Bundestagswahl 2025
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CO2-Neutralität Welche Technologien taugen für den Klimaschutz?
Klimaneutrales Deutschland 2045 - dieses Ziel steht im Klimaschutzgesetz und ist international zugesagt. Um es zu erreichen, sind technologische Anstrengungen zum Senken von Emissionen nötig. Doch sind alle gleich gut?
Es war unter anderem die letzte Umweltbewusstseinsstudie von Umweltbundesamt und Bundesumweltministerium, die zeigte: Die Klimaerwärmung und ihre Folgen beschäftigen die Menschen in Deutschland. Ihre Auswirkungen nahmen 85 Prozent der Befragten stark oder sehr stark wahr.
Entsprechend viele werden bei ihrer bevorstehenden Bundestags-Wahlentscheidung auch im Blick haben, ob und wie die Parteien den Weg zur Klimaneutralität Deutschlands im Jahr 2045 gehen wollen - obgleich das Thema im aktuellen Wahlkampf eine auffallend geringere Rolle spielt als beim letzten, 2021.
Doch worauf soll dabei gesetzt werden? Auf Erneuerbare Energien? Auf Fusionskraftwerke, die weniger radioaktiven Müll produzieren als klassische Atomreaktoren? Oder Carbon Capture and Storage (CCS), bei der der Umwelt Kohlendioxid entzogen, gespeichert und eventuell weiterverwertet wird? Welche Technologien bringen uns auf dem Energiesektor voran?
Favorit Erneuerbare Energien: Das Erreichte nutzen
Für Susanne Dröge, die Leiterin der Abteilung Klimaschutz und Energie am Umweltbundesamt in Dessau-Roßlau, fällt die Antwort klar aus: "Wenn wir jetzt nach vorne blicken, werbe ich beim Thema Klimaneutralität dafür, dass wir uns vor Augen führen, was wir hier bereits erreicht haben und wie weit wir schon bei der Stromerzeugung durch CO2-freie Technologien, Wind und Sonne, gekommen sind.“
Im ersten Halbjahr 2024 kam ein Drittel der inländischen Stromproduktion aus Windkraftanlagen. Und fast 14 Prozent der Gesamtenergiemenge wurde photovoltaisch erzeugt. Insgesamt stammten nach Angaben der Bundesregierung 61,5 Prozent des Strommixes in Deutschland aus Erneuerbaren Energien. So gut war die Bilanz noch nie.
"Ich plädiere stark dafür, beim Ausbauen der Erneuerbaren Energien nicht nachzulassen. Es wäre politisch unklug, auf diesem Feld nicht zu ernten, was schon angelegt worden ist“, sagt Dröge, die auch Vorstandsmitglied des Deutschen Klima-Konsortiums ist. "Das geht aber nur in Kombination mit intelligenter Speicherung und dem Steuern von Produktion und Verbräuchen über Speichertechnologie.“
Hilfreich: Neue Speichertechnologien, CCS und KI
Eine noch bessere Nutzung Erneuerbarer Energien könnte mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) erreicht werden, so etwa der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). Hier erscheinen beispielsweise eine auf KI-Basis präzisierte Vorhersage von Nachfragemengen und kurzfristig erwartbarer Stromproduktion beziehungsweise ein bedarfsorientierteres Verteilen von Strom im Netz vorteilhaft.
Weitere Optimierung versprechen auch neue, leistungsstärkere Batterietypen oder Power-to-X-Technologien (PtX). Bei Letzteren geht es darum, innovative Speicherformen für Energieüberschüsse zu finden und weiterzuentwickeln. Das bekannteste Beispiel ist dafür, wenngleich heiß diskutiert, Wasserstoff als Energiespeicher.
Emissionen, die sich so nicht vermeiden lassen, könnten schließlich per CCS ausgeglichen werden, sagt Hauke Hermann vom Öko-Institut in Berlin: "Insbesondere für die Industrie halte ich CCS für eine wichtige Technologie. Es gibt dort Sektoren, in denen es schwer wird, Emissionen zu vermeiden, zum Beispiel in der Zement-Produktion, und da wird CCS dann eigentlich unverzichtbar.” Ob das Verfahren im Strombereich zum Einsatz kommt, sei aktuell aber noch offen, so Hermann, und am Ende wird es wohl auch nur temporär wichtig sein - bis die Klimaneutralität anders aufrechterhalten werden kann.
Zweifel an Wasserkraft, Fusionskraftwerkern und Energie aus Biomasse
Kaum durchsetzen dürfte sich indes die Wasserkraft, weil insbesondere Staudämme die Umwelt negativ verändern. Ökologisch zweifelhaft ist ferner die Energiegewinnung aus Biomasse, weil der Anbau von Energiepflanzen zu Lasten der Biodiversität geht. Und Fusionskraftwerke, die noch in der Forschung stecken, würden an Grenzen stoßen, sagt Hauke Hermanns Kollege vom Öko-Institut, Christoph Pistner: "Wir haben in den letzten Jahren Fortschritte in der Kernfusion gesehen, aber es gibt immer noch massive Probleme mit dieser Technik. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten keine Fusionskraftwerke am Netz sehen werden, und damit ist für mich klar: Zur Energiewende wird Fusion nicht beitragen."
Summa summarum, da sind sich die Befragten einig, erscheint es aktuell am vielversprechendsten, weiter auf Erneuerbare Energien zu setzen. Mit dem so erzeugten "grünen Strom" können dann verschiedenste Bereiche weiter elektrifiziert werden, die bislang auf fossile Energie setzten. Der Autoverkehr zum Beispiel.
Bei allem das Thema "soziale Gerechtigkeit" nicht vergessen
Parallel heißt es, über die Chancen dieser Entwicklung und vorhandene Auswahlmöglichkeiten zu informieren, betont Immanuel Stieß vom Institut für sozial-ökologische Forschung (ISOE) in Frankfurt am Main. Außerdem sei es wichtig, in diesem Zusammenhang "den Gedanken der sozialen Gerechtigkeit glaubhaft zu kommunizieren. Das halte ich für einen ganz entscheidenden Punkt für die Akzeptanz der Energiewende“, und dafür gäbe es auch politische Programme und Maßnahmen, so Stieß.
Ein solches Vorgehen sei allein deshalb wichtig, weil es Unsicherheiten und Zweifel nähme - etwa, dass die Energiewende nicht zu bezahlen ist oder am Ende zu wenig Energie zur Verfügung steht. Bleibt die neue Bundesregierung also dem Ziel Klimaneutralität 2045 treu, ergeben sich für sie als Hauptaufgaben: die Bevölkerung mitnehmen, ausbauen, was schon erreicht worden ist, in effiziente Netze investieren und die Forschung darüber hinaus fördern.