Migrationspolitik Deutschland bei Flüchtlingsaufnahme in Verzug
Um die gefährliche Flucht von Schutzbedürftigen zu vermeiden, haben Deutschland und die europäischen Staaten Aufnahmeprogramme ins Leben gerufen. Bei der Umsetzung hakt es allerdings - man hängt dem Zeitplan hinterher.
Deutschland hinkt bei der staatlich organisierten Aufnahme von Flüchtlingen aus Krisenregionen massiv dem Zeitplan hinterher. Bislang sind nur 4800 Menschen auf diesem Weg nach Deutschland gekommen, obwohl bis zum Herbst die Aufnahme von 10.200 Menschen geplant war. Das teilte das Bundesinnenministerium auf Anfrage der dpa mit.
Wegen der verspäteten Regierungsbildung hätten die komplexen organisatorischen Vorbereitungen für die Aufnahmen erst verzögert beginnen können, erklärte ein Sprecher des Innenministeriums. Die aktuelle Regierung hatte ihre Arbeit erst ein halbes Jahr nach der Bundestagswahl aufgenommen. "In den kommenden Wochen werden nun weitere Einreisen von Schutzbedürftigen erfolen", hieß es weiter.
Aufnahmeprogramm als Alternative
Bei den Umsiedlungs- oder "Resettlemen"-Programmen werden Schutzbedürftige direkt aus ihren Herkunftsregionen nach Europa geholt. Die Aufnahmeländer können so schon von vorne herein Menschen aussuchen, die sie für schutzbedürftig halten. Asylbewerber wiederum können die oft gefahrvolle Reise auf eigene Faust vermeiden.
Das aktuelle Programm läuft auf Beschluss der EU-Kommission bis Ende des Jahres, teilte eine Sprecherin mit. Man wolle den Ländern die Möglichkeit geben, ihre Zusagen so weit wie möglich zu erfüllen.
Neben Deutschland sind auch andere EU-Staaten im Verzug. Ursprünglich wollten sie zwischen Dezember 2017 und Oktober 2019 gut 50.000 Menschen vor allem aus Krisenregionen aufnehmen. Bis Juni waren nach Angaben der EU-Kommission davon allerdings erst knapp 70 Prozent (34.700) erfüllt. Jüngere Zahlen konnte die Brüsseler Behörde nicht geben - sie erwartet nach eigenen Angaben aktuelle Rückmeldungen aus den EU-Staaten.
Die Zustände in den Flüchtlingslagern sind häufig schlecht. Vor allem mangelt es an Gesundheitsversorgung.
EU-Kommissar: Mitgliedsstaaten liefern bei Umsiedlung
"Fakt ist, dass die Mitgliedstaaten weiter bei den Umsiedlungen liefern", sagte EU-Innenkommissar Dimitris Avramopoulos der dpa. Falls die Länder so weitermachten, sei er hoffnungsvoll dass sie bis Ende des Jahres ihre Zusagen erfüllten. "Deshalb lobe und ermutige ich die Mitgliedstaaten gleichermaßen." Mittlerweile erreichten die meisten Schutzbedürftigen Europa über diesen Weg.
Staaten, die Flüchtlinge aufnehmen, erhalten für jede umgesiedelte Person 10.000 Euro aus dem EU-Haushalt. Die Hauptherkunftsländer sind nach Angaben der Brüsseler Behörde die Türkei, der Libanon und Jordanien. Außerdem stünden Ägypten, Niger, Tschad und Libyen im Fokus.
Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR ist Partner für die EU beim aktuellen Programm. Insgesamt wurden seit 2015 rund 60.000 Menschen in die EU umgesiedelt. Das UNHCR war weltweit zwischen 2015 und 2018 nach eigenen Angaben an knapp 329.000 Umsiedlungen beteiligt.
Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen schätzt, dass derzeit weltweit knapp 1,43 Millionen Menschen umgesiedelt werden müssten. Aufnahmeländer in der Region selbst seien oft überfordert mit der Unterbringung so vieler Geflüchteter. Häufig sei auch die Gesundheitsversorgung in Flüchtlingslagern schlecht.