Schutz des Verfassungsgerichts Gute Chancen für zügige Abstimmung
Die fraktionsübergreifende Einigung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts könnte noch in diesem Jahr im Bundestag beschlossen werden - trotz Ampel-Aus. Die Union gibt entsprechende Signale.
Von einem guten Tag für die demokratische Kultur hat Marco Buschmann gesprochen, als er die Pläne zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts im Sommer vorstellte. Da war der FDP-Mann noch Justizminister. Aus Buschmanns Sicht kann man den Stellenwert des Gerichts gar nicht hoch genug ansetzen: "Es hat zum Gelingen unserer Verfassungsordnung unschätzbare Beiträge geleistet. Es ist ein Eckpfeiler unserer liberalen Demokratie geworden."
Ein Eckpfeiler allerdings, der ins Wanken geraten könnte. Das befürchten SPD, Union, Grüne und FDP. Sie haben Pläne ausgearbeitet, um das Bundesverfassungsgericht wetterfest zu machen. Für den Fall, dass die Zeiten politisch gesehen noch stürmischer werden. Das Vorhaben steht, wie die SPD-Abgeordnete Carmen Wegge im ARD-Interview deutlich macht: "Wir versuchen, das Bundesverfassungsgericht vor Verfassungsfeinden zu schützen."
Polen als mahnendes Beispiel
Wegge erinnert an die Entwicklung in Polen. Dort hat die frühere Regierung die Unabhängigkeit der Justiz untergraben. Ein mahnendes Beispiel, findet sie: "Deswegen überführen wir einige Vorschriften aus einfachen Gesetzen ins Grundgesetz, um zu verhindern, dass das passieren kann. Denn für die Änderung des Grundgesetzes braucht man eine Zweidrittelmehrheit im Parlament."
Es geht darum, wie sich das Gericht organisiert: dass es aus zwei Senaten besteht, dass die Amtszeit der Richter zwölf Jahre beträgt und dass die Altersgrenze bei 68 Jahren liegt. Diese und andere Punkte sollen also ins Grundgesetz. Daran hält auch die CDU/CSU-Fraktion fest, deren Unterstützung für die nötige Zweidrittelmehrheit wichtig ist.
"Den Schutzmantel vergrößern"
"Wir versuchen einfach, den Schutzmantel zu vergrößern", sagt Andrea Lindholz, die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion. Sie betont noch einen anderen Aspekt: Dass die Geschäftsordnung des Gerichts Sache der Karlsruher Richter bleiben soll. "Momentan können die auch sagen: Das ist der Kern, dass ein Bundesverfassungsgericht das selber entscheiden darf. Aber die Wirkmacht, die man hat, wenn es im Grundgesetz steht, ist eine andere."
Mit Geschäftsordnungsfragen lässt sich ein Gericht theoretisch lahmlegen. Zum Beispiel mit einer Regelung, wonach Anträge nach Eingangsdatum abzuarbeiten sind. Werden die Richter dann mit politisch belanglosen Anliegen überflutet, könnten die brisanten liegen bleiben.
Ein Beschluss noch in diesem Jahr möglich
Den ersten Durchgang im Bundestag haben die Pläne zum Schutz des Gerichts schon hinter sich. Auch eine Expertenanhörung gab es bereits. Die SPD-Politikerin Wegge ist optimistisch, dass der Bundestag die Sache bald beschließt - trotz Ampel-Aus. "Das wird dann wohl vor Weihnachten passieren", sagt sie.
Für die Union steht fest: Als erstes muss der Kanzler die Vertrauensfrage stellen. Aber dann sind gemeinsame Beschlüsse denkbar - zum Beispiel zum Bundesverfassungsgericht.
"Das ist so abschlussreif, dass das dieses Jahr noch kommen kann", sagt die CSU-Abgeordnete Lindholz. Der Schutz des Verfassungsgerichts soll also nicht unter die Räder der Regierungskrise kommen.