Amira Mohamed Ali

Einspruch gegen Bundestagswahl Das BSW will weiter neu auszählen

Stand: 23.04.2025 16:36 Uhr

Dem Bündnis Sahra Wagenknecht fehlten bei der Bundestagswahl nur rund 9.500 Stimmen für den Einzug ins Parlament. Die Partei fordert deshalb mit einem Einspruch, dass alle rund 50 Millionen Stimmen erneut ausgezählt werden.

Von Kerstin Palzer, ARD-Hauptstadtstudio

Ortstermin Bundestag, am Eingang, der zu den Ausschuss-Sälen führt. Amira Mohamed Ali, die Co-Vorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), kommt mit drei Kartons durch die Sicherheitsschleuse des Bundestags. In den unscheinbaren Paketen sind die Unterlagen für den Einspruch des BSW am Ergebnis der Bundestagswahl. Die Kartons sollen dem Wahlprüfungsausschuss übergeben werden. Denn das BSW fordert eine Neuauszählung der Bundestagswahl.

Die Argumentation des BSW ist folgende:

  1. Noch nie hat eine Partei in Deutschland so knapp die Fünf-Prozent-Hürde verpasst. Dem BSW fehlen nur 9.529 Stimmen. Das sind 0,19 Promille der abgegebenen Stimmen.
  2. Das BSW glaubt, belegen zu können, dass bei der Wahlauszählung Fehler passiert sind, weil Stimmen, die für das BSW abgegeben wurden, fälschlicherweise dem Bündnis Deutschland oder anderen Kleinstparteien zugeordnet wurden.
  3. Es gab bereits Neuauszählungen von knapp 50 Wahlbezirken in Berlin, Sachsen und Niedersachsen. Nach Angaben des BSW wurden dort insgesamt 15 zusätzliche Stimmen für das BSW gefunden. Das würde hochgerechnet reichen, um bundesweit auf die fehlenden gut 9.500 Stimmen zu kommen.

Die Parteivorsitzende Amira Mohamed Ali sagt dazu: "Nur um die Größenordnung klarzumachen: Es würde für das BSW reichen, wenn bei einer Neuauszählung eine zusätzliche Stimme für das BSW in jedem 10. Wahlbezirk gefunden wird."

Keine politische Verschwörung vermutet

Die Vertreter des BSW betonen, dass sie hinter dem von ihnen angezweifelten Wahlergebnis keine politische Verschwörung oder Betrug vermuten, sondern dass sie von menschlichen Fehlern ausgehen.

Nach den in den drei Kartons zusammengefassten Recherchen des BSW könne aber niemand mit Sicherheit sagen, dass die Partei nicht doch noch die Stimmen bekäme, die sie über die Fünf-Prozent-Hürde heben könnten. Daher sei eine Neuauszählung unbedingt nötig. Dies sollte auch im Interesse der Parteien der demokratischen Mitte liegen, findet Amira Mohamed Ali: "Ich hoffe, dass den Abgeordneten im Wahlprüfungsausschuss die Demokratie wichtiger ist als ihr Mandat."

Wahlprüfungsausschuss noch nicht konstituiert

Doch genau die politischen Interessen in diesem Verfahren könnten eine Herausforderung darstellen. Denn im neuen Wahlprüfungsausschuss werden Vertreter von Union und SPD, also den Vertretern der wahrscheinlich nächsten Regierung, die Mehrheit stellen. Die wiederum haben angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag kaum ein ausgeprägtes Interesse daran, dass das BSW im Nachhinein doch noch ins Parlament einzieht. Denn dann würden die 630 Mandate noch einmal neu aufgeteilt werden müssen. In diesem Fall hätte eine schwarz-rote Koalition wahrscheinlich keine Mehrheit mehr. Die jetzt geplante Regierung von Friedrich Merz wäre hinfällig.

Dazu kommt: Der neunköpfige Wahlprüfungsausschuss hat sich noch nicht konstituiert. Noch steht also gar nicht fest, wer von welcher Partei dort entscheiden wird. Mohamed Ali kann die drei Kartons mit dem Einspruch des BSW also lediglich im Sekretariat abgeben.

Nur einer von fast 900 Einsprüchen

Allerdings könnte der neue Wahlprüfungsausschuss auch auf Zeit spielen, denn laut Wahlprüfungsgesetz gibt es "keine Frist für die Beratungen und die Abgabe einer Beschlussempfehlung des Wahlprüfungsausschusses an den Deutschen Bundestag".

Der Einspruch des BSW ist nur einer von fast 900 Einsprüchen, die gegen die Wahl eingelegt wurde. Über all diese Eingaben muss der Wahlprüfungsausschuss beraten und am Ende der Bundestag entscheiden. Es liegt also in der Hand der Abgeordneten, ob sie mit einer Neuauszählung der Wahl dem BSW eine Chance auf einen Doch-noch-Einzug in den Bundestag ermöglichen.

Das BSW selbst ist sich zwar sicher, dass es stichhaltige Beweise vorlegen kann, glaubt aber nicht daran, dass eine Neuauszählung politisch gewollt ist. Daher hat die Partei bereits angekündigt, dass sie sich nach einer ablehnenden Entscheidung über eine Neuauszählung an das Bundesverfassungsgericht wendet.

Wagenknecht macht Urlaub

Es könnte allerdings sein, dass die Begutachtung im Bundestag so lange dauert, dass sich dann die jetzt neue Legislaturperiode schon wieder dem Ende zuneigt.

Amira Mohamed Ali sagt dazu: "Es gibt in Deutschland keine Norm, die sagt, zum Beispiel bei einem Ergebnis, das knapp ist, besteht ein Anspruch auf Nachprüfung. Das gibt es nicht. Ich finde das problematisch, wenn Sie mich fragen."

Sahra Wagenknecht, die Vorsitzende und Namensgeberin des BSW, ist zurzeit im Urlaub und daher nicht beim Termin im Bundestag dabei. Ihre Co-Vorsitzende Mohamed Ali betont aber, dass dies nichts mit der weiteren Karriere Wagenknechts in der Partei zu tun habe. "Natürlich macht man seine Karriere nicht von der Frage abhängig, ob man 4,938 oder 5,0 Prozent hat. Das wäre ja wirklich absurd."

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 23. April 2025 um 06:24 Uhr.