschlandTrend zeigt: Die Bevölkerung sieht dieses Thema deutlich entspannter als Medien und Politik und will kein generelles Nein zur AfD im politischen Alltag. 70 Prozent der Wahlberechtigten finden, über AfD-Anträge in Städten, Gemeinden und Landkreisen sollten die anderen Parteien von Fall zu Fall entscheiden. Nur 24 Prozent sind der Meinung, AfD-Anträge sollten grundsätzlich abgelehnt werden.
Alarmieren dürften die CDU-Spitze eher andere Zahlen aus dem ARD-DeutschlandTrend: Nur ein Drittel der Wahlberechtigten ist demnach der Meinung, bei der CDU wisse man genau, wofür sie steht. Ein Problem für Merz, der seiner Partei im Tandem mit seinem bisherigen Generalsekretär Mario Czaja offenbar kein ausreichend scharfes Profil verleihen konnte.
Linnemann soll konservatives Profil schärfen
Der Sozialpolitiker Czaja ist inzwischen vom eher wirtschaftsliberalen Carsten Linnemann ersetzt worden, der sich in seinen ersten Wochen im neuen Job erkennbar um Profilschärfung bemüht - mit konservativ-wirtschaftsliberalen Vorschlägen: Bürgergeld-Bezieher, die arbeiten können, sollen auch arbeiten müssen. Wer in Rente ist und trotzdem arbeitet, soll 2000 Euro monatlich steuerfrei verdienen können. Beim Fachkräftemangel sollte man nicht zu sehr auf Zuwanderung setzen. Und Gewalttäter in Freibädern sollten möglichst noch am Tattag bestraft werden.
Kommt mit Linnemann der soziale Flügel in der CDU unter die Räder? Der Chef des Arbeitnehmerflügels (CDA), Karl-Josef Laumann, kennt Linnemann zwar als "verlässlichen und klugen Mann", der sich "als CDU-Generalsekretär auch für die Belange der Arbeitnehmer einsetzen wird". Aber schon jetzt findet Laumann, dass die Sozialpolitik in der CDU eine zu kleine Rolle spielt. "Es ist einfach nicht gut, wenn 80 Prozent der Parteiführung und der Bundestagsfraktion Mitglieder der Mittelstandsvereinigung sind", sagt Laumann, der auch Sozialminister von Nordrhein-Westfalen ist, dem ARD-Hauptstadtstudio. "Wir müssen thematisch und personell wieder breiter werden."
Nur eine Minderheit traut Merz das Kanzleramt zu
Doch die klare Nummer eins der CDU ist Merz. Nach ihm kommt lange nichts, und das wäre auch kaum ein Problem, wenn die Bevölkerung Merz denn das Kanzleramt zutrauen würde. Das Gegenteil ist der Fall: Laut ARD-DeutschlandTrend sagen nur 16 Prozent der Wahlberechtigten, Merz wäre ein guter Bundeskanzler. Selbst bei den CDU-Wählern ist mit 32 Prozent nur eine Minderheit dieser Meinung. Desaströse Werte.
Man darf davon ausgehen, dass Hendrik Wüst die Zahlen mit Interesse gelesen hat.