Screenshot Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer, CDU/CSU

Abstimmung mit AfD CDU verteidigt ihren Kurs in der Migrationspolitik

Stand: 02.02.2025 21:57 Uhr

Die Union steht unter Beschuss, seit sie mit den Stimmen der AfD einen Antrag zur Migrationspolitik durchgebracht hat. Parlamentsgeschäftsführer Frei hat das Vorgehen nun noch einmal verteidigt: Man habe "ins Handeln" kommen müssen, sagt er im Bericht aus Berlin.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Union im Bundestag, Thorsten Frei, hat das Vorgehen von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz in der vergangenen Woche im Bundestag verteidigt. Im "Bericht aus Berlin" sagte Frei, die Debatte in der Migrationspolitik am Freitag sei herausfordernd gewesen. Man habe bis zum Schluss gekämpft, dass es eine Mehrheit in der demokratischen Mitte gebe. Er halte es für notwendig, gerade nach dem Attentat von Magdeburg vom Reden ins Handeln zu kommen.

Frei wies darauf hin, dass Kanzler Scholz in seiner Regierungserklärung keine Vorschläge zur Lösung der Probleme gemacht habe.

Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer CDU/CSU, zu Migrationsdebatte im Bundestag

Bericht aus Berlin, 02.02.2025 18:00 Uhr

Auf dem Parteitag am Montag solle ein Sofortprogramm beschlossen werden - mit Maßnahmen, die sofort umgesetzt werden könnten. Maßnahmen, die auf Wirtschaftswachstum ausgerichtet seien - und in der Migrationspolitik die Zurückweisungen an den Grenzen vorsehen. Die Rechtslage dafür sei da, man müsse dafür das Gesetz nicht ändern, so Frei.

"Feuer auf der anderen Seite bekämpfen"

Der CDU-Politiker betonte, es reiche nicht aus, "die Brandmauer" hochzuziehen, und "auf der anderen Seite, wo etwa 20 Prozent der Wahlberechtigten in Deutschland sind, das Feuer einfach weiter lodern zu lassen." Und das aber sei der Willen von SPD und Grünen. Die Union dagegen wolle das Feuer auf der anderen Seite bekämpfen.

Seiner Meinung nach müsse die Politik die Frage beantworten, warum jeder fünfte Deutsche offensichtlich bereit sei, einer rechtsextremistischen Partei die Stimme zu geben. "Und da das nicht alles Rechtsextremisten sind, die die wählen, müssen wir dafür sorgen, dass die Probleme und Herausforderungen, die real sind, dass wir die tatsächlich auch gelöst bekommen", sagte Frei.

SPD und Grünen warf Frei vor, nur an den Symptomen herumzudoktern. "Wir wollen die Grundlagen dafür schaffen, dass wir in eine andere Phase wieder zurückkehren können", sagte er.

Weder Zusammenarbeit mit AfD noch Minderheitsregierung

Er wies darauf hin, dass es mit dem Zusammenbruch der Ampel keine Mehrheitsverhältnisse im Bundestag mehr gebe. Eine von der Union geführte Minderheitsregierung nach der Bundestagswahl schloss Frei ebenso aus wie eine Zusammenarbeit mit der AfD. "Das gilt für Friedrich Merz. Das gilt aber auch für die gesamte Partei. Und deshalb können Sie davon ausgehen, dass das auch nach der Wahl gelten wird."

Thorsten Frei, Parlamentarischer Geschäftsführer, CDU/CSU, zur "Brandmauer" der CDU gegen AfD

Bericht aus Berlin, 02.02.2025 18:00 Uhr

Söder sieht Glaubwürdigkeit der Union gestärkt

Auch der Chef der Schwesternpartei CSU, Markus Söder, versichert nach der umstrittenen Abstimmung, die Brandmauer zur AfD stehe "härter denn je." Man bekämpfe die Partei aber nicht mit Arbeitsverweigerung. "So werden wir sie nur stärker machen. Wir gehen den gegenteiligen Weg. Wir machen ganz klar, wenn zwei Drittel der Bevölkerung von der Politik erwarten, dass die Migration begrenzt wird und das Straftäter das Land verlassen müssen, dann tun wir das", sagte der bayerische Ministerpräsident im ZDF.

Die Position der Union sieht Söder nach den vergangenen Tagen gestärkt. Seit vielen Jahren glaubten die Bürger nicht mehr, dass in Deutschland etwas gegen die Begrenzung der illegalen Migration geschehe. "Diese Woche hat die Union klargemacht, dass es ihr Ernst ist. Und damit ist die Glaubwürdigkeit auch eines neuen Bundeskanzlers Friedrich Merz enorm gestiegen", so Söder. 

Özdemir ruft zur Mäßigung auf

Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) rief die demokratischen Parteien zur Mäßigung in der Debatte über die Migrationspolitik und den Umgang mit der AfD auf. Im "Bericht aus Berlin" sagte er, er rate allen, deren Loyalität Deutschland gelte, "dass wir so miteinander reden, dass wir uns am Tag nach der Wahl nicht erst mal entschuldigen müssen und die Gräben so tief sind, dass wir nicht mehr zusammenarbeiten können."

Özdemir warnte, dass man, wenn es so weitergehe, in österreichische Verhältnisse steuere. Angesichts der aktuellen Umfragewerte sei es fraglich, ob es nach der Bundestagswahl am 23. Februar für eine Koalition aus zwei Parteien der demokratischen Mitte überhaupt reiche.

Die letzten Tage hätten vor allem der AfD genutzt. "Die braucht doch gar nichts mehr zu machen. Die kann ihren Wahlkampf einstellen. Die schaut einfach zu, wie wir ein Schauspiel aufführen, das ausschließend der AfD nutzt", so der Minister weiter.

Cem Özdemir, Agrarminister und Bildungsminister. B`90/Die Grünen, zu den Wahlkampfthemen der Parteien

Bericht aus Berlin, 02.02.2025 18:00 Uhr

Jetzt müssten sich alle besinnen und schauen, ob nicht doch noch eine Einigung möglich sei zwischen den demokratischen Kräften. Er glaube nicht, dass Merz ernsthaft vorhabe, mit der AfD zu koalieren, betonte Özdemir. Merz' Vorgehen habe der Demokratie und dessen eigenem Lager Schaden zugeführt. "Aber es ist nie zu spät. Man kann immer noch umkehren. Man kann immer noch sagen: 'Wir reden miteinander. Wir finden eine gemeinsame Lösung.'" Niemand müsse die AfD wählen, damit es eine Lösung gebe. Man müsse das Gemeinsame stärken, statt das Trennende zu betonen.

Merz hatte für Empörung gesorgt, weil er am Mittwoch im Bundestag in Kauf nahm, dass sein Fünf-Punkte-Plan zur Migration nur mithilfe der AfD eine Mehrheit bekam.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Das Erste im "Bericht aus Berlin" am 02. Februar 2025 um 18:00 Uhr.