Hintergrund

Positionen der Bundestagsfraktionen zum Afghanistan-Einsatz Bleiben, ändern oder abziehen?

Stand: 20.09.2007 14:44 Uhr

Eine Mehrheit der Bevölkerung lehnt nach neuen Umfragen den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan ab. Im Bundestag haben die Befürworter dagegen die Mehrheit. Die Gegner treten aber für unterschiedliche Ziele ein. tagesschau.de fasst die Positionen der Parteien zusammen.

Nach der Verlängerung des kombinierten Mandats für die Isaf-Schutztruppe und den Einsatz von Tornados in Afghanistan durch die Bundesregierung muss der Bundestag zustimmen. Die endgültige Abstimmung folgt in der zweiten Oktoberwoche. Es gilt als sicher, dass die Verlängerung des Isaf und Tornado-Einsatzes gebilligt wird. Ungewiss hingegen ist der Ausgang der Abstimmung im November über die weitere Beteiligung an der Operation "Enduring Freedom" (OEF). Der Widerstand gegen die US-geführte Mission wächst - ein Überblick über die Positionen der Bundestagsfraktionen:

Die Union befürwortet sowohl die Zusammenlegung der Mandate für Isaf und Tornados, als auch die fortgeführte Beteiligung an "Enduring Freedom". Bereits im März hatten CDU/CSU mehrheitlich für den Tornado-Einsatz gestimmt. Zwei ihrer Abgeordneten klagten später vor dem Bundesverfassungsgericht erfolglos gegen die Entsendung der Aufklärungsflugzeuge. Die Union warnt davor, aus "Enduring Freedom" auszusteigen, da Deutschland so seinen Einfluss auf die OEF verlieren würde.

Entscheidung der Sozialdemokraten bleibt offen

Bei der ersten Bundestagsabstimmung im März zum Einsatz der Tornados entschieden sich 69 SPD-Abgeordnete für ein Nein. Auch bei der ersten Bundestagsdebatte über das neue Mandat für Isaf und die Tornados, am 20. September, signalisierte die SPD-Fraktion Zustimmung. Dagegen wurden seit längerem Stimmen in der Fraktion gegen die Anti-Terror-Aktionen im Rahmen von "Enduring Freedom" laut. Vor allem die hohe Zahl an zivilen Opfern sorgte für Kritik. Bei der letzten OEF-Verlängerung Ende 2006 war die Unterstützung noch groß. Da die erneute Abstimmung erst nach dem nächsten SPD-Parteitag ansteht, bleibt die Entscheidung zunächst offen.

Uneinigkeit bei den Grünen

Anders als von der Parteiführung angestrebt, haben sich die Grünen auf ihrem Sonderparteitag in Göttingen zu einer Stimmenenthaltung bei der Abstimmung zur weiteren Beteiligung an der Isaf-Truppe entschieden. Ausschlaggebend war die Kritik am geplanten Tornado-Einsatz. Eine Enthaltung sei zwar "nicht die tollste Option", sagte Winfried Nachtwei - verteidigungspolitischer Sprecher der Grünen - "aber so könnten die Grünen am ehesten deutlich machen, dass sie einerseits die deutsche Beteiligung an der internationalen Isaf-Truppe unterstützen, andererseits jedoch die Afghanistan-Politik der Bundesregierung kritisieren". Die Fraktionschefs Renate Künast und Fritz Kuhn hatten vor dem Parteitag für ein Ja bei der Abstimmung über den Isaf-Einsatz plädiert. Nun empfehlen auch sie die Enthaltung oder ein Nein. Auch ein Ja sei möglich, jedoch fordere die Parteiführung in diesem Fall eine Begründung.

Westerwelle: "Gute Portion Ausdauer" erforderlich

Als einzige unter den Oppositionsparteien treten die Liberalen für die Verlängerung aller drei Afghanistan-Mandate ein. Partei- und Fraktionschef Guido Westerwelle kündigte an, seiner Fraktion einen entsprechenden Beschluss zu empfehlen. Im Kampf gegen den Terrorismus sei eine "gute Portion Ausdauer" erforderlich, findet Westerwelle. Inzwischen werden jedoch auch aus den Reihen der FDP verstärkte Bemühungen beim zivilen Aufbau verlangt.

Linke fordert Abzug aller deutschen Soldaten

Die Linkspartei wendet sich gegen den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan und fordert den Abzug aller deutscher Soldaten. Partei- und Fraktionschef Oskar Lafontaine räumt ein, dass die Soldaten auch manch Positives auf den Weg gebracht hätten, doch der Tornado-Einsatz ist der Linken weiterhin ein Dorn im Auge. Es sei nicht hinnehmbar, dass auf der Grundlage von Fotos, die von deutschen Aufklärungsflugzeugen aufgenommen werden, unschuldige Menschen getötet würden. Die Linke verlangt von der Regierung zudem eine klare Haltung zum innerafghanischen Friedensprozess. So müsse sie darlegen, ob sie Gespräche der Kabuler Regierung mit den Taliban unterstützt.